Bewegung mißfällt. Das Niedliche, weil es in seinen Theilen sorgfältig ausgearbeitet ist, nennen wir auch wohl das Feine, so wie das Plumpe wegen des Mangels an Ent¬ wicklung der Unterschiede das Grobe. Das Plumpe ist also nicht formlos; es hat Gestalt, aber eine ungeschickte, in welcher die Masse vorwaltet. Auch kann es sich bewegen, aber seine Bewegungen sind täppisch, rücksichtslos, klotzig. Ein dicker Weidenstamm, dessen Zweige gekröpft sind und dem es hiedurch an Gestalt fehlt, sieht plump aus. Das Krokodil, Nilpferd, Faulthier, der Seelöwe u. s. w. sind Thiere, deren Bewegung plump ist, weil es ihrer Masse an Gliederung und Elasticität fehlt. Weder die Größe der Masse noch die Einfachheit der Form sind Ursache der Plump¬ heit, sondern die Proportion und die Unform. Eine Aegyp¬ tische Pyramide ist eine große, höchst einfache Masse ohne alle Plumpheit; die Asiatischen Dhagopen (oder Stupa's) dagegen, in deren Gewölbbau man die Weltblase nachahmen wollte, erscheinen durch ihre massigen und stumpfen Ver¬ hältnisse plump. Die Kabirischen Götter mit ihren Dick¬ bäuchen, ihren kurzen, breiten Füßen, ihrem Mangel an Hals und ihren hockenden Sellungen sind plump. Die Kraft wird in Gefahr stehen, mit dem Ausdruck ihrer Energie in das Plumpe zu gerathen, wie es der bildenden Kunst mit dem Herakles und dem Silenos begegnet ist. Das Derbe streift auch an seine Grenze, wie sie zuweilen bei Rubens erscheint. Seinen kräftigen Heldengestalten gegenüber mußten allerdings auch seine weiblichen Figuren etwas vom Fland¬ rischen Typus annehmen, breite Rücken, volle Brüste, schwellende Hüften, wohlgerundete Lenden und Arme, aber in der strotzenden Fülle doch eine Innigkeit des Lebens, eine Gliederung, Gelenkheit, nervöse Spannung, die das ent¬
Bewegung mißfällt. Das Niedliche, weil es in ſeinen Theilen ſorgfältig ausgearbeitet iſt, nennen wir auch wohl das Feine, ſo wie das Plumpe wegen des Mangels an Ent¬ wicklung der Unterſchiede das Grobe. Das Plumpe iſt alſo nicht formlos; es hat Geſtalt, aber eine ungeſchickte, in welcher die Maſſe vorwaltet. Auch kann es ſich bewegen, aber ſeine Bewegungen ſind täppiſch, rückſichtslos, klotzig. Ein dicker Weidenſtamm, deſſen Zweige gekröpft ſind und dem es hiedurch an Geſtalt fehlt, ſieht plump aus. Das Krokodil, Nilpferd, Faulthier, der Seelöwe u. ſ. w. ſind Thiere, deren Bewegung plump iſt, weil es ihrer Maſſe an Gliederung und Elaſticität fehlt. Weder die Größe der Maſſe noch die Einfachheit der Form ſind Urſache der Plump¬ heit, ſondern die Proportion und die Unform. Eine Aegyp¬ tiſche Pyramide iſt eine große, höchſt einfache Maſſe ohne alle Plumpheit; die Aſiatiſchen Dhagopen (oder Stupa's) dagegen, in deren Gewölbbau man die Weltblaſe nachahmen wollte, erſcheinen durch ihre maſſigen und ſtumpfen Ver¬ hältniſſe plump. Die Kabiriſchen Götter mit ihren Dick¬ bäuchen, ihren kurzen, breiten Füßen, ihrem Mangel an Hals und ihren hockenden Sellungen ſind plump. Die Kraft wird in Gefahr ſtehen, mit dem Ausdruck ihrer Energie in das Plumpe zu gerathen, wie es der bildenden Kunſt mit dem Herakles und dem Silenos begegnet iſt. Das Derbe ſtreift auch an ſeine Grenze, wie ſie zuweilen bei Rubens erſcheint. Seinen kräftigen Heldengeſtalten gegenüber mußten allerdings auch ſeine weiblichen Figuren etwas vom Fland¬ riſchen Typus annehmen, breite Rücken, volle Brüſte, ſchwellende Hüften, wohlgerundete Lenden und Arme, aber in der ſtrotzenden Fülle doch eine Innigkeit des Lebens, eine Gliederung, Gelenkheit, nervöſe Spannung, die das ent¬
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Bewegung mißfällt. Das Niedliche, weil es in ſeinen
Theilen ſorgfältig ausgearbeitet iſt, nennen wir auch wohl
das Feine, ſo wie das Plumpe wegen des Mangels an Ent¬
wicklung der Unterſchiede das Grobe. Das Plumpe iſt alſo
nicht formlos; es hat Geſtalt, aber eine ungeſchickte, in
welcher die Maſſe vorwaltet. Auch kann es ſich bewegen,
aber ſeine Bewegungen ſind täppiſch, rückſichtslos, klotzig.
Ein dicker Weidenſtamm, deſſen Zweige gekröpft ſind und
dem es hiedurch an Geſtalt fehlt, ſieht plump aus. Das
Krokodil, Nilpferd, Faulthier, der Seelöwe u. ſ. w. ſind
Thiere, deren Bewegung plump iſt, weil es ihrer Maſſe an
Gliederung und Elaſticität fehlt. Weder die Größe der
Maſſe noch die Einfachheit der Form ſind Urſache der Plump¬
heit, ſondern die Proportion und die Unform. Eine Aegyp¬
tiſche Pyramide iſt eine große, höchſt einfache Maſſe ohne
alle Plumpheit; die Aſiatiſchen Dhagopen (oder Stupa's)
dagegen, in deren Gewölbbau man die Weltblaſe nachahmen
wollte, erſcheinen durch ihre maſſigen und ſtumpfen Ver¬
hältniſſe plump. Die Kabiriſchen Götter mit ihren Dick¬
bäuchen, ihren kurzen, breiten Füßen, ihrem Mangel an
Hals und ihren hockenden Sellungen ſind plump. Die Kraft
wird in Gefahr ſtehen, mit dem Ausdruck ihrer Energie in
das Plumpe zu gerathen, wie es der bildenden Kunſt mit
dem Herakles und dem Silenos begegnet iſt. Das Derbe
ſtreift auch an ſeine Grenze, wie ſie zuweilen bei Rubens
erſcheint. Seinen kräftigen Heldengeſtalten gegenüber mußten
allerdings auch ſeine weiblichen Figuren etwas vom Fland¬
riſchen Typus annehmen, breite Rücken, volle Brüſte,
ſchwellende Hüften, wohlgerundete Lenden und Arme, aber
in der ſtrotzenden Fülle doch eine Innigkeit des Lebens, eine
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/307>, abgerufen am 25.11.2024.
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