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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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larität, sondern eine Einheit dar, die in ihrer Gleichheit die
Ungleichheit enthält. Dennoch ist auch die Symmetrie noch
nicht die Vollendung der Form; die höhere Bildung der
Schönheit ordnet auch sie sich nur als ein Moment unter,
über welches sie, unter gewissen Bedingungen, hinausgeht.--
Fehlt sie, wo wir sie erwarten dürften, so verletzt uns ein
solcher Mangel, zumal wenn sie etwa schon vorhanden war
und nur zerstört ist, oder wenn sie in der Anlage gegeben,
aber nicht zur Ausführung gekommen ist. Die Symmetrie
ist abstract genommen nur das Gleichmaaß überhaupt; genauer
aber ist sie ein Gleichmaaß, das einen Gegensatz von Oben
und Unten, von Rechts und Links, von Groß und Klein,
von Hoch und Tief, von Hell und Dunkel enthält; oder
noch genauer, das in der Wiederholung des Gleichen die
Umkehr der Lage in sich schließt, was wir eben Inversion
nennen, wie die Augen, Ohren, Hände, Füße des mensch¬
lichen Organismus in solcher Weise symmetrisch sich verhalten.
Die Verdoppelung des Gleichen kann sich auf einen für
beide Seiten gleichen Punct
beziehen, wie die Fenster¬
stellungen in Verhältniß zu einer Thür; wie zwei Halbkreise
von Säulen in Verhältniß zu zwei Durchgängen, die sie
schneiden; wie beim Distichon die auf und absteigende Hälfte
des Pentamenters in Verhältniß zum Hexameter u. s. w.
Dies Alles sind symmetrische Ordnungen, die wir in der
Baukunst, in der Sculptur, Malerei, in der Musik, Orchestik
und Poesie nach dem eigenthümlichen Inhalt dieser Künste
specificiren. Wird nun in solchem Fall die Symmetrie negirt,
so erzeugt dies eine Disproportion, die häßlich ist.

Fehlt die Symmetrie überhaupt, ist sie gar nicht da,
so ist eine solche Abwesenheit derselben erträglicher, als
eine positive Verletzung. -- Fehlt an einem, seinem Wesen

larität, ſondern eine Einheit dar, die in ihrer Gleichheit die
Ungleichheit enthält. Dennoch iſt auch die Symmetrie noch
nicht die Vollendung der Form; die höhere Bildung der
Schönheit ordnet auch ſie ſich nur als ein Moment unter,
über welches ſie, unter gewiſſen Bedingungen, hinausgeht.—
Fehlt ſie, wo wir ſie erwarten dürften, ſo verletzt uns ein
ſolcher Mangel, zumal wenn ſie etwa ſchon vorhanden war
und nur zerſtört iſt, oder wenn ſie in der Anlage gegeben,
aber nicht zur Ausführung gekommen iſt. Die Symmetrie
iſt abſtract genommen nur das Gleichmaaß überhaupt; genauer
aber iſt ſie ein Gleichmaaß, das einen Gegenſatz von Oben
und Unten, von Rechts und Links, von Groß und Klein,
von Hoch und Tief, von Hell und Dunkel enthält; oder
noch genauer, das in der Wiederholung des Gleichen die
Umkehr der Lage in ſich ſchließt, was wir eben Inverſion
nennen, wie die Augen, Ohren, Hände, Füße des menſch¬
lichen Organismus in ſolcher Weiſe ſymmetriſch ſich verhalten.
Die Verdoppelung des Gleichen kann ſich auf einen für
beide Seiten gleichen Punct
beziehen, wie die Fenſter¬
ſtellungen in Verhältniß zu einer Thür; wie zwei Halbkreiſe
von Säulen in Verhältniß zu zwei Durchgängen, die ſie
ſchneiden; wie beim Diſtichon die auf und abſteigende Hälfte
des Pentamenters in Verhältniß zum Hexameter u. ſ. w.
Dies Alles ſind ſymmetriſche Ordnungen, die wir in der
Baukunſt, in der Sculptur, Malerei, in der Muſik, Orcheſtik
und Poeſie nach dem eigenthümlichen Inhalt dieſer Künſte
ſpecificiren. Wird nun in ſolchem Fall die Symmetrie negirt,
ſo erzeugt dies eine Disproportion, die häßlich iſt.

Fehlt die Symmetrie überhaupt, iſt ſie gar nicht da,
ſo iſt eine ſolche Abweſenheit derſelben erträglicher, als
eine poſitive Verletzung. — Fehlt an einem, ſeinem Weſen

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[84/0106] larität, ſondern eine Einheit dar, die in ihrer Gleichheit die Ungleichheit enthält. Dennoch iſt auch die Symmetrie noch nicht die Vollendung der Form; die höhere Bildung der Schönheit ordnet auch ſie ſich nur als ein Moment unter, über welches ſie, unter gewiſſen Bedingungen, hinausgeht.— Fehlt ſie, wo wir ſie erwarten dürften, ſo verletzt uns ein ſolcher Mangel, zumal wenn ſie etwa ſchon vorhanden war und nur zerſtört iſt, oder wenn ſie in der Anlage gegeben, aber nicht zur Ausführung gekommen iſt. Die Symmetrie iſt abſtract genommen nur das Gleichmaaß überhaupt; genauer aber iſt ſie ein Gleichmaaß, das einen Gegenſatz von Oben und Unten, von Rechts und Links, von Groß und Klein, von Hoch und Tief, von Hell und Dunkel enthält; oder noch genauer, das in der Wiederholung des Gleichen die Umkehr der Lage in ſich ſchließt, was wir eben Inverſion nennen, wie die Augen, Ohren, Hände, Füße des menſch¬ lichen Organismus in ſolcher Weiſe ſymmetriſch ſich verhalten. Die Verdoppelung des Gleichen kann ſich auf einen für beide Seiten gleichen Punct beziehen, wie die Fenſter¬ ſtellungen in Verhältniß zu einer Thür; wie zwei Halbkreiſe von Säulen in Verhältniß zu zwei Durchgängen, die ſie ſchneiden; wie beim Diſtichon die auf und abſteigende Hälfte des Pentamenters in Verhältniß zum Hexameter u. ſ. w. Dies Alles ſind ſymmetriſche Ordnungen, die wir in der Baukunſt, in der Sculptur, Malerei, in der Muſik, Orcheſtik und Poeſie nach dem eigenthümlichen Inhalt dieſer Künſte ſpecificiren. Wird nun in ſolchem Fall die Symmetrie negirt, ſo erzeugt dies eine Disproportion, die häßlich iſt. Fehlt die Symmetrie überhaupt, iſt ſie gar nicht da, ſo iſt eine ſolche Abweſenheit derſelben erträglicher, als eine poſitive Verletzung. — Fehlt an einem, ſeinem Weſen

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/106>, abgerufen am 27.11.2024.