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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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wir haben unsere gemeinsame Zunge auf dem
Thurm, die in Freude und in Trübsal spricht,
was wir empfinden, aber nicht vermögen zu sagen.
Und der ewige Gottesgedanke, der allüberall weht
und webt, aber nirgends faßbar, und in keinem
Bilde und durch kein Wort voll und ganz aus-
gedrückt werden kann, im klingenden Reife der
Glocke allein nimmt er Gestalt an für unsere
Sinne und wird faßbar unserem Herzen. Und so
bringst du uns, du süßer Glockenklang, trostreiche
Botschaft von außen und von innen und von
oben!"

Die Männer haben mich angestaunt, daß ich
rede, und was es denn viel zu reden gäbe, wenn
Kirchenglocken läuten; das höre man draußen zu
Holdenschlag doch alle Tage. Nur der gute Rüppel
ist bei Seite geeilt und hinter die Erlenbüsche hin,
auf daß er unbeschadet von meiner heiseren Rede
den reinen Glockenton hat hören können.

Vor der Kirche sind sehr viele Menschen ver-
sammelt, um die Glocken zu vernehmen und das
Kreuz zu sehen. Jenes Kreuz, das entsprossen
ist aus dem Samenkorne, so das Vöglein hat ge-
bracht, welches alle tausend Jahre einmal durch den
Wald fliegt.




16*

wir haben unſere gemeinſame Zunge auf dem
Thurm, die in Freude und in Trübſal ſpricht,
was wir empfinden, aber nicht vermögen zu ſagen.
Und der ewige Gottesgedanke, der allüberall weht
und webt, aber nirgends faßbar, und in keinem
Bilde und durch kein Wort voll und ganz aus-
gedrückt werden kann, im klingenden Reife der
Glocke allein nimmt er Geſtalt an für unſere
Sinne und wird faßbar unſerem Herzen. Und ſo
bringſt du uns, du ſüßer Glockenklang, troſtreiche
Botſchaft von außen und von innen und von
oben!“

Die Männer haben mich angeſtaunt, daß ich
rede, und was es denn viel zu reden gäbe, wenn
Kirchenglocken läuten; das höre man draußen zu
Holdenſchlag doch alle Tage. Nur der gute Rüppel
iſt bei Seite geeilt und hinter die Erlenbüſche hin,
auf daß er unbeſchadet von meiner heiſeren Rede
den reinen Glockenton hat hören können.

Vor der Kirche ſind ſehr viele Menſchen ver-
ſammelt, um die Glocken zu vernehmen und das
Kreuz zu ſehen. Jenes Kreuz, das entſproſſen
iſt aus dem Samenkorne, ſo das Vöglein hat ge-
bracht, welches alle tauſend Jahre einmal durch den
Wald fliegt.




16*
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[243/0253] wir haben unſere gemeinſame Zunge auf dem Thurm, die in Freude und in Trübſal ſpricht, was wir empfinden, aber nicht vermögen zu ſagen. Und der ewige Gottesgedanke, der allüberall weht und webt, aber nirgends faßbar, und in keinem Bilde und durch kein Wort voll und ganz aus- gedrückt werden kann, im klingenden Reife der Glocke allein nimmt er Geſtalt an für unſere Sinne und wird faßbar unſerem Herzen. Und ſo bringſt du uns, du ſüßer Glockenklang, troſtreiche Botſchaft von außen und von innen und von oben!“ Die Männer haben mich angeſtaunt, daß ich rede, und was es denn viel zu reden gäbe, wenn Kirchenglocken läuten; das höre man draußen zu Holdenſchlag doch alle Tage. Nur der gute Rüppel iſt bei Seite geeilt und hinter die Erlenbüſche hin, auf daß er unbeſchadet von meiner heiſeren Rede den reinen Glockenton hat hören können. Vor der Kirche ſind ſehr viele Menſchen ver- ſammelt, um die Glocken zu vernehmen und das Kreuz zu ſehen. Jenes Kreuz, das entſproſſen iſt aus dem Samenkorne, ſo das Vöglein hat ge- bracht, welches alle tauſend Jahre einmal durch den Wald fliegt. 16*

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/253>, abgerufen am 23.11.2024.