Mirzel, Mirl, Mili, Mirz, Marz umgewandelt und ausgesprochen wird. Aehnlich geht es mit anderen Namen; und kommt Einer von draußen, so muß er sich eine Umwandlung nach den Zungen der Hiesigen sogleich gefallen lassen. Mich haben sie einige Zeit den Andredl geheißen; aber das ist ihnen ein zu großer Name für einen so kleinen Menschen, und heute bin ich nur mehr der Redl.
Von Geschlechtsnamen wissen schon gar die Wenigsten was. Viele mögen den ihren wol ver- loren, vergessen, Andere einen solchen nie gehabt haben. Die Leute gebrauchen eine eigene Form, ihre Abstammung und Zugehörigkeit zu bestimmen. Beim Hansl-Toni-Sepp! Das ist ein Hausname, und es ist damit angezeigt, daß der Besitzer des Hauses Sepp heißt, dessen Vater aber Toni und dessen Großvater Hansel genannt worden ist. -- Die Kathi-Hani-Waba-Mirz-Margareth! Da ist die Kathi die Ururgroßmutter der Margareth. -- Der Stamm mag doch schon lange in der Wald- einsamkeit stehen.
Und so wird eine Person oft durch ein halbes Dutzend Namen bezeichnet und Jeder schleppt die rostige Kette seiner Vorfahren hinter sich her. Es ist das einzige Erbe und Denkmal.
Das Wirrsal darf aber nicht so bleiben. Die Namen müssen für das Pfarrbuch vorbereitet werden.
Mirzel, Mirl, Mili, Mirz, Marz umgewandelt und ausgeſprochen wird. Aehnlich geht es mit anderen Namen; und kommt Einer von draußen, ſo muß er ſich eine Umwandlung nach den Zungen der Hieſigen ſogleich gefallen laſſen. Mich haben ſie einige Zeit den Andredl geheißen; aber das iſt ihnen ein zu großer Name für einen ſo kleinen Menſchen, und heute bin ich nur mehr der Redl.
Von Geſchlechtsnamen wiſſen ſchon gar die Wenigſten was. Viele mögen den ihren wol ver- loren, vergeſſen, Andere einen ſolchen nie gehabt haben. Die Leute gebrauchen eine eigene Form, ihre Abſtammung und Zugehörigkeit zu beſtimmen. Beim Hanſl-Toni-Sepp! Das iſt ein Hausname, und es iſt damit angezeigt, daß der Beſitzer des Hauſes Sepp heißt, deſſen Vater aber Toni und deſſen Großvater Hanſel genannt worden iſt. — Die Kathi-Hani-Waba-Mirz-Margareth! Da iſt die Kathi die Ururgroßmutter der Margareth. — Der Stamm mag doch ſchon lange in der Wald- einſamkeit ſtehen.
Und ſo wird eine Perſon oft durch ein halbes Dutzend Namen bezeichnet und Jeder ſchleppt die roſtige Kette ſeiner Vorfahren hinter ſich her. Es iſt das einzige Erbe und Denkmal.
Das Wirrſal darf aber nicht ſo bleiben. Die Namen müſſen für das Pfarrbuch vorbereitet werden.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0198"n="188"/>
Mirzel, Mirl, Mili, Mirz, Marz umgewandelt<lb/>
und ausgeſprochen wird. Aehnlich geht es mit<lb/>
anderen Namen; und kommt Einer von draußen, ſo<lb/>
muß er ſich eine Umwandlung nach den Zungen der<lb/>
Hieſigen ſogleich gefallen laſſen. Mich haben ſie<lb/>
einige Zeit den Andredl geheißen; aber das iſt ihnen<lb/>
ein zu großer Name für einen ſo kleinen Menſchen,<lb/>
und heute bin ich nur mehr der Redl.</p><lb/><p>Von Geſchlechtsnamen wiſſen ſchon gar die<lb/>
Wenigſten was. Viele mögen den ihren wol ver-<lb/>
loren, vergeſſen, Andere einen ſolchen nie gehabt<lb/>
haben. Die Leute gebrauchen eine eigene Form,<lb/>
ihre Abſtammung und Zugehörigkeit zu beſtimmen.<lb/>
Beim Hanſl-Toni-Sepp! Das iſt ein Hausname,<lb/>
und es iſt damit angezeigt, daß der Beſitzer des<lb/>
Hauſes Sepp heißt, deſſen Vater aber Toni und<lb/>
deſſen Großvater Hanſel genannt worden iſt. —<lb/>
Die Kathi-Hani-Waba-Mirz-Margareth! Da iſt<lb/>
die Kathi die Ururgroßmutter der Margareth. —<lb/>
Der Stamm mag doch ſchon lange in der Wald-<lb/>
einſamkeit ſtehen.</p><lb/><p>Und ſo wird eine Perſon oft durch ein halbes<lb/>
Dutzend Namen bezeichnet und Jeder ſchleppt die<lb/>
roſtige Kette ſeiner Vorfahren hinter ſich her. Es<lb/>
iſt das einzige Erbe und Denkmal.</p><lb/><p>Das Wirrſal darf aber nicht ſo bleiben. Die<lb/>
Namen müſſen für das Pfarrbuch vorbereitet werden.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[188/0198]
Mirzel, Mirl, Mili, Mirz, Marz umgewandelt
und ausgeſprochen wird. Aehnlich geht es mit
anderen Namen; und kommt Einer von draußen, ſo
muß er ſich eine Umwandlung nach den Zungen der
Hieſigen ſogleich gefallen laſſen. Mich haben ſie
einige Zeit den Andredl geheißen; aber das iſt ihnen
ein zu großer Name für einen ſo kleinen Menſchen,
und heute bin ich nur mehr der Redl.
Von Geſchlechtsnamen wiſſen ſchon gar die
Wenigſten was. Viele mögen den ihren wol ver-
loren, vergeſſen, Andere einen ſolchen nie gehabt
haben. Die Leute gebrauchen eine eigene Form,
ihre Abſtammung und Zugehörigkeit zu beſtimmen.
Beim Hanſl-Toni-Sepp! Das iſt ein Hausname,
und es iſt damit angezeigt, daß der Beſitzer des
Hauſes Sepp heißt, deſſen Vater aber Toni und
deſſen Großvater Hanſel genannt worden iſt. —
Die Kathi-Hani-Waba-Mirz-Margareth! Da iſt
die Kathi die Ururgroßmutter der Margareth. —
Der Stamm mag doch ſchon lange in der Wald-
einſamkeit ſtehen.
Und ſo wird eine Perſon oft durch ein halbes
Dutzend Namen bezeichnet und Jeder ſchleppt die
roſtige Kette ſeiner Vorfahren hinter ſich her. Es
iſt das einzige Erbe und Denkmal.
Das Wirrſal darf aber nicht ſo bleiben. Die
Namen müſſen für das Pfarrbuch vorbereitet werden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/198>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.