Als wir, ich und der Pfarrer, mit der Schaufel einige Erdschollen auf den Sarg geworfen, tritt der Ruß-Bartelmei ganz betrübt zu uns und frägt, was uns seine Mutter denn gethan habe, daß wir ihr noch in das Grab die Klösse nachschleuderten? Da haben wir es ihm dargelegt, daß das einen letzten Liebesdienst bedeute, und daß Erde die ein- zige Gabe sei, die man einem Todten zu Lieb könne reichen.
Darauf hebt der Bartelmei an und schaufelt Erde hinab, bis man kein Stückchen mehr sieht von dem weißen Schrein und die Gräber ihm die Schaufel sanft aus der Hand nehmen, auf daß sie die Grube schließen.
Nach dem Begräbnisse sind sie in das Wirths- haus des Graßsteiger gegangen und haben sich mit Branntwein erfrischt .... so wie auch die Alten ihren Todten haben nachgetrunken.
Gott zählt seine Leute auch in Winkelsteg und da darf ihm Keines fehlen.
Kaum ist auf dem Friedhofe das Gräblein zugemacht, wird in der Kirche das Taufbecken auf- gethan. Der erste Todte und der erste Täufling an Einem Tage und -- aus Einer Familie.
Auf demselben Waldweg, den heran vor ein par Stunden der Sarg ist geschwankt, haben zwei
Als wir, ich und der Pfarrer, mit der Schaufel einige Erdſchollen auf den Sarg geworfen, tritt der Ruß-Bartelmei ganz betrübt zu uns und frägt, was uns ſeine Mutter denn gethan habe, daß wir ihr noch in das Grab die Klöſſe nachſchleuderten? Da haben wir es ihm dargelegt, daß das einen letzten Liebesdienſt bedeute, und daß Erde die ein- zige Gabe ſei, die man einem Todten zu Lieb könne reichen.
Darauf hebt der Bartelmei an und ſchaufelt Erde hinab, bis man kein Stückchen mehr ſieht von dem weißen Schrein und die Gräber ihm die Schaufel ſanft aus der Hand nehmen, auf daß ſie die Grube ſchließen.
Nach dem Begräbniſſe ſind ſie in das Wirths- haus des Graßſteiger gegangen und haben ſich mit Branntwein erfriſcht .... ſo wie auch die Alten ihren Todten haben nachgetrunken.
Gott zählt ſeine Leute auch in Winkelſteg und da darf ihm Keines fehlen.
Kaum iſt auf dem Friedhofe das Gräblein zugemacht, wird in der Kirche das Taufbecken auf- gethan. Der erſte Todte und der erſte Täufling an Einem Tage und — aus Einer Familie.
Auf demſelben Waldweg, den heran vor ein par Stunden der Sarg iſt geſchwankt, haben zwei
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0325"n="315"/><p>Als wir, ich und der Pfarrer, mit der Schaufel<lb/>
einige Erdſchollen auf den Sarg geworfen, tritt der<lb/>
Ruß-Bartelmei ganz betrübt zu uns und frägt,<lb/>
was uns ſeine Mutter denn gethan habe, daß wir<lb/>
ihr noch in das Grab die Klöſſe nachſchleuderten?<lb/>
Da haben wir es ihm dargelegt, daß das einen<lb/>
letzten Liebesdienſt bedeute, und daß Erde die ein-<lb/>
zige Gabe ſei, die man einem Todten zu Lieb<lb/>
könne reichen.</p><lb/><p>Darauf hebt der Bartelmei an und ſchaufelt<lb/>
Erde hinab, bis man kein Stückchen mehr ſieht von<lb/>
dem weißen Schrein und die Gräber ihm die<lb/>
Schaufel ſanft aus der Hand nehmen, auf daß ſie<lb/>
die Grube ſchließen.</p><lb/><p>Nach dem Begräbniſſe ſind ſie in das Wirths-<lb/>
haus des Graßſteiger gegangen und haben ſich mit<lb/>
Branntwein erfriſcht .... ſo wie auch die Alten<lb/>
ihren Todten haben nachgetrunken.</p><lb/><p>Gott zählt ſeine Leute auch in Winkelſteg und<lb/>
da darf ihm Keines fehlen.</p><lb/><p>Kaum iſt auf dem Friedhofe das Gräblein<lb/>
zugemacht, wird in der Kirche das Taufbecken auf-<lb/>
gethan. Der erſte Todte und der erſte Täufling an<lb/>
Einem Tage und — aus Einer Familie.</p><lb/><p>Auf demſelben Waldweg, den heran vor ein<lb/>
par Stunden der Sarg iſt geſchwankt, haben zwei<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[315/0325]
Als wir, ich und der Pfarrer, mit der Schaufel
einige Erdſchollen auf den Sarg geworfen, tritt der
Ruß-Bartelmei ganz betrübt zu uns und frägt,
was uns ſeine Mutter denn gethan habe, daß wir
ihr noch in das Grab die Klöſſe nachſchleuderten?
Da haben wir es ihm dargelegt, daß das einen
letzten Liebesdienſt bedeute, und daß Erde die ein-
zige Gabe ſei, die man einem Todten zu Lieb
könne reichen.
Darauf hebt der Bartelmei an und ſchaufelt
Erde hinab, bis man kein Stückchen mehr ſieht von
dem weißen Schrein und die Gräber ihm die
Schaufel ſanft aus der Hand nehmen, auf daß ſie
die Grube ſchließen.
Nach dem Begräbniſſe ſind ſie in das Wirths-
haus des Graßſteiger gegangen und haben ſich mit
Branntwein erfriſcht .... ſo wie auch die Alten
ihren Todten haben nachgetrunken.
Gott zählt ſeine Leute auch in Winkelſteg und
da darf ihm Keines fehlen.
Kaum iſt auf dem Friedhofe das Gräblein
zugemacht, wird in der Kirche das Taufbecken auf-
gethan. Der erſte Todte und der erſte Täufling an
Einem Tage und — aus Einer Familie.
Auf demſelben Waldweg, den heran vor ein
par Stunden der Sarg iſt geſchwankt, haben zwei
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/325>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.