Im Hinterwinkel steht die unheimliche Hütte. Ich bin vor Kurzem in ihr gewesen und hab den Raufbold Mathes, den Menschen mit der herben Schale gesehen. Es ist ein gar kleines, hageres Männchen, liegt hingestreckt auf einem Mooslager und hat Arm und Kopf in Fetzen gewunden. Er ist arg verletzt.
Die Fenster der Klause sind mit Lappen ver- deckt; der Mann kann das Licht nicht vertragen. Sein Weib, jung und anmuthig, aber abgehärmt zum Erbarmen, kniet neben ihm und netzt ihm mit Holzapfelessig die Stirne. Sein Auge starrt sie fast leblos an, aber sein Mund mit den schneeweißen Zähnen ist, als wolle er lächeln. Der Mann riecht stark nach Pechöl.
Als ich eintrete, hockt ein blasser, schwarz- lockiger Knabe und ein helläugiges Mädchen zu seinen Füßen und diese Kinder spielen mit Moos- flocken.
Der ſchwarze Mathes.
Im Hinterwinkel ſteht die unheimliche Hütte. Ich bin vor Kurzem in ihr geweſen und hab den Raufbold Mathes, den Menſchen mit der herben Schale geſehen. Es iſt ein gar kleines, hageres Männchen, liegt hingeſtreckt auf einem Mooslager und hat Arm und Kopf in Fetzen gewunden. Er iſt arg verletzt.
Die Fenſter der Klauſe ſind mit Lappen ver- deckt; der Mann kann das Licht nicht vertragen. Sein Weib, jung und anmuthig, aber abgehärmt zum Erbarmen, kniet neben ihm und netzt ihm mit Holzapfeleſſig die Stirne. Sein Auge ſtarrt ſie faſt leblos an, aber ſein Mund mit den ſchneeweißen Zähnen iſt, als wolle er lächeln. Der Mann riecht ſtark nach Pechöl.
Als ich eintrete, hockt ein blaſſer, ſchwarz- lockiger Knabe und ein helläugiges Mädchen zu ſeinen Füßen und dieſe Kinder ſpielen mit Moos- flocken.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0137"n="127"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Der ſchwarze Mathes.</hi></head><lb/><p>Im Hinterwinkel ſteht die unheimliche Hütte.<lb/>
Ich bin vor Kurzem in ihr geweſen und hab den<lb/>
Raufbold Mathes, den Menſchen mit der herben<lb/>
Schale geſehen. Es iſt ein gar kleines, hageres<lb/>
Männchen, liegt hingeſtreckt auf einem Mooslager<lb/>
und hat Arm und Kopf in Fetzen gewunden. Er<lb/>
iſt arg verletzt.</p><lb/><p>Die Fenſter der Klauſe ſind mit Lappen ver-<lb/>
deckt; der Mann kann das Licht nicht vertragen.<lb/>
Sein Weib, jung und anmuthig, aber abgehärmt<lb/>
zum Erbarmen, kniet neben ihm und netzt ihm mit<lb/>
Holzapfeleſſig die Stirne. Sein Auge ſtarrt ſie faſt<lb/>
leblos an, aber ſein Mund mit den ſchneeweißen<lb/>
Zähnen iſt, als wolle er lächeln. Der Mann riecht<lb/>ſtark nach Pechöl.</p><lb/><p>Als ich eintrete, hockt ein blaſſer, ſchwarz-<lb/>
lockiger Knabe und ein helläugiges Mädchen zu<lb/>ſeinen Füßen und dieſe Kinder ſpielen mit Moos-<lb/>
flocken.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[127/0137]
Der ſchwarze Mathes.
Im Hinterwinkel ſteht die unheimliche Hütte.
Ich bin vor Kurzem in ihr geweſen und hab den
Raufbold Mathes, den Menſchen mit der herben
Schale geſehen. Es iſt ein gar kleines, hageres
Männchen, liegt hingeſtreckt auf einem Mooslager
und hat Arm und Kopf in Fetzen gewunden. Er
iſt arg verletzt.
Die Fenſter der Klauſe ſind mit Lappen ver-
deckt; der Mann kann das Licht nicht vertragen.
Sein Weib, jung und anmuthig, aber abgehärmt
zum Erbarmen, kniet neben ihm und netzt ihm mit
Holzapfeleſſig die Stirne. Sein Auge ſtarrt ſie faſt
leblos an, aber ſein Mund mit den ſchneeweißen
Zähnen iſt, als wolle er lächeln. Der Mann riecht
ſtark nach Pechöl.
Als ich eintrete, hockt ein blaſſer, ſchwarz-
lockiger Knabe und ein helläugiges Mädchen zu
ſeinen Füßen und dieſe Kinder ſpielen mit Moos-
flocken.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/137>, abgerufen am 06.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.