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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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gleich das Abstoßende dadurch, daß es, dem Schönen ge¬
gegenüber, seine Relativität und Nullität erkennen läßt. Eine
Untersuchung des Begriffs des Häßlichen, eine Aesthetik
desselben, findet demnach ihren Weg genau vorgezeichnet.
Sie muß anfangen mit einer Erinnerung an den Begriff des
Schönen, nicht jedoch, um dasselbe nach der ganzen Fülle
seines Wesens darzulegen, wie dies die Obliegenheit einer
Metaphysik des Schönen ist, sondern nur in soweit, als die
Grundbestimmungen des Schönen anzugeben sind, aus und
als deren Negation das Häßliche sich erzeugt. Enden aber
muß diese Untersuchung mit dem, Begriff der Umbildung,
welche das Häßliche dadurch erfährt, daß es ein Mittel der
Komik wird. Natürlich ist auch das Komische hier nicht
nach seiner ganzen Ausführlichkeit, vielmehr nur insoweit zu
berühren, als der Nachweis des Uebergangs es erfordert.


Das Negative überhaupt.

Daß das Häßliche ein Negatives ist, erhellt aus dem
Gesagten hinlänglich. Der allgemeine Begriff des Negativen
aber steht mit dem der Häßlichkeit in keinem weitern Ver¬
hältniß, als dem, daß auch dieser ein Negatives ausdrückt.
Der Gedanke des Negativen überhaupt in seiner reinen Ab¬
gezogenheit hat gar keine sinnliche Form. Was nicht sinnlich
sich zu manifestiren vermag, kann auch kein ästhetisches Ob¬
ject werden. Vom Begriff des Nichts, des Andern, des
Maaßlosen, des Unwesentlichen, des Negativen überhaupt,
kann, als von logischen Abstractionen, keine allgemeine An¬
schauung und Vorstellung gegeben werden, weil sie als solche
auf keine Weise in die Sinnlichkeit zu fallen vermögen. Das

gleich das Abſtoßende dadurch, daß es, dem Schönen ge¬
gegenüber, ſeine Relativität und Nullität erkennen läßt. Eine
Unterſuchung des Begriffs des Häßlichen, eine Aeſthetik
deſſelben, findet demnach ihren Weg genau vorgezeichnet.
Sie muß anfangen mit einer Erinnerung an den Begriff des
Schönen, nicht jedoch, um daſſelbe nach der ganzen Fülle
ſeines Weſens darzulegen, wie dies die Obliegenheit einer
Metaphyſik des Schönen iſt, ſondern nur in ſoweit, als die
Grundbeſtimmungen des Schönen anzugeben ſind, aus und
als deren Negation das Häßliche ſich erzeugt. Enden aber
muß dieſe Unterſuchung mit dem, Begriff der Umbildung,
welche das Häßliche dadurch erfährt, daß es ein Mittel der
Komik wird. Natürlich iſt auch das Komiſche hier nicht
nach ſeiner ganzen Ausführlichkeit, vielmehr nur inſoweit zu
berühren, als der Nachweis des Uebergangs es erfordert.


Das Negative überhaupt.

Daß das Häßliche ein Negatives iſt, erhellt aus dem
Geſagten hinlänglich. Der allgemeine Begriff des Negativen
aber ſteht mit dem der Häßlichkeit in keinem weitern Ver¬
hältniß, als dem, daß auch dieſer ein Negatives ausdrückt.
Der Gedanke des Negativen überhaupt in ſeiner reinen Ab¬
gezogenheit hat gar keine ſinnliche Form. Was nicht ſinnlich
ſich zu manifeſtiren vermag, kann auch kein äſthetiſches Ob¬
ject werden. Vom Begriff des Nichts, des Andern, des
Maaßloſen, des Unweſentlichen, des Negativen überhaupt,
kann, als von logiſchen Abſtractionen, keine allgemeine An¬
ſchauung und Vorſtellung gegeben werden, weil ſie als ſolche
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[10/0032] gleich das Abſtoßende dadurch, daß es, dem Schönen ge¬ gegenüber, ſeine Relativität und Nullität erkennen läßt. Eine Unterſuchung des Begriffs des Häßlichen, eine Aeſthetik deſſelben, findet demnach ihren Weg genau vorgezeichnet. Sie muß anfangen mit einer Erinnerung an den Begriff des Schönen, nicht jedoch, um daſſelbe nach der ganzen Fülle ſeines Weſens darzulegen, wie dies die Obliegenheit einer Metaphyſik des Schönen iſt, ſondern nur in ſoweit, als die Grundbeſtimmungen des Schönen anzugeben ſind, aus und als deren Negation das Häßliche ſich erzeugt. Enden aber muß dieſe Unterſuchung mit dem, Begriff der Umbildung, welche das Häßliche dadurch erfährt, daß es ein Mittel der Komik wird. Natürlich iſt auch das Komiſche hier nicht nach ſeiner ganzen Ausführlichkeit, vielmehr nur inſoweit zu berühren, als der Nachweis des Uebergangs es erfordert. Das Negative überhaupt. Daß das Häßliche ein Negatives iſt, erhellt aus dem Geſagten hinlänglich. Der allgemeine Begriff des Negativen aber ſteht mit dem der Häßlichkeit in keinem weitern Ver¬ hältniß, als dem, daß auch dieſer ein Negatives ausdrückt. Der Gedanke des Negativen überhaupt in ſeiner reinen Ab¬ gezogenheit hat gar keine ſinnliche Form. Was nicht ſinnlich ſich zu manifeſtiren vermag, kann auch kein äſthetiſches Ob¬ ject werden. Vom Begriff des Nichts, des Andern, des Maaßloſen, des Unweſentlichen, des Negativen überhaupt, kann, als von logiſchen Abſtractionen, keine allgemeine An¬ ſchauung und Vorſtellung gegeben werden, weil ſie als ſolche auf keine Weiſe in die Sinnlichkeit zu fallen vermögen. Das

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/32>, abgerufen am 19.11.2024.