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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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es nicht thun, wirst morgen begraben. -- Von all
dem hab' ich im selbigen Augenblick nichts gewußt,
wie ich so im Dickicht versteckt bin. Hab' aber lang
gelauert und gemeint, 's wär hell erlogen, daß sie
mich fangen. Da hör' ich die Base rufen: Geh
her, Hiesel, die Ueberreiter sind lang schon davon!
-- Ich spring' auf und der Hütte zu, da seh' ich
schon das Weibel die Händ' über den Kopf zu-
sammenschlagen, da hör' ich schon das Lachen und
ich steh mitten drinn unter den Ueberreitern. Herr-
gotts Kreuz! da bin ich wol nach meinem Taschen-
veitel gefahren! hat mir aber Einer den Kolben
an den Arm gehaut, daß ich die Hand -- die link'
Hand da -- heutigen Tags noch nicht recht mag
lenken. Viel gescheidter und stärker sind sie gewesen,
als wie der arme, ausgehungerte Teufel, der
Mathes. -- Und ein par Tag drauf gehts über
mich los. -- Herr, wenn jeder Spießruthenstreich
ein Blitzschlag auf mich wär gewesen, und ich doch
nicht hätt' versterben können, mir lieber zu tausend-
mal als so, da mich ein Mensch geschlagen und be-
handelt hat, wie ein leibeigen Thier. -- Die zwei-
hundert Ruthenstreiche damalen haben den Teufel
in mich hineingeschlagen. Zehnfach hab' ich seither
die Streiche zurückgegeben, und gar an meine
Genossen im Wald, wenn mich das Blut an-
hebt zu jucken. Aber vermeint ist's wem Andern

es nicht thun, wirſt morgen begraben. — Von all
dem hab’ ich im ſelbigen Augenblick nichts gewußt,
wie ich ſo im Dickicht verſteckt bin. Hab’ aber lang
gelauert und gemeint, ’s wär hell erlogen, daß ſie
mich fangen. Da hör’ ich die Baſe rufen: Geh
her, Hieſel, die Ueberreiter ſind lang ſchon davon!
— Ich ſpring’ auf und der Hütte zu, da ſeh’ ich
ſchon das Weibel die Händ’ über den Kopf zu-
ſammenſchlagen, da hör’ ich ſchon das Lachen und
ich ſteh mitten drinn unter den Ueberreitern. Herr-
gotts Kreuz! da bin ich wol nach meinem Taſchen-
veitel gefahren! hat mir aber Einer den Kolben
an den Arm gehaut, daß ich die Hand — die link’
Hand da — heutigen Tags noch nicht recht mag
lenken. Viel geſcheidter und ſtärker ſind ſie geweſen,
als wie der arme, ausgehungerte Teufel, der
Mathes. — Und ein par Tag drauf gehts über
mich los. — Herr, wenn jeder Spießruthenſtreich
ein Blitzſchlag auf mich wär geweſen, und ich doch
nicht hätt’ verſterben können, mir lieber zu tauſend-
mal als ſo, da mich ein Menſch geſchlagen und be-
handelt hat, wie ein leibeigen Thier. — Die zwei-
hundert Ruthenſtreiche damalen haben den Teufel
in mich hineingeſchlagen. Zehnfach hab’ ich ſeither
die Streiche zurückgegeben, und gar an meine
Genoſſen im Wald, wenn mich das Blut an-
hebt zu jucken. Aber vermeint iſt’s wem Andern

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[133/0143] es nicht thun, wirſt morgen begraben. — Von all dem hab’ ich im ſelbigen Augenblick nichts gewußt, wie ich ſo im Dickicht verſteckt bin. Hab’ aber lang gelauert und gemeint, ’s wär hell erlogen, daß ſie mich fangen. Da hör’ ich die Baſe rufen: Geh her, Hieſel, die Ueberreiter ſind lang ſchon davon! — Ich ſpring’ auf und der Hütte zu, da ſeh’ ich ſchon das Weibel die Händ’ über den Kopf zu- ſammenſchlagen, da hör’ ich ſchon das Lachen und ich ſteh mitten drinn unter den Ueberreitern. Herr- gotts Kreuz! da bin ich wol nach meinem Taſchen- veitel gefahren! hat mir aber Einer den Kolben an den Arm gehaut, daß ich die Hand — die link’ Hand da — heutigen Tags noch nicht recht mag lenken. Viel geſcheidter und ſtärker ſind ſie geweſen, als wie der arme, ausgehungerte Teufel, der Mathes. — Und ein par Tag drauf gehts über mich los. — Herr, wenn jeder Spießruthenſtreich ein Blitzſchlag auf mich wär geweſen, und ich doch nicht hätt’ verſterben können, mir lieber zu tauſend- mal als ſo, da mich ein Menſch geſchlagen und be- handelt hat, wie ein leibeigen Thier. — Die zwei- hundert Ruthenſtreiche damalen haben den Teufel in mich hineingeſchlagen. Zehnfach hab’ ich ſeither die Streiche zurückgegeben, und gar an meine Genoſſen im Wald, wenn mich das Blut an- hebt zu jucken. Aber vermeint iſt’s wem Andern

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/143>, abgerufen am 23.11.2024.