das schlafende Kind, ehe der falsche Herodes kommt; und sie trillern ein Wanderliedchen für die Flucht nach Egypten.
Ich spiele den Meßgesang, spiele Lieder, wie sie meine Mutter gesungen, und mein Nährvater, der gute Schirmmacher, und im Hause des Frei- herrn die Jungfrau ....
Und letztlich weiß ich selber nicht mehr, was ich kindischer Mann der Gemeinde und dem heiligen Kind hab vorgespielt in dieser Christnacht.
Ich werde den Winkelstegern noch so verrückt, wie der Reim-Rüppel.
Nach dem Mitternachtsgottesdienst hat der Pfarrer durch mich die Aermsten der Gemeinde, die Alten, die Breßhaften, die Verlassenen, zu sich in den Pfarrhof rufen lassen.
Je! da ist es noch heller, wie in der Kirche! da ist mitten in der Stube ein Baum aufgewachsen, und der blüht in Flammenknospen an allen Aesten und Zweigen.
Da gucken die alten Männlein und Weiblein gottswunderlich drein, und kichern und reiben sich die Augen über den närrischen Traum. Daß auf einem Baum des Waldes eitel Kerzenlichter wachsen, das haben sie all ihrer Tage noch nicht gesehen.
-- Jenes Wundervöglein von den tausend Jahren, sagt der Pfarrer, sei wieder durch den
das ſchlafende Kind, ehe der falſche Herodes kommt; und ſie trillern ein Wanderliedchen für die Flucht nach Egypten.
Ich ſpiele den Meßgeſang, ſpiele Lieder, wie ſie meine Mutter geſungen, und mein Nährvater, der gute Schirmmacher, und im Hauſe des Frei- herrn die Jungfrau ....
Und letztlich weiß ich ſelber nicht mehr, was ich kindiſcher Mann der Gemeinde und dem heiligen Kind hab vorgeſpielt in dieſer Chriſtnacht.
Ich werde den Winkelſtegern noch ſo verrückt, wie der Reim-Rüppel.
Nach dem Mitternachtsgottesdienſt hat der Pfarrer durch mich die Aermſten der Gemeinde, die Alten, die Breßhaften, die Verlaſſenen, zu ſich in den Pfarrhof rufen laſſen.
Je! da iſt es noch heller, wie in der Kirche! da iſt mitten in der Stube ein Baum aufgewachſen, und der blüht in Flammenknoſpen an allen Aeſten und Zweigen.
Da gucken die alten Männlein und Weiblein gottswunderlich drein, und kichern und reiben ſich die Augen über den närriſchen Traum. Daß auf einem Baum des Waldes eitel Kerzenlichter wachſen, das haben ſie all ihrer Tage noch nicht geſehen.
— Jenes Wundervöglein von den tauſend Jahren, ſagt der Pfarrer, ſei wieder durch den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0351"n="341"/>
das ſchlafende Kind, ehe der falſche Herodes kommt;<lb/>
und ſie trillern ein Wanderliedchen für die Flucht<lb/>
nach Egypten.</p><lb/><p>Ich ſpiele den Meßgeſang, ſpiele Lieder, wie<lb/>ſie meine Mutter geſungen, und mein Nährvater,<lb/>
der gute Schirmmacher, und im Hauſe des Frei-<lb/>
herrn die Jungfrau ....</p><lb/><p>Und letztlich weiß ich ſelber nicht mehr, was<lb/>
ich kindiſcher Mann der Gemeinde und dem heiligen<lb/>
Kind hab vorgeſpielt in dieſer Chriſtnacht.</p><lb/><p>Ich werde den Winkelſtegern noch ſo verrückt,<lb/>
wie der Reim-Rüppel.</p><lb/><p>Nach dem Mitternachtsgottesdienſt hat der<lb/>
Pfarrer durch mich die Aermſten der Gemeinde, die<lb/>
Alten, die Breßhaften, die Verlaſſenen, zu ſich in<lb/>
den Pfarrhof rufen laſſen.</p><lb/><p>Je! da iſt es noch heller, wie in der Kirche!<lb/>
da iſt mitten in der Stube ein Baum aufgewachſen,<lb/>
und der blüht in Flammenknoſpen an allen Aeſten<lb/>
und Zweigen.</p><lb/><p>Da gucken die alten Männlein und Weiblein<lb/>
gottswunderlich drein, und kichern und reiben ſich<lb/>
die Augen über den närriſchen Traum. Daß auf<lb/>
einem Baum des Waldes eitel Kerzenlichter wachſen,<lb/>
das haben ſie all ihrer Tage noch nicht geſehen.</p><lb/><p>— Jenes Wundervöglein von den tauſend<lb/>
Jahren, ſagt der Pfarrer, ſei wieder durch den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[341/0351]
das ſchlafende Kind, ehe der falſche Herodes kommt;
und ſie trillern ein Wanderliedchen für die Flucht
nach Egypten.
Ich ſpiele den Meßgeſang, ſpiele Lieder, wie
ſie meine Mutter geſungen, und mein Nährvater,
der gute Schirmmacher, und im Hauſe des Frei-
herrn die Jungfrau ....
Und letztlich weiß ich ſelber nicht mehr, was
ich kindiſcher Mann der Gemeinde und dem heiligen
Kind hab vorgeſpielt in dieſer Chriſtnacht.
Ich werde den Winkelſtegern noch ſo verrückt,
wie der Reim-Rüppel.
Nach dem Mitternachtsgottesdienſt hat der
Pfarrer durch mich die Aermſten der Gemeinde, die
Alten, die Breßhaften, die Verlaſſenen, zu ſich in
den Pfarrhof rufen laſſen.
Je! da iſt es noch heller, wie in der Kirche!
da iſt mitten in der Stube ein Baum aufgewachſen,
und der blüht in Flammenknoſpen an allen Aeſten
und Zweigen.
Da gucken die alten Männlein und Weiblein
gottswunderlich drein, und kichern und reiben ſich
die Augen über den närriſchen Traum. Daß auf
einem Baum des Waldes eitel Kerzenlichter wachſen,
das haben ſie all ihrer Tage noch nicht geſehen.
— Jenes Wundervöglein von den tauſend
Jahren, ſagt der Pfarrer, ſei wieder durch den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/351>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.