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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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und sucht wieder, und sucht mit großer Gelassenheit
eine lange Weile auf dem Estrich der Hütte, bis
er das letzte Stückchen hebt und ihm die Zahl in
der Hand voll ist. Und selbunter haben wir den
Jungen zum erstenmale lächeln gesehen. Darnach
thut er die Steinknöpfchen wieder in die Tasche
seines Ueberwurfes und geht zu Bette.

Er schläft bald ein.

Wir sind noch lange am Herd gestanden bei
der Spanlunte, und haben unsere Gedanken aus-
gesprochen über das Seltsame, wie es mit und in
diesem Kinde ist.



Christmonat 1818.

Der Knabe Lazarus muß in einer wunderbar
mächtigen Schule gewesen sein. Von seinem Jäh-
zorn ist kaum eine Spur mehr, nur geht, wenn er
erregt ist, ein kurzes, blitzartiges Zucken durch sein
Wesen. Er wird auch wieder fröhlich und heiter.
Von seinem Leben im Jahre seiner Abwesenheit
will er nichts Rechtes aussagen. Paulus hätte ihm
verboten, mehr zu reden, als nöthig. Zuweilen er-
zählt er aber doch, nur sind die Worte unklar und
verwirrt, schier wie Traumrednerei. Er spricht von
einem Felsenhause und von einem guten, finsteren
Manne, und von Bußübungen, und von einem
Kreuzbilde.


und ſucht wieder, und ſucht mit großer Gelaſſenheit
eine lange Weile auf dem Eſtrich der Hütte, bis
er das letzte Stückchen hebt und ihm die Zahl in
der Hand voll iſt. Und ſelbunter haben wir den
Jungen zum erſtenmale lächeln geſehen. Darnach
thut er die Steinknöpfchen wieder in die Taſche
ſeines Ueberwurfes und geht zu Bette.

Er ſchläft bald ein.

Wir ſind noch lange am Herd geſtanden bei
der Spanlunte, und haben unſere Gedanken aus-
geſprochen über das Seltſame, wie es mit und in
dieſem Kinde iſt.



Chriſtmonat 1818.

Der Knabe Lazarus muß in einer wunderbar
mächtigen Schule geweſen ſein. Von ſeinem Jäh-
zorn iſt kaum eine Spur mehr, nur geht, wenn er
erregt iſt, ein kurzes, blitzartiges Zucken durch ſein
Weſen. Er wird auch wieder fröhlich und heiter.
Von ſeinem Leben im Jahre ſeiner Abweſenheit
will er nichts Rechtes ausſagen. Paulus hätte ihm
verboten, mehr zu reden, als nöthig. Zuweilen er-
zählt er aber doch, nur ſind die Worte unklar und
verwirrt, ſchier wie Traumrednerei. Er ſpricht von
einem Felſenhauſe und von einem guten, finſteren
Manne, und von Bußübungen, und von einem
Kreuzbilde.


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[255/0265] und ſucht wieder, und ſucht mit großer Gelaſſenheit eine lange Weile auf dem Eſtrich der Hütte, bis er das letzte Stückchen hebt und ihm die Zahl in der Hand voll iſt. Und ſelbunter haben wir den Jungen zum erſtenmale lächeln geſehen. Darnach thut er die Steinknöpfchen wieder in die Taſche ſeines Ueberwurfes und geht zu Bette. Er ſchläft bald ein. Wir ſind noch lange am Herd geſtanden bei der Spanlunte, und haben unſere Gedanken aus- geſprochen über das Seltſame, wie es mit und in dieſem Kinde iſt. Chriſtmonat 1818. Der Knabe Lazarus muß in einer wunderbar mächtigen Schule geweſen ſein. Von ſeinem Jäh- zorn iſt kaum eine Spur mehr, nur geht, wenn er erregt iſt, ein kurzes, blitzartiges Zucken durch ſein Weſen. Er wird auch wieder fröhlich und heiter. Von ſeinem Leben im Jahre ſeiner Abweſenheit will er nichts Rechtes ausſagen. Paulus hätte ihm verboten, mehr zu reden, als nöthig. Zuweilen er- zählt er aber doch, nur ſind die Worte unklar und verwirrt, ſchier wie Traumrednerei. Er ſpricht von einem Felſenhauſe und von einem guten, finſteren Manne, und von Bußübungen, und von einem Kreuzbilde.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/265>, abgerufen am 25.11.2024.