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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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noch an mich, seinen ehmaligen Lehrer; er erinnere
sich auch meiner Verdienste um die Winkelwäldler,
und er bitte mich nun, ihm im Gebirge ein Führer
zu sein und mich an dem bestimmten Tage in der
Ortschaft Grabenegg einzufinden.

Grabenegg, eine gute Tagereise von hier
entfernt, ist keine Ortschaft; es sind nur einige
Steinschlagerhütten, die an der Zillerstraße stehen
und von einer dort auslaufenden Bergschlucht den
Namen haben.

Ich habe mich denn an dem bestimmten Tage
in Grabenegg eingefunden, habe dort den Wald-
herrn erwartet, der in einem gemietheten Wagen
auch richtig angekommen ist. Dann bin ich mit ihm
weiter gegen das Hochgebirge gefahren.

Der Herr hat mich völlig erschreckt; ich habe
ihn schier nicht mehr erkannt, aber er hat mich auf
den ersten Blick als den Andreas begrüßt. Sein
Gruß ist höflich und kalt gewesen, und der arme
Mann ist lebenssatt.

Bis zum ersten Felsenthore führt der Fahrweg.
Hier hat der Herr das Fuhrwerk zurückgeschickt, und
wir sind auf rauhen Steigen, wie sie das Hochwild
getreten, in die Wildniß hineingegangen, auf deren
wilden Höhen die Eisfelder liegen. Der Herr ist
vorangeschritten, fast finster und trotzig, zuweilen
mit der Begier des Jägers, der dem Hirsch auf der

noch an mich, ſeinen ehmaligen Lehrer; er erinnere
ſich auch meiner Verdienſte um die Winkelwäldler,
und er bitte mich nun, ihm im Gebirge ein Führer
zu ſein und mich an dem beſtimmten Tage in der
Ortſchaft Grabenegg einzufinden.

Grabenegg, eine gute Tagereiſe von hier
entfernt, iſt keine Ortſchaft; es ſind nur einige
Steinſchlagerhütten, die an der Zillerſtraße ſtehen
und von einer dort auslaufenden Bergſchlucht den
Namen haben.

Ich habe mich denn an dem beſtimmten Tage
in Grabenegg eingefunden, habe dort den Wald-
herrn erwartet, der in einem gemietheten Wagen
auch richtig angekommen iſt. Dann bin ich mit ihm
weiter gegen das Hochgebirge gefahren.

Der Herr hat mich völlig erſchreckt; ich habe
ihn ſchier nicht mehr erkannt, aber er hat mich auf
den erſten Blick als den Andreas begrüßt. Sein
Gruß iſt höflich und kalt geweſen, und der arme
Mann iſt lebensſatt.

Bis zum erſten Felſenthore führt der Fahrweg.
Hier hat der Herr das Fuhrwerk zurückgeſchickt, und
wir ſind auf rauhen Steigen, wie ſie das Hochwild
getreten, in die Wildniß hineingegangen, auf deren
wilden Höhen die Eisfelder liegen. Der Herr iſt
vorangeſchritten, faſt finſter und trotzig, zuweilen
mit der Begier des Jägers, der dem Hirſch auf der

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[399/0409] noch an mich, ſeinen ehmaligen Lehrer; er erinnere ſich auch meiner Verdienſte um die Winkelwäldler, und er bitte mich nun, ihm im Gebirge ein Führer zu ſein und mich an dem beſtimmten Tage in der Ortſchaft Grabenegg einzufinden. Grabenegg, eine gute Tagereiſe von hier entfernt, iſt keine Ortſchaft; es ſind nur einige Steinſchlagerhütten, die an der Zillerſtraße ſtehen und von einer dort auslaufenden Bergſchlucht den Namen haben. Ich habe mich denn an dem beſtimmten Tage in Grabenegg eingefunden, habe dort den Wald- herrn erwartet, der in einem gemietheten Wagen auch richtig angekommen iſt. Dann bin ich mit ihm weiter gegen das Hochgebirge gefahren. Der Herr hat mich völlig erſchreckt; ich habe ihn ſchier nicht mehr erkannt, aber er hat mich auf den erſten Blick als den Andreas begrüßt. Sein Gruß iſt höflich und kalt geweſen, und der arme Mann iſt lebensſatt. Bis zum erſten Felſenthore führt der Fahrweg. Hier hat der Herr das Fuhrwerk zurückgeſchickt, und wir ſind auf rauhen Steigen, wie ſie das Hochwild getreten, in die Wildniß hineingegangen, auf deren wilden Höhen die Eisfelder liegen. Der Herr iſt vorangeſchritten, faſt finſter und trotzig, zuweilen mit der Begier des Jägers, der dem Hirſch auf der

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/409>, abgerufen am 24.11.2024.