"Und wer den Höllbrunnen braut," fährt der Mann fort, "der muß wol mit dem Teufel bekannt sein. Die Leut' schauen mich auch richtig für so Einen an. Sollen Recht haben. Aber wenn ich schlecht bin, aus mir selber bin ich's nicht. Und wer mir mein Geschäft verdorben, der wird wol anderweitig für mich sorgen. Herr Pfarrer! umsonst bin ich nicht da!"
Der Branntweiner vergißt ganz seine gewohnte Geschmeidigkeit und nimmt schier eine bedrohliche Stellung an.
"Wenn ihr der Branntweiner vom Miesenbach- wald seid," sagt der Pfarrer in seiner Gelassenheit, "so freut es mich, daß ich euch sehe. Da ihr so selten nach Winkelsteg herauskommt, so habe ich schon zu euch gehen wollen. Wir müssen miteinander schwätzen. Ihr gebt den Winkelwäldlern keinen Branntwein mehr, da seid ihr ein Ehrenmann, ein großer Wohlthäter der Gemeinde. Ich danke euch, Freund! -- Und auch euere Umsicht ist sehr zu loben. Es ist doch wahr, daß ihr jetzt mit den Kräutern und Harzen anhebt? Wol, und ich bin ganz euerer Meinung, daß ihr es höher bringt, wenn ihr aus den Kräutern und Harzen und Wur- zeln Arzeneien, Oele und kostbaren Balsam bereitet und draußen im Lande dafür Abzugsquellen suchet. Ich gehe euch nach meinen Kräften und Erfahrungen
Rosegger: Waldschulmeister. 24
„Und wer den Höllbrunnen braut,“ fährt der Mann fort, „der muß wol mit dem Teufel bekannt ſein. Die Leut’ ſchauen mich auch richtig für ſo Einen an. Sollen Recht haben. Aber wenn ich ſchlecht bin, aus mir ſelber bin ich’s nicht. Und wer mir mein Geſchäft verdorben, der wird wol anderweitig für mich ſorgen. Herr Pfarrer! umſonſt bin ich nicht da!“
Der Branntweiner vergißt ganz ſeine gewohnte Geſchmeidigkeit und nimmt ſchier eine bedrohliche Stellung an.
„Wenn ihr der Branntweiner vom Mieſenbach- wald ſeid,“ ſagt der Pfarrer in ſeiner Gelaſſenheit, „ſo freut es mich, daß ich euch ſehe. Da ihr ſo ſelten nach Winkelſteg herauskommt, ſo habe ich ſchon zu euch gehen wollen. Wir müſſen miteinander ſchwätzen. Ihr gebt den Winkelwäldlern keinen Branntwein mehr, da ſeid ihr ein Ehrenmann, ein großer Wohlthäter der Gemeinde. Ich danke euch, Freund! — Und auch euere Umſicht iſt ſehr zu loben. Es iſt doch wahr, daß ihr jetzt mit den Kräutern und Harzen anhebt? Wol, und ich bin ganz euerer Meinung, daß ihr es höher bringt, wenn ihr aus den Kräutern und Harzen und Wur- zeln Arzeneien, Oele und koſtbaren Balſam bereitet und draußen im Lande dafür Abzugsquellen ſuchet. Ich gehe euch nach meinen Kräften und Erfahrungen
Roſegger: Waldſchulmeiſter. 24
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„Und wer den Höllbrunnen braut,“ fährt der
Mann fort, „der muß wol mit dem Teufel bekannt
ſein. Die Leut’ ſchauen mich auch richtig für ſo
Einen an. Sollen Recht haben. Aber wenn ich
ſchlecht bin, aus mir ſelber bin ich’s nicht. Und
wer mir mein Geſchäft verdorben, der wird wol
anderweitig für mich ſorgen. Herr Pfarrer! umſonſt
bin ich nicht da!“
Der Branntweiner vergißt ganz ſeine gewohnte
Geſchmeidigkeit und nimmt ſchier eine bedrohliche
Stellung an.
„Wenn ihr der Branntweiner vom Mieſenbach-
wald ſeid,“ ſagt der Pfarrer in ſeiner Gelaſſenheit,
„ſo freut es mich, daß ich euch ſehe. Da ihr ſo
ſelten nach Winkelſteg herauskommt, ſo habe ich
ſchon zu euch gehen wollen. Wir müſſen miteinander
ſchwätzen. Ihr gebt den Winkelwäldlern keinen
Branntwein mehr, da ſeid ihr ein Ehrenmann, ein
großer Wohlthäter der Gemeinde. Ich danke euch,
Freund! — Und auch euere Umſicht iſt ſehr zu
loben. Es iſt doch wahr, daß ihr jetzt mit den
Kräutern und Harzen anhebt? Wol, und ich bin
ganz euerer Meinung, daß ihr es höher bringt,
wenn ihr aus den Kräutern und Harzen und Wur-
zeln Arzeneien, Oele und koſtbaren Balſam bereitet
und draußen im Lande dafür Abzugsquellen ſuchet.
Ich gehe euch nach meinen Kräften und Erfahrungen
Roſegger: Waldſchulmeiſter. 24
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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