Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

weihen. Und zieht sie auch wieder davon, Winkel-
steg, wo sie geweilt, wird meine Heimat sein.

Vor den Eingang des Hauses bauen wir einen
schönen, hohen Bogen aus Tannengezweige, und
wir bekränzen den Altar in der Kirche.

Alles wird fein bereitet, aber kein Mensch
denkt daran, daß die Steine aus dem Wege ge-
schafft werden müssen. Solche Frauen haben zartere
Füße, als Unsereiner im Gebirge.



Jetztund klaube ich schon einen Tag und zwei
Nächte an den Steinen des Weges. Die Leute laß
ich lachen und es ist nur gut, daß der Mond
scheint.



Einige Tage später.

Jetzt sind sie da. Sie und die zwei Kinder
und die Dienerschaft. Da hätte ich freilich die
Steine nicht wegzuräumen gebraucht; sie sind mit
Roß und Wagen gekommen.

Bei der Ankunft sind schier alle Winkelsteger
auf dem Platze versammelt gewesen. Der Pfarrer
hat eine Begrüßung gehalten; ich habe mich in das
Schulhaus verkrochen. Aber ich bin im Herzen er-
schrocken; just vor meinem Fenster sind sie aus-

Rosegger: Waldschulmeister. 27

weihen. Und zieht ſie auch wieder davon, Winkel-
ſteg, wo ſie geweilt, wird meine Heimat ſein.

Vor den Eingang des Hauſes bauen wir einen
ſchönen, hohen Bogen aus Tannengezweige, und
wir bekränzen den Altar in der Kirche.

Alles wird fein bereitet, aber kein Menſch
denkt daran, daß die Steine aus dem Wege ge-
ſchafft werden müſſen. Solche Frauen haben zartere
Füße, als Unſereiner im Gebirge.



Jetztund klaube ich ſchon einen Tag und zwei
Nächte an den Steinen des Weges. Die Leute laß
ich lachen und es iſt nur gut, daß der Mond
ſcheint.



Einige Tage ſpäter.

Jetzt ſind ſie da. Sie und die zwei Kinder
und die Dienerſchaft. Da hätte ich freilich die
Steine nicht wegzuräumen gebraucht; ſie ſind mit
Roß und Wagen gekommen.

Bei der Ankunft ſind ſchier alle Winkelſteger
auf dem Platze verſammelt geweſen. Der Pfarrer
hat eine Begrüßung gehalten; ich habe mich in das
Schulhaus verkrochen. Aber ich bin im Herzen er-
ſchrocken; juſt vor meinem Fenſter ſind ſie aus-

Roſegger: Waldſchulmeiſter. 27
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0427" n="417"/>
weihen. Und zieht &#x017F;ie auch wieder davon, Winkel-<lb/>
&#x017F;teg, wo <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> geweilt, wird meine Heimat &#x017F;ein.</p><lb/>
          <p>Vor den Eingang des Hau&#x017F;es bauen wir einen<lb/>
&#x017F;chönen, hohen Bogen aus Tannengezweige, und<lb/>
wir bekränzen den Altar in der Kirche.</p><lb/>
          <p>Alles wird fein bereitet, aber kein Men&#x017F;ch<lb/>
denkt daran, daß die Steine aus dem Wege ge-<lb/>
&#x017F;chafft werden mü&#x017F;&#x017F;en. Solche Frauen haben zartere<lb/>
Füße, als Un&#x017F;ereiner im Gebirge.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Jetztund klaube ich &#x017F;chon einen Tag und zwei<lb/>
Nächte an den Steinen des Weges. Die Leute laß<lb/>
ich lachen und es i&#x017F;t nur gut, daß der Mond<lb/>
&#x017F;cheint.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>
            <date> <hi rendition="#et">Einige Tage &#x017F;päter.</hi> </date>
          </p><lb/>
          <p>Jetzt &#x017F;ind &#x017F;ie da. Sie und die zwei Kinder<lb/>
und die Diener&#x017F;chaft. Da hätte ich freilich die<lb/>
Steine nicht wegzuräumen gebraucht; &#x017F;ie &#x017F;ind mit<lb/>
Roß und Wagen gekommen.</p><lb/>
          <p>Bei der Ankunft &#x017F;ind &#x017F;chier alle Winkel&#x017F;teger<lb/>
auf dem Platze ver&#x017F;ammelt gewe&#x017F;en. Der Pfarrer<lb/>
hat eine Begrüßung gehalten; ich habe mich in das<lb/>
Schulhaus verkrochen. Aber ich bin im Herzen er-<lb/>
&#x017F;chrocken; ju&#x017F;t vor meinem Fen&#x017F;ter &#x017F;ind &#x017F;ie aus-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Ro&#x017F;egger: Wald&#x017F;chulmei&#x017F;ter. 27</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[417/0427] weihen. Und zieht ſie auch wieder davon, Winkel- ſteg, wo ſie geweilt, wird meine Heimat ſein. Vor den Eingang des Hauſes bauen wir einen ſchönen, hohen Bogen aus Tannengezweige, und wir bekränzen den Altar in der Kirche. Alles wird fein bereitet, aber kein Menſch denkt daran, daß die Steine aus dem Wege ge- ſchafft werden müſſen. Solche Frauen haben zartere Füße, als Unſereiner im Gebirge. Jetztund klaube ich ſchon einen Tag und zwei Nächte an den Steinen des Weges. Die Leute laß ich lachen und es iſt nur gut, daß der Mond ſcheint. Einige Tage ſpäter. Jetzt ſind ſie da. Sie und die zwei Kinder und die Dienerſchaft. Da hätte ich freilich die Steine nicht wegzuräumen gebraucht; ſie ſind mit Roß und Wagen gekommen. Bei der Ankunft ſind ſchier alle Winkelſteger auf dem Platze verſammelt geweſen. Der Pfarrer hat eine Begrüßung gehalten; ich habe mich in das Schulhaus verkrochen. Aber ich bin im Herzen er- ſchrocken; juſt vor meinem Fenſter ſind ſie aus- Roſegger: Waldſchulmeiſter. 27

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/427
Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/427>, abgerufen am 25.11.2024.