sein, Roß und Wagen ein Pölsterl fein, und für'n alten Vater ein gut's Glaserl Wein, und für die jung' Mutter, statt Weihrauch schon eh ein gutes Stückel Butter und ein Hollerthee, und statt die gallbitteren Myrrhen einen Zuckerhut; solche G'schenk stünden den heilig drei König gut. -- Jetzt, d'Hüt legt's auf die Seiten, die Stecken auf die Erden, daß wir uns bekennen vor Gott unserem Herrn."
Langsam läßt der alte Mann Stock und Hut zu Boden gleiten; er sinkt auf die Knie und faltet die Hände:
"Wenn's einmal geschehen sollt, daß der Herr Vater Dein, dich, du lieb Jesulein, zu sich nehmen wollt, so streck dein Händl, und nimm uns beim Schopf; aber gib Acht, daß du uns nicht wegreiß'st den Kopf, und ruck an, und heb uns All' hinauf in den guldenen Himmelssaal, Amen."
Das ist des alten Sängers "Botschaft," die er während der Weihnachtszeit in allen Häusern verkündet.
Wir haben ihm einen kleinen Botenlohn ge- geben, da murmelt er noch ein par heitere Sprüche und humpelt wieder zur Thür hinaus.
Die Leute sind ganz schweigsam und andächtig geworden; und erst, als die Kirchenglocken zu läuten anheben, werden sie wieder lebendiger und verlassen, unbeholfen in Worten und Geberden, die Stube.
Rosegger: Waldschulmeister. 22
ſein, Roß und Wagen ein Pölſterl fein, und für’n alten Vater ein gut’s Glaſerl Wein, und für die jung’ Mutter, ſtatt Weihrauch ſchon eh ein gutes Stückel Butter und ein Hollerthee, und ſtatt die gallbitteren Myrrhen einen Zuckerhut; ſolche G’ſchenk ſtünden den heilig drei König gut. — Jetzt, d’Hüt legt’s auf die Seiten, die Stecken auf die Erden, daß wir uns bekennen vor Gott unſerem Herrn.“
Langſam läßt der alte Mann Stock und Hut zu Boden gleiten; er ſinkt auf die Knie und faltet die Hände:
„Wenn’s einmal geſchehen ſollt, daß der Herr Vater Dein, dich, du lieb Jeſulein, zu ſich nehmen wollt, ſo ſtreck dein Händl, und nimm uns beim Schopf; aber gib Acht, daß du uns nicht wegreiß’ſt den Kopf, und ruck an, und heb uns All’ hinauf in den guldenen Himmelsſaal, Amen.“
Das iſt des alten Sängers „Botſchaft,“ die er während der Weihnachtszeit in allen Häuſern verkündet.
Wir haben ihm einen kleinen Botenlohn ge- geben, da murmelt er noch ein par heitere Sprüche und humpelt wieder zur Thür hinaus.
Die Leute ſind ganz ſchweigſam und andächtig geworden; und erſt, als die Kirchenglocken zu läuten anheben, werden ſie wieder lebendiger und verlaſſen, unbeholfen in Worten und Geberden, die Stube.
Roſegger: Waldſchulmeiſter. 22
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ſein, Roß und Wagen ein Pölſterl fein, und für’n
alten Vater ein gut’s Glaſerl Wein, und für die
jung’ Mutter, ſtatt Weihrauch ſchon eh ein gutes
Stückel Butter und ein Hollerthee, und ſtatt die
gallbitteren Myrrhen einen Zuckerhut; ſolche G’ſchenk
ſtünden den heilig drei König gut. — Jetzt, d’Hüt
legt’s auf die Seiten, die Stecken auf die Erden,
daß wir uns bekennen vor Gott unſerem Herrn.“
Langſam läßt der alte Mann Stock und Hut
zu Boden gleiten; er ſinkt auf die Knie und faltet
die Hände:
„Wenn’s einmal geſchehen ſollt, daß der Herr
Vater Dein, dich, du lieb Jeſulein, zu ſich nehmen
wollt, ſo ſtreck dein Händl, und nimm uns beim
Schopf; aber gib Acht, daß du uns nicht wegreiß’ſt
den Kopf, und ruck an, und heb uns All’ hinauf
in den guldenen Himmelsſaal, Amen.“
Das iſt des alten Sängers „Botſchaft,“ die
er während der Weihnachtszeit in allen Häuſern
verkündet.
Wir haben ihm einen kleinen Botenlohn ge-
geben, da murmelt er noch ein par heitere Sprüche
und humpelt wieder zur Thür hinaus.
Die Leute ſind ganz ſchweigſam und andächtig
geworden; und erſt, als die Kirchenglocken zu läuten
anheben, werden ſie wieder lebendiger und verlaſſen,
unbeholfen in Worten und Geberden, die Stube.
Roſegger: Waldſchulmeiſter. 22
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/347>, abgerufen am 24.11.2024.
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