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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Am Sankt-Markustag 1818.

Der Schnee ist geschmolzen. Drüben im Ge-
senke donnern noch die Lahnen. Vor einem Jahre
haben wir einige Obstbäume gepflanzt; diese grü-
nen jetzt ganz frisch, und der Edelkirschbaum treibt
fünf schneeweiße Blüthen.

Der Kirchenbau hat wieder begonnen. Die
Maurer haben sich auch schon an den Pfarrhof gemacht.
Der wird ein stattliches Haus nach dem Plane des
Waldherrn. Warum muß der Pfarrhof denn größer
sein, als etwan das Schulhaus? Das Schulhaus
soll ja für eine ganze Familie und für eine Schaar
junger Gäste eingerichtet sein; der Pfarrhof herbergt
nur einen oder ein par einzelne Menschen.

Aber der Pfarrhof soll das Heim und die
Zuflucht sein für alle Rath- und Hilfbedürftigen;
eine Freistatt für Verfolgte und Schutzlose, -- der
Mittelpunkt der Gemeinde.

Als Neues in der Jahreszeit kehrt stets das
Alte wieder, die Leute leben in ihrer gewohnten
Beschäftigung und unbewußten Armuth fort.

Ich kann nicht mehr so im Walde herumgehen
um mit den Leuten zu verkehren, von ihnen zu
lernen und ihnen dafür anderweitig zu nützen. Ich

Am Sankt-Markustag 1818.

Der Schnee iſt geſchmolzen. Drüben im Ge-
ſenke donnern noch die Lahnen. Vor einem Jahre
haben wir einige Obſtbäume gepflanzt; dieſe grü-
nen jetzt ganz friſch, und der Edelkirſchbaum treibt
fünf ſchneeweiße Blüthen.

Der Kirchenbau hat wieder begonnen. Die
Maurer haben ſich auch ſchon an den Pfarrhof gemacht.
Der wird ein ſtattliches Haus nach dem Plane des
Waldherrn. Warum muß der Pfarrhof denn größer
ſein, als etwan das Schulhaus? Das Schulhaus
ſoll ja für eine ganze Familie und für eine Schaar
junger Gäſte eingerichtet ſein; der Pfarrhof herbergt
nur einen oder ein par einzelne Menſchen.

Aber der Pfarrhof ſoll das Heim und die
Zuflucht ſein für alle Rath- und Hilfbedürftigen;
eine Freiſtatt für Verfolgte und Schutzloſe, — der
Mittelpunkt der Gemeinde.

Als Neues in der Jahreszeit kehrt ſtets das
Alte wieder, die Leute leben in ihrer gewohnten
Beſchäftigung und unbewußten Armuth fort.

Ich kann nicht mehr ſo im Walde herumgehen
um mit den Leuten zu verkehren, von ihnen zu
lernen und ihnen dafür anderweitig zu nützen. Ich

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[214/0224] Am Sankt-Markustag 1818. Der Schnee iſt geſchmolzen. Drüben im Ge- ſenke donnern noch die Lahnen. Vor einem Jahre haben wir einige Obſtbäume gepflanzt; dieſe grü- nen jetzt ganz friſch, und der Edelkirſchbaum treibt fünf ſchneeweiße Blüthen. Der Kirchenbau hat wieder begonnen. Die Maurer haben ſich auch ſchon an den Pfarrhof gemacht. Der wird ein ſtattliches Haus nach dem Plane des Waldherrn. Warum muß der Pfarrhof denn größer ſein, als etwan das Schulhaus? Das Schulhaus ſoll ja für eine ganze Familie und für eine Schaar junger Gäſte eingerichtet ſein; der Pfarrhof herbergt nur einen oder ein par einzelne Menſchen. Aber der Pfarrhof ſoll das Heim und die Zuflucht ſein für alle Rath- und Hilfbedürftigen; eine Freiſtatt für Verfolgte und Schutzloſe, — der Mittelpunkt der Gemeinde. Als Neues in der Jahreszeit kehrt ſtets das Alte wieder, die Leute leben in ihrer gewohnten Beſchäftigung und unbewußten Armuth fort. Ich kann nicht mehr ſo im Walde herumgehen um mit den Leuten zu verkehren, von ihnen zu lernen und ihnen dafür anderweitig zu nützen. Ich

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/224>, abgerufen am 27.11.2024.