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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Feierglockenklingen und lieblichen Engelsstimmen.
Aber nur die Sterne leuchten über den Waldbergen,
heute wie gestern und immer. Ein kalter Lufthauch
weht über den Wipfeln; Eisflämmchen flimmern
nieder von den Kronen und zuweilen schüttelt ein
Geäste seine Schneelast ab.

Aber anders berührt in dieser Nacht das
Flimmern und das Fallen des Schnees, und die
Menschengemüther zittern in sehnsuchtsvoller Er-
wartung des Erlösers.

Ich habe ein einfältig Christbäumchen zu-
sammengerichtet und dasselbe der Anna Maria Ruß
in die Lautergräben geschickt. Ich denke, die Kerzen-
flammen müssen freundlich spiegeln in den Aeuglein
ihres Kleinen. Vielleicht, daß gar ein Flämmchen
in's junge Herz hineinzuckt.

In der Hütte der Witwe kann kein Christ-
baum sein. Auf dem Grabe des Mathes liegt sehr
viel Schnee; das Briefgehäuse aus Reisig hat eine
hohe Haube. Der flehende Brief der Mutter an
das Kind muß verderben, ohne erbrochen und
gelesen worden zu sein.




14*

Feierglockenklingen und lieblichen Engelsſtimmen.
Aber nur die Sterne leuchten über den Waldbergen,
heute wie geſtern und immer. Ein kalter Lufthauch
weht über den Wipfeln; Eisflämmchen flimmern
nieder von den Kronen und zuweilen ſchüttelt ein
Geäſte ſeine Schneelaſt ab.

Aber anders berührt in dieſer Nacht das
Flimmern und das Fallen des Schnees, und die
Menſchengemüther zittern in ſehnſuchtsvoller Er-
wartung des Erlöſers.

Ich habe ein einfältig Chriſtbäumchen zu-
ſammengerichtet und dasſelbe der Anna Maria Ruß
in die Lautergräben geſchickt. Ich denke, die Kerzen-
flammen müſſen freundlich ſpiegeln in den Aeuglein
ihres Kleinen. Vielleicht, daß gar ein Flämmchen
in’s junge Herz hineinzuckt.

In der Hütte der Witwe kann kein Chriſt-
baum ſein. Auf dem Grabe des Mathes liegt ſehr
viel Schnee; das Briefgehäuſe aus Reiſig hat eine
hohe Haube. Der flehende Brief der Mutter an
das Kind muß verderben, ohne erbrochen und
geleſen worden zu ſein.




14*
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[211/0221] Feierglockenklingen und lieblichen Engelsſtimmen. Aber nur die Sterne leuchten über den Waldbergen, heute wie geſtern und immer. Ein kalter Lufthauch weht über den Wipfeln; Eisflämmchen flimmern nieder von den Kronen und zuweilen ſchüttelt ein Geäſte ſeine Schneelaſt ab. Aber anders berührt in dieſer Nacht das Flimmern und das Fallen des Schnees, und die Menſchengemüther zittern in ſehnſuchtsvoller Er- wartung des Erlöſers. Ich habe ein einfältig Chriſtbäumchen zu- ſammengerichtet und dasſelbe der Anna Maria Ruß in die Lautergräben geſchickt. Ich denke, die Kerzen- flammen müſſen freundlich ſpiegeln in den Aeuglein ihres Kleinen. Vielleicht, daß gar ein Flämmchen in’s junge Herz hineinzuckt. In der Hütte der Witwe kann kein Chriſt- baum ſein. Auf dem Grabe des Mathes liegt ſehr viel Schnee; das Briefgehäuſe aus Reiſig hat eine hohe Haube. Der flehende Brief der Mutter an das Kind muß verderben, ohne erbrochen und geleſen worden zu ſein. 14*

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/221>, abgerufen am 24.11.2024.