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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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nehme z. B. die Pompejanische Wandmalerei, so ist
ihr die Harmonie der Farben so wesentlich, daß in einem
Zimmer der Grundton Alles bis in die kleinsten Details
beherrscht. Hettner, in seiner Vorschule der bildenden
Kunst bei den Alten (22), hat sehr gut gezeigt, daß nur
aus diesem hohen harmonischen Sinn die Anomalieen gegen
die Naturwahrheit sich erklären lassen, die wir auf den
Wandgemälden finden, wie wenn Thiere oder Menschen
in einem ihnen unnatürlichen Colorit dargestellt werden.
Bei näherer Untersuchung finden wir solche Abweichungen
von der Natur durch die Harmonie bedingt, in welcher die
Grundfarbe der Wand und des Centralgemäldes auf ihr
mit den Nebenbildern und den Ornamenten zusammenstimmen.
Die Alten machten die Wand zu einer lebendigen optischen
Einheit, aus welcher heraus alles Besondere in ihr sein
Colorit entnehmen mußte.

Wie in allen ähnlichen Fällen wird der Ausdruck
Harmonie auch schon für diejenigen Stufen der Einheit ge¬
braucht, die in ihr nur Momente sind. Die Reinheit einer
einfachen Bestimmtheit, einer Farbe, eines Tons, einer Fläche,
nennen wir auch wohl schon harmonisch. Nicht weniger die
Eurythmie einer glücklichen symmetrischen Anordnung. Streng
genommen können wir aber harmonisch nur eine solche Ein¬
heit nennen, deren Unterschiede einen genetischen Charakter
haben. Es ist die Proportionalität der Verhältnisse nicht
nur, es ist auch die Thätigkeit in der Beziehung, die zur
Harmonie erfordert wird. Je mannigfaltiger die Unterschiede
des Ganzen sind, je selbstständiger jeder von ihnen für sich
erscheint, und je inniger sie doch in einandergreifen, eine
durchgängige homologe Einheit hervorzubringen, um desto
harmonischer ist der Eindruck. Das harmonische Werk wieder¬

nehme z. B. die Pompejaniſche Wandmalerei, ſo iſt
ihr die Harmonie der Farben ſo weſentlich, daß in einem
Zimmer der Grundton Alles bis in die kleinſten Details
beherrſcht. Hettner, in ſeiner Vorſchule der bildenden
Kunſt bei den Alten (22), hat ſehr gut gezeigt, daß nur
aus dieſem hohen harmoniſchen Sinn die Anomalieen gegen
die Naturwahrheit ſich erklären laſſen, die wir auf den
Wandgemälden finden, wie wenn Thiere oder Menſchen
in einem ihnen unnatürlichen Colorit dargeſtellt werden.
Bei näherer Unterſuchung finden wir ſolche Abweichungen
von der Natur durch die Harmonie bedingt, in welcher die
Grundfarbe der Wand und des Centralgemäldes auf ihr
mit den Nebenbildern und den Ornamenten zuſammenſtimmen.
Die Alten machten die Wand zu einer lebendigen optiſchen
Einheit, aus welcher heraus alles Beſondere in ihr ſein
Colorit entnehmen mußte.

Wie in allen ähnlichen Fällen wird der Ausdruck
Harmonie auch ſchon für diejenigen Stufen der Einheit ge¬
braucht, die in ihr nur Momente ſind. Die Reinheit einer
einfachen Beſtimmtheit, einer Farbe, eines Tons, einer Fläche,
nennen wir auch wohl ſchon harmoniſch. Nicht weniger die
Eurythmie einer glücklichen ſymmetriſchen Anordnung. Streng
genommen können wir aber harmoniſch nur eine ſolche Ein¬
heit nennen, deren Unterſchiede einen genetiſchen Charakter
haben. Es iſt die Proportionalität der Verhältniſſe nicht
nur, es iſt auch die Thätigkeit in der Beziehung, die zur
Harmonie erfordert wird. Je mannigfaltiger die Unterſchiede
des Ganzen ſind, je ſelbſtſtändiger jeder von ihnen für ſich
erſcheint, und je inniger ſie doch in einandergreifen, eine
durchgängige homologe Einheit hervorzubringen, um deſto
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[102/0124] nehme z. B. die Pompejaniſche Wandmalerei, ſo iſt ihr die Harmonie der Farben ſo weſentlich, daß in einem Zimmer der Grundton Alles bis in die kleinſten Details beherrſcht. Hettner, in ſeiner Vorſchule der bildenden Kunſt bei den Alten (22), hat ſehr gut gezeigt, daß nur aus dieſem hohen harmoniſchen Sinn die Anomalieen gegen die Naturwahrheit ſich erklären laſſen, die wir auf den Wandgemälden finden, wie wenn Thiere oder Menſchen in einem ihnen unnatürlichen Colorit dargeſtellt werden. Bei näherer Unterſuchung finden wir ſolche Abweichungen von der Natur durch die Harmonie bedingt, in welcher die Grundfarbe der Wand und des Centralgemäldes auf ihr mit den Nebenbildern und den Ornamenten zuſammenſtimmen. Die Alten machten die Wand zu einer lebendigen optiſchen Einheit, aus welcher heraus alles Beſondere in ihr ſein Colorit entnehmen mußte. Wie in allen ähnlichen Fällen wird der Ausdruck Harmonie auch ſchon für diejenigen Stufen der Einheit ge¬ braucht, die in ihr nur Momente ſind. Die Reinheit einer einfachen Beſtimmtheit, einer Farbe, eines Tons, einer Fläche, nennen wir auch wohl ſchon harmoniſch. Nicht weniger die Eurythmie einer glücklichen ſymmetriſchen Anordnung. Streng genommen können wir aber harmoniſch nur eine ſolche Ein¬ heit nennen, deren Unterſchiede einen genetiſchen Charakter haben. Es iſt die Proportionalität der Verhältniſſe nicht nur, es iſt auch die Thätigkeit in der Beziehung, die zur Harmonie erfordert wird. Je mannigfaltiger die Unterſchiede des Ganzen ſind, je ſelbſtſtändiger jeder von ihnen für ſich erſcheint, und je inniger ſie doch in einandergreifen, eine durchgängige homologe Einheit hervorzubringen, um deſto harmoniſcher iſt der Eindruck. Das harmoniſche Werk wieder¬

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/124>, abgerufen am 23.11.2024.