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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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bequem und zweckmäßig gebaut; es hatte ein fla-
ches weit vorspringendes Schindeldach, und es hatte
in diesem Vorsprunge und in seinen hellen Fen-
stern eine Art Verwandtschaft mit dem gutmütig
schalkhaften schildkäppchenbedeckten Antlitze jenes
Alten auf dem Bilde.

Dann trat ich in das Stübchen. Es war
bereits aufgeräumt und im Ofen knisterte frisches
Feuer. Durch die hellen Fenster starrte zwar der
düstere Tag mit dem tief auf die Bergwälder hän-
genden Nebel herein, aber das machte das Stüb-
chen nur noch traulicher und heimischer.

Die Blätter, die ich am Morgen in Ordnung
gebracht hatte, die rauh und grau vergilbt waren
und eng beschrieben, Zeile an Zeile, die nahm ich
nun aus der Schublade und setzte mich damit zum
reingescheuerten Tisch am Fenster, so daß das
Tageslicht recht freundlich auf ihnen ruhen konnte.

Und was hier ein seltsamer Mann nieder-
geschrieben hatte, das begann ich nun zu lesen.

Was ich las, das gebe ich hier, besonders
dem Inhalte nach, gewissenhaft treu wieder.

Doch mußte an der Urschrift in der Form
Manches geändert und geglättet, es mußte gestri-
chen, ja beigefügt werden, wie es zum Verständ-
nisse nöthig, und so weit es mir nach genauer
Durchforschung der Zustände erlaubt und möglich

bequem und zweckmäßig gebaut; es hatte ein fla-
ches weit vorſpringendes Schindeldach, und es hatte
in dieſem Vorſprunge und in ſeinen hellen Fen-
ſtern eine Art Verwandtſchaft mit dem gutmütig
ſchalkhaften ſchildkäppchenbedeckten Antlitze jenes
Alten auf dem Bilde.

Dann trat ich in das Stübchen. Es war
bereits aufgeräumt und im Ofen kniſterte friſches
Feuer. Durch die hellen Fenſter ſtarrte zwar der
düſtere Tag mit dem tief auf die Bergwälder hän-
genden Nebel herein, aber das machte das Stüb-
chen nur noch traulicher und heimiſcher.

Die Blätter, die ich am Morgen in Ordnung
gebracht hatte, die rauh und grau vergilbt waren
und eng beſchrieben, Zeile an Zeile, die nahm ich
nun aus der Schublade und ſetzte mich damit zum
reingeſcheuerten Tiſch am Fenſter, ſo daß das
Tageslicht recht freundlich auf ihnen ruhen konnte.

Und was hier ein ſeltſamer Mann nieder-
geſchrieben hatte, das begann ich nun zu leſen.

Was ich las, das gebe ich hier, beſonders
dem Inhalte nach, gewiſſenhaft treu wieder.

Doch mußte an der Urſchrift in der Form
Manches geändert und geglättet, es mußte geſtri-
chen, ja beigefügt werden, wie es zum Verſtänd-
niſſe nöthig, und ſo weit es mir nach genauer
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[28/0038] bequem und zweckmäßig gebaut; es hatte ein fla- ches weit vorſpringendes Schindeldach, und es hatte in dieſem Vorſprunge und in ſeinen hellen Fen- ſtern eine Art Verwandtſchaft mit dem gutmütig ſchalkhaften ſchildkäppchenbedeckten Antlitze jenes Alten auf dem Bilde. Dann trat ich in das Stübchen. Es war bereits aufgeräumt und im Ofen kniſterte friſches Feuer. Durch die hellen Fenſter ſtarrte zwar der düſtere Tag mit dem tief auf die Bergwälder hän- genden Nebel herein, aber das machte das Stüb- chen nur noch traulicher und heimiſcher. Die Blätter, die ich am Morgen in Ordnung gebracht hatte, die rauh und grau vergilbt waren und eng beſchrieben, Zeile an Zeile, die nahm ich nun aus der Schublade und ſetzte mich damit zum reingeſcheuerten Tiſch am Fenſter, ſo daß das Tageslicht recht freundlich auf ihnen ruhen konnte. Und was hier ein ſeltſamer Mann nieder- geſchrieben hatte, das begann ich nun zu leſen. Was ich las, das gebe ich hier, beſonders dem Inhalte nach, gewiſſenhaft treu wieder. Doch mußte an der Urſchrift in der Form Manches geändert und geglättet, es mußte geſtri- chen, ja beigefügt werden, wie es zum Verſtänd- niſſe nöthig, und ſo weit es mir nach genauer Durchforſchung der Zuſtände erlaubt und möglich

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/38>, abgerufen am 22.11.2024.