"Ist wol kein Tröpfel im Keller gewesen, so lang das Haus steht," versetzte der Wirth, "aber Holzapfelmost hätt' ich einen rechtschaffen guten."
Das war mir schon recht; aber als er in den Keller gehen wollte, trippelte sein Weib herbei, nahm ihm hastig den Schlüssel aus der Hand: "Geh, La- zarus, schneutz' dem Herrn das Licht; fein geschwind, Lazarus, wirst schon dein Tröpfel noch kriegen."
Ein wenig brummend kam er zum Tisch zu- rück, reinigte den Docht der Unschlittkerze, sah mich eine Weile so an und frug endlich: "Der Herr ist zuletzt gar unser neuer Schulmeister? -- Nicht? -- So, auf den grauen Zahn hinauf geht die Wander? Wird morgen wol nicht gehen. Ist auch diesen Som- mer noch kein Mensch hinaufgestiegen. Das muß Einer im Frühherbst thun; zur andern Zeit ist kein Verlaß auf das Wetter. -- Nu, wie man halt schon so nachgrübelt; ich hab' gemeint, der Herr dürft' der neue Schulmeister sein. Es versteigt sich sonst wun- derselten Einer da herein, der nicht herein gehört. Auf den neuen Schulmeister warten wir schon alle Tag. Der alte ist uns durchgegangen; -- hat der Herr nichts gehört?"
"So, Lazarus, thu' schön fein plaudern mit dem Herrn," sagte die Wirthin im zärtlichen Tone zu ihrem Manne, als sie mir den Most und zu- gleich auch die Abendsuppe vorsetzte.
„Iſt wol kein Tröpfel im Keller geweſen, ſo lang das Haus ſteht,“ verſetzte der Wirth, „aber Holzapfelmoſt hätt’ ich einen rechtſchaffen guten.“
Das war mir ſchon recht; aber als er in den Keller gehen wollte, trippelte ſein Weib herbei, nahm ihm haſtig den Schlüſſel aus der Hand: „Geh, La- zarus, ſchneutz’ dem Herrn das Licht; fein geſchwind, Lazarus, wirſt ſchon dein Tröpfel noch kriegen.“
Ein wenig brummend kam er zum Tiſch zu- rück, reinigte den Docht der Unſchlittkerze, ſah mich eine Weile ſo an und frug endlich: „Der Herr iſt zuletzt gar unſer neuer Schulmeiſter? — Nicht? — So, auf den grauen Zahn hinauf geht die Wander? Wird morgen wol nicht gehen. Iſt auch dieſen Som- mer noch kein Menſch hinaufgeſtiegen. Das muß Einer im Frühherbſt thun; zur andern Zeit iſt kein Verlaß auf das Wetter. — Nu, wie man halt ſchon ſo nachgrübelt; ich hab’ gemeint, der Herr dürft’ der neue Schulmeiſter ſein. Es verſteigt ſich ſonſt wun- derſelten Einer da herein, der nicht herein gehört. Auf den neuen Schulmeiſter warten wir ſchon alle Tag. Der alte iſt uns durchgegangen; — hat der Herr nichts gehört?“
„So, Lazarus, thu’ ſchön fein plaudern mit dem Herrn,“ ſagte die Wirthin im zärtlichen Tone zu ihrem Manne, als ſie mir den Moſt und zu- gleich auch die Abendſuppe vorſetzte.
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„Iſt wol kein Tröpfel im Keller geweſen, ſo
lang das Haus ſteht,“ verſetzte der Wirth, „aber
Holzapfelmoſt hätt’ ich einen rechtſchaffen guten.“
Das war mir ſchon recht; aber als er in den
Keller gehen wollte, trippelte ſein Weib herbei, nahm
ihm haſtig den Schlüſſel aus der Hand: „Geh, La-
zarus, ſchneutz’ dem Herrn das Licht; fein geſchwind,
Lazarus, wirſt ſchon dein Tröpfel noch kriegen.“
Ein wenig brummend kam er zum Tiſch zu-
rück, reinigte den Docht der Unſchlittkerze, ſah mich
eine Weile ſo an und frug endlich: „Der Herr iſt
zuletzt gar unſer neuer Schulmeiſter? — Nicht? —
So, auf den grauen Zahn hinauf geht die Wander?
Wird morgen wol nicht gehen. Iſt auch dieſen Som-
mer noch kein Menſch hinaufgeſtiegen. Das muß
Einer im Frühherbſt thun; zur andern Zeit iſt kein
Verlaß auf das Wetter. — Nu, wie man halt ſchon
ſo nachgrübelt; ich hab’ gemeint, der Herr dürft’ der
neue Schulmeiſter ſein. Es verſteigt ſich ſonſt wun-
derſelten Einer da herein, der nicht herein gehört.
Auf den neuen Schulmeiſter warten wir ſchon alle
Tag. Der alte iſt uns durchgegangen; — hat der
Herr nichts gehört?“
„So, Lazarus, thu’ ſchön fein plaudern mit
dem Herrn,“ ſagte die Wirthin im zärtlichen Tone
zu ihrem Manne, als ſie mir den Moſt und zu-
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/17>, abgerufen am 23.11.2024.
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