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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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nach, entblößten noch weit vor der Thür ihr
Haupt oder zerrten die Rosenkranzschnur hervor
und besprengten sich andächtig am Weihwasserkessel
des Einganges.

Ich ging zur Thür hinaus und über den
hügeligen Sandboden hin. Und ich ging, weil die
Orgel gar so freundlich herausklang, zur Kirche
hinein. Da war es auf den ersten Blick, wie es
in jeder Dorfkirche ist -- und doch eigentlich ganz
anders. Je ärmer sonst so ein Kirchlein ist, desto
mehr Silber und Gold sieht man in ihm funkeln;
alle Leuchter und Gefäße sind von Silber, alle
Verzierungen und Heiligenröcke und Engelsflügel
und gar die Wolken des Himmels sind von Gold.
Aber es ist nicht Silber, es ist nicht Gold; es ist
nur der Schein davon und inwendig ist eitel Holz
mit Wurmstichen. Ich kann jenem Bauersmann
nicht Unrecht geben, der, als er in der Kirche ein-
mal Meßnerdienste verrichten mußte und dabei in
nähere Bekanntschaft mit den Bildnissen und Altä-
ren gekommen, ausrief: "Wie unsere Heiligen von
Weitem funkeln und vornehm sind, so meint man,
was der tausend wir für Himmelsmänner haben,
und wenn man sie in der Nähe anschaut, ist nichts
dahinter."

In der Kirche zu Winkelsteg fand ich das
anders. Freilich war auch da Alles aus Holz und

nach, entblößten noch weit vor der Thür ihr
Haupt oder zerrten die Roſenkranzſchnur hervor
und beſprengten ſich andächtig am Weihwaſſerkeſſel
des Einganges.

Ich ging zur Thür hinaus und über den
hügeligen Sandboden hin. Und ich ging, weil die
Orgel gar ſo freundlich herausklang, zur Kirche
hinein. Da war es auf den erſten Blick, wie es
in jeder Dorfkirche iſt — und doch eigentlich ganz
anders. Je ärmer ſonſt ſo ein Kirchlein iſt, deſto
mehr Silber und Gold ſieht man in ihm funkeln;
alle Leuchter und Gefäße ſind von Silber, alle
Verzierungen und Heiligenröcke und Engelsflügel
und gar die Wolken des Himmels ſind von Gold.
Aber es iſt nicht Silber, es iſt nicht Gold; es iſt
nur der Schein davon und inwendig iſt eitel Holz
mit Wurmſtichen. Ich kann jenem Bauersmann
nicht Unrecht geben, der, als er in der Kirche ein-
mal Meßnerdienſte verrichten mußte und dabei in
nähere Bekanntſchaft mit den Bildniſſen und Altä-
ren gekommen, ausrief: „Wie unſere Heiligen von
Weitem funkeln und vornehm ſind, ſo meint man,
was der tauſend wir für Himmelsmänner haben,
und wenn man ſie in der Nähe anſchaut, iſt nichts
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[24/0034] nach, entblößten noch weit vor der Thür ihr Haupt oder zerrten die Roſenkranzſchnur hervor und beſprengten ſich andächtig am Weihwaſſerkeſſel des Einganges. Ich ging zur Thür hinaus und über den hügeligen Sandboden hin. Und ich ging, weil die Orgel gar ſo freundlich herausklang, zur Kirche hinein. Da war es auf den erſten Blick, wie es in jeder Dorfkirche iſt — und doch eigentlich ganz anders. Je ärmer ſonſt ſo ein Kirchlein iſt, deſto mehr Silber und Gold ſieht man in ihm funkeln; alle Leuchter und Gefäße ſind von Silber, alle Verzierungen und Heiligenröcke und Engelsflügel und gar die Wolken des Himmels ſind von Gold. Aber es iſt nicht Silber, es iſt nicht Gold; es iſt nur der Schein davon und inwendig iſt eitel Holz mit Wurmſtichen. Ich kann jenem Bauersmann nicht Unrecht geben, der, als er in der Kirche ein- mal Meßnerdienſte verrichten mußte und dabei in nähere Bekanntſchaft mit den Bildniſſen und Altä- ren gekommen, ausrief: „Wie unſere Heiligen von Weitem funkeln und vornehm ſind, ſo meint man, was der tauſend wir für Himmelsmänner haben, und wenn man ſie in der Nähe anſchaut, iſt nichts dahinter.“ In der Kirche zu Winkelſteg fand ich das anders. Freilich war auch da Alles aus Holz und

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/34>, abgerufen am 23.11.2024.