das Almmädchen. Sie eilt auf mich zu, erhascht meine Hände und ruft: "Weil ihr's nur seid, weil ich euch nur finde!" Dann schaut sie mich an, und es stockt ihr der Athem, und sie vermag den Auf- ruhr in ihr nicht niederzudämpfen. "Es hat einen bösen Schick!" schreit sie wieder, "aber ein ander Mittel weiß ich nimmer. Der bös' Feind stellt mir fürchterlich nach, mir und ihm gleichwol auch. Wir fürchten die Leut' jetztund, aber euch bin ich zuge- laufen; ihr seid fromm und hochgelehrt! ihr helft uns, daß wir nicht versinken allbeid', ich und der Berthold! Wir wollen in Ehren und Sitten leben, Gebt uns den Eh'spruch!"
Ich weiß anfangs völlig nicht, was das be- deutet, und als ich es endlich erfahre, sage ich: "Habt ihr den treuen Willen, so wird euch der Eh'segen von der Kirche nicht vorenthalten werden."
"Mein Gott im Himmel!" schreit das Mäd- chen, "mit der Kirche heben wir nichts mehr an, die versagt uns die Ehe, weil wir kein Geld haben. Aber wenn der Herrgott bös' auf uns thät' werden, das wäre arg! -- Das Gewissen läßt mir keine Ruh', und zu tausendmal bitt' ich euch, schenket uns den Segen, den jeder Mensch kann schenken. Ihr seid wol selber noch jung, und habt ihr ein Lieb, so werdet ihr's wissen, es gibt kein Lösen und Lassen. Wir leben in der Wildheit zusammen, weil
das Almmädchen. Sie eilt auf mich zu, erhaſcht meine Hände und ruft: „Weil ihr’s nur ſeid, weil ich euch nur finde!“ Dann ſchaut ſie mich an, und es ſtockt ihr der Athem, und ſie vermag den Auf- ruhr in ihr nicht niederzudämpfen. „Es hat einen böſen Schick!“ ſchreit ſie wieder, „aber ein ander Mittel weiß ich nimmer. Der böſ’ Feind ſtellt mir fürchterlich nach, mir und ihm gleichwol auch. Wir fürchten die Leut’ jetztund, aber euch bin ich zuge- laufen; ihr ſeid fromm und hochgelehrt! ihr helft uns, daß wir nicht verſinken allbeid’, ich und der Berthold! Wir wollen in Ehren und Sitten leben, Gebt uns den Eh’ſpruch!“
Ich weiß anfangs völlig nicht, was das be- deutet, und als ich es endlich erfahre, ſage ich: „Habt ihr den treuen Willen, ſo wird euch der Eh’ſegen von der Kirche nicht vorenthalten werden.“
„Mein Gott im Himmel!“ ſchreit das Mäd- chen, „mit der Kirche heben wir nichts mehr an, die verſagt uns die Ehe, weil wir kein Geld haben. Aber wenn der Herrgott böſ’ auf uns thät’ werden, das wäre arg! — Das Gewiſſen läßt mir keine Ruh’, und zu tauſendmal bitt’ ich euch, ſchenket uns den Segen, den jeder Menſch kann ſchenken. Ihr ſeid wol ſelber noch jung, und habt ihr ein Lieb, ſo werdet ihr’s wiſſen, es gibt kein Löſen und Laſſen. Wir leben in der Wildheit zuſammen, weil
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das Almmädchen. Sie eilt auf mich zu, erhaſcht
meine Hände und ruft: „Weil ihr’s nur ſeid, weil
ich euch nur finde!“ Dann ſchaut ſie mich an, und
es ſtockt ihr der Athem, und ſie vermag den Auf-
ruhr in ihr nicht niederzudämpfen. „Es hat einen
böſen Schick!“ ſchreit ſie wieder, „aber ein ander
Mittel weiß ich nimmer. Der böſ’ Feind ſtellt mir
fürchterlich nach, mir und ihm gleichwol auch. Wir
fürchten die Leut’ jetztund, aber euch bin ich zuge-
laufen; ihr ſeid fromm und hochgelehrt! ihr helft
uns, daß wir nicht verſinken allbeid’, ich und der
Berthold! Wir wollen in Ehren und Sitten leben,
Gebt uns den Eh’ſpruch!“
Ich weiß anfangs völlig nicht, was das be-
deutet, und als ich es endlich erfahre, ſage ich:
„Habt ihr den treuen Willen, ſo wird euch der
Eh’ſegen von der Kirche nicht vorenthalten werden.“
„Mein Gott im Himmel!“ ſchreit das Mäd-
chen, „mit der Kirche heben wir nichts mehr an,
die verſagt uns die Ehe, weil wir kein Geld haben.
Aber wenn der Herrgott böſ’ auf uns thät’ werden,
das wäre arg! — Das Gewiſſen läßt mir keine
Ruh’, und zu tauſendmal bitt’ ich euch, ſchenket uns
den Segen, den jeder Menſch kann ſchenken. Ihr
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ſo werdet ihr’s wiſſen, es gibt kein Löſen und
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/209>, abgerufen am 23.11.2024.
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