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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Keiner, auch von den erst Genesenen keiner ist zu
bewegen gewesen, nach Hause zu gehen.

Der Stand eines Sternbildes weist die Mitter-
nacht, den Beginn des Ostertages. Da fährt ein
Flämmchen in den strohumwundenen Baum, und
eine gewaltige Osterkerze lodert hoch über dem
Waldthale gegen den Sternenhimmel auf.

Nun jubeln die Kinder und die Weiber,
jauchzen die Männer; aber weiterhin, als Hall und
Schall vermag zu dringen, leuchtet die Feuersäule
und verkündet dem Waldlande ringsum den Ostertag.

Und zur selbigen Stunde haben die Weiber
ihre Handkörbe aufgedeckt, auf daß die Gottesgaben
darin, Brot, Eier und Fleisch, der liebe Osterhauch
mag befächeln. Und so ist unserem Festbrote die
Weihe zu Theil geworden, die der Vater Paul uns
für diese Ostern nimmer vermag zu spenden.

Erst gegen Morgen ist die Osterkerze, deren
hochstrebende Flamme sie gar in den Miesenbach-
gräben sollen gesehen haben, verlodert zusammen-
gebrochen.

So sind wir von dem seltsamen Osterfeste
heimgekehrt in unsere Hütten.



Von diesen Tagen an, Andreas, wirst du
nicht mehr jünger. -- Jünger? wer hat dich gelehrt

Keiner, auch von den erſt Geneſenen keiner iſt zu
bewegen geweſen, nach Hauſe zu gehen.

Der Stand eines Sternbildes weiſt die Mitter-
nacht, den Beginn des Oſtertages. Da fährt ein
Flämmchen in den ſtrohumwundenen Baum, und
eine gewaltige Oſterkerze lodert hoch über dem
Waldthale gegen den Sternenhimmel auf.

Nun jubeln die Kinder und die Weiber,
jauchzen die Männer; aber weiterhin, als Hall und
Schall vermag zu dringen, leuchtet die Feuerſäule
und verkündet dem Waldlande ringsum den Oſtertag.

Und zur ſelbigen Stunde haben die Weiber
ihre Handkörbe aufgedeckt, auf daß die Gottesgaben
darin, Brot, Eier und Fleiſch, der liebe Oſterhauch
mag befächeln. Und ſo iſt unſerem Feſtbrote die
Weihe zu Theil geworden, die der Vater Paul uns
für dieſe Oſtern nimmer vermag zu ſpenden.

Erſt gegen Morgen iſt die Oſterkerze, deren
hochſtrebende Flamme ſie gar in den Mieſenbach-
gräben ſollen geſehen haben, verlodert zuſammen-
gebrochen.

So ſind wir von dem ſeltſamen Oſterfeſte
heimgekehrt in unſere Hütten.



Von dieſen Tagen an, Andreas, wirſt du
nicht mehr jünger. — Jünger? wer hat dich gelehrt

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[380/0390] Keiner, auch von den erſt Geneſenen keiner iſt zu bewegen geweſen, nach Hauſe zu gehen. Der Stand eines Sternbildes weiſt die Mitter- nacht, den Beginn des Oſtertages. Da fährt ein Flämmchen in den ſtrohumwundenen Baum, und eine gewaltige Oſterkerze lodert hoch über dem Waldthale gegen den Sternenhimmel auf. Nun jubeln die Kinder und die Weiber, jauchzen die Männer; aber weiterhin, als Hall und Schall vermag zu dringen, leuchtet die Feuerſäule und verkündet dem Waldlande ringsum den Oſtertag. Und zur ſelbigen Stunde haben die Weiber ihre Handkörbe aufgedeckt, auf daß die Gottesgaben darin, Brot, Eier und Fleiſch, der liebe Oſterhauch mag befächeln. Und ſo iſt unſerem Feſtbrote die Weihe zu Theil geworden, die der Vater Paul uns für dieſe Oſtern nimmer vermag zu ſpenden. Erſt gegen Morgen iſt die Oſterkerze, deren hochſtrebende Flamme ſie gar in den Mieſenbach- gräben ſollen geſehen haben, verlodert zuſammen- gebrochen. So ſind wir von dem ſeltſamen Oſterfeſte heimgekehrt in unſere Hütten. Von dieſen Tagen an, Andreas, wirſt du nicht mehr jünger. — Jünger? wer hat dich gelehrt

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/390>, abgerufen am 22.11.2024.