chen -- o Gott, o mein Gott, das ist ein schönes, schönes Kind gewesen.
Wenn ich des Abends gewandelt bin außer der Stadt und über entlegene Wiesen, oder an buschigen Lehnen hin, und es hat mir ein Blüthen- blatt um das Haupt getanzt, oder es ist mir eine Heuschrecke über den Fuß gehüpft, da hab' ich oft- mals bei mir gedacht, was es doch eine Glückselig- keit wäre, schön und reich zu sein. Die Zwerge von dem nahen Untersberg und den Kaiser Karl habe ich angerufen in meiner tiefen Einfalt. Heiß ist mir geworden in der Brust; geschwärmt habe ich von "Blumen und Sternen und ihren Augen." -- Von wessen Augen? da schrecke ich auf -- Jesus, was ist das? Andreas, Andreas, was soll daraus werden? --
Dazumal bin ich achtzehn Jahre alt gewesen. Aus Rand und Band bin ich eines Tages zu meinem Freunde Heinrich gelaufen -- hab' ihm Alles anvertraut. Heinrich hat mich sonst am Besten verstanden von allen Menschen. Aber diesmal hat er mir den Rath gegeben, ich möge mich bezwin- gen; es ginge fast allen jungen Leuten so, wie mir, aber es ginge vorüber. -- Kaum um fünf Jahre älter als ich, hat er so altklug gesprochen.
So bin ich ganz allein. Da denke ich bei mir: Gleichwohl jung an Jahren, kann ich die
chen — o Gott, o mein Gott, das iſt ein ſchönes, ſchönes Kind geweſen.
Wenn ich des Abends gewandelt bin außer der Stadt und über entlegene Wieſen, oder an buſchigen Lehnen hin, und es hat mir ein Blüthen- blatt um das Haupt getanzt, oder es iſt mir eine Heuſchrecke über den Fuß gehüpft, da hab’ ich oft- mals bei mir gedacht, was es doch eine Glückſelig- keit wäre, ſchön und reich zu ſein. Die Zwerge von dem nahen Untersberg und den Kaiſer Karl habe ich angerufen in meiner tiefen Einfalt. Heiß iſt mir geworden in der Bruſt; geſchwärmt habe ich von „Blumen und Sternen und ihren Augen.“ — Von weſſen Augen? da ſchrecke ich auf — Jeſus, was iſt das? Andreas, Andreas, was ſoll daraus werden? —
Dazumal bin ich achtzehn Jahre alt geweſen. Aus Rand und Band bin ich eines Tages zu meinem Freunde Heinrich gelaufen — hab’ ihm Alles anvertraut. Heinrich hat mich ſonſt am Beſten verſtanden von allen Menſchen. Aber diesmal hat er mir den Rath gegeben, ich möge mich bezwin- gen; es ginge faſt allen jungen Leuten ſo, wie mir, aber es ginge vorüber. — Kaum um fünf Jahre älter als ich, hat er ſo altklug geſprochen.
So bin ich ganz allein. Da denke ich bei mir: Gleichwohl jung an Jahren, kann ich die
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chen — o Gott, o mein Gott, das iſt ein ſchönes,
ſchönes Kind geweſen.
Wenn ich des Abends gewandelt bin außer
der Stadt und über entlegene Wieſen, oder an
buſchigen Lehnen hin, und es hat mir ein Blüthen-
blatt um das Haupt getanzt, oder es iſt mir eine
Heuſchrecke über den Fuß gehüpft, da hab’ ich oft-
mals bei mir gedacht, was es doch eine Glückſelig-
keit wäre, ſchön und reich zu ſein. Die Zwerge
von dem nahen Untersberg und den Kaiſer Karl
habe ich angerufen in meiner tiefen Einfalt. Heiß
iſt mir geworden in der Bruſt; geſchwärmt habe ich
von „Blumen und Sternen und ihren Augen.“ —
Von weſſen Augen? da ſchrecke ich auf — Jeſus,
was iſt das? Andreas, Andreas, was ſoll daraus
werden? —
Dazumal bin ich achtzehn Jahre alt geweſen.
Aus Rand und Band bin ich eines Tages zu
meinem Freunde Heinrich gelaufen — hab’ ihm
Alles anvertraut. Heinrich hat mich ſonſt am Beſten
verſtanden von allen Menſchen. Aber diesmal hat
er mir den Rath gegeben, ich möge mich bezwin-
gen; es ginge faſt allen jungen Leuten ſo, wie
mir, aber es ginge vorüber. — Kaum um fünf
Jahre älter als ich, hat er ſo altklug geſprochen.
So bin ich ganz allein. Da denke ich bei
mir: Gleichwohl jung an Jahren, kann ich die
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/56>, abgerufen am 23.11.2024.
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