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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Der Tempel soll die Schutzstätte in den Stürmen
dieser Welt, und er soll der Vorhof der Ewig-
keit sein.

Der Thurm des Waldkirchleins sei schlank
und luftig, wie ein aufwärts weisender Finger,
mahnend, drohend oder verheißend. Drei Glöcklein
mögen die Dreizahl in der Einheit Gottes verkün-
den und das dreitönige Lied singen von Glaube,
Hoffnung und Liebe. Einen recht schönen Platz
möchte ich der Orgel bestimmen, denn der Orgel-
ton muß den Armen im Geiste so die Predigt
nicht verstehen -- das Wort Gottes sein.

Vergoldete Bilder und prunkende Zierrathen
in der Kirche sind verwerflich; die Gottesehre soll
nicht liebäugeln mit Schätzen dieser Erde. Mit dem
Einfachen und durch das Einheitliche kann man am
beredtesten und würdigsten den Gott- und Ewigkeit-
gedanken versinnlichen.

Es muß aber noch des Weiteren das Zweck-
mäßige bedacht werden. So habe ich für die Mauern
der Trockenheit wegen Backsteine vorgeschlagen. Die
Bänke und Stühle müssen zum Ausruhen einge-
richtet sein, denn der Sonntag ist ein Ruhetag.
Wenn während des Orgelklingens auch einmal
Einer einnickt, was weiter? er träumt in den
Himmel hinüber. -- Für den Fußboden sind die
Steinplatten zu feucht und kalt, dicke Fichtenläden

Der Tempel ſoll die Schutzſtätte in den Stürmen
dieſer Welt, und er ſoll der Vorhof der Ewig-
keit ſein.

Der Thurm des Waldkirchleins ſei ſchlank
und luftig, wie ein aufwärts weiſender Finger,
mahnend, drohend oder verheißend. Drei Glöcklein
mögen die Dreizahl in der Einheit Gottes verkün-
den und das dreitönige Lied ſingen von Glaube,
Hoffnung und Liebe. Einen recht ſchönen Platz
möchte ich der Orgel beſtimmen, denn der Orgel-
ton muß den Armen im Geiſte ſo die Predigt
nicht verſtehen — das Wort Gottes ſein.

Vergoldete Bilder und prunkende Zierrathen
in der Kirche ſind verwerflich; die Gottesehre ſoll
nicht liebäugeln mit Schätzen dieſer Erde. Mit dem
Einfachen und durch das Einheitliche kann man am
beredteſten und würdigſten den Gott- und Ewigkeit-
gedanken verſinnlichen.

Es muß aber noch des Weiteren das Zweck-
mäßige bedacht werden. So habe ich für die Mauern
der Trockenheit wegen Backſteine vorgeſchlagen. Die
Bänke und Stühle müſſen zum Ausruhen einge-
richtet ſein, denn der Sonntag iſt ein Ruhetag.
Wenn während des Orgelklingens auch einmal
Einer einnickt, was weiter? er träumt in den
Himmel hinüber. — Für den Fußboden ſind die
Steinplatten zu feucht und kalt, dicke Fichtenläden

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[182/0192] Der Tempel ſoll die Schutzſtätte in den Stürmen dieſer Welt, und er ſoll der Vorhof der Ewig- keit ſein. Der Thurm des Waldkirchleins ſei ſchlank und luftig, wie ein aufwärts weiſender Finger, mahnend, drohend oder verheißend. Drei Glöcklein mögen die Dreizahl in der Einheit Gottes verkün- den und das dreitönige Lied ſingen von Glaube, Hoffnung und Liebe. Einen recht ſchönen Platz möchte ich der Orgel beſtimmen, denn der Orgel- ton muß den Armen im Geiſte ſo die Predigt nicht verſtehen — das Wort Gottes ſein. Vergoldete Bilder und prunkende Zierrathen in der Kirche ſind verwerflich; die Gottesehre ſoll nicht liebäugeln mit Schätzen dieſer Erde. Mit dem Einfachen und durch das Einheitliche kann man am beredteſten und würdigſten den Gott- und Ewigkeit- gedanken verſinnlichen. Es muß aber noch des Weiteren das Zweck- mäßige bedacht werden. So habe ich für die Mauern der Trockenheit wegen Backſteine vorgeſchlagen. Die Bänke und Stühle müſſen zum Ausruhen einge- richtet ſein, denn der Sonntag iſt ein Ruhetag. Wenn während des Orgelklingens auch einmal Einer einnickt, was weiter? er träumt in den Himmel hinüber. — Für den Fußboden ſind die Steinplatten zu feucht und kalt, dicke Fichtenläden

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/192>, abgerufen am 21.11.2024.