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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842.

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zes Haar in Flechten unter dem Tuche herab hängt, N002
während es bei den letzteren auf dem Kopfe zusammen N003
geflochten ist. Ehen so eigenthümlich wie ihre Tracht N004
sind auch ihre Tänze, die stets nur von einem Paare N005
aufgeführt werden, und in nichts anderem bestehen, N006
als dass sich Herr und Dame mit halb erhobenen Händen N007
abwechselnd trippelnd nähern und wieder von einander N008
entfernen. So einfach dieser Tanz ist, so wurde er N009
doch von den Armenierinnen, von denen mehrere bei N010
ihren feurigen schwarzen Augen ein sehr feines Ge- N011
sicht hatten, mit vieler Grazie ausgeführt, so dass man N012
ihn recht gern sah. Ausser diesen Tänzen wurden N013
nun die gewöhnlichen Polonaisen, Ecossaisen, Wal- N014
zer und Contretänze wie in Berlin aufgeführt. Viele N015
der vornehmen Armenier trugen indessen nicht ihre N016
Nationaltracht, sondern hatten europäische Kleider an- N017
gelegt.

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Was endlich die Tataren betrifft, so sind sie die N002
Abkömmlinge der ehemaligen Bewohner der Stadt und N003
des Landes und auch jetzt noch zahlreich 1). Sie sind N004
den Tataren von Kasan ähnlich, und auch in Astrachan N005
wie dort, die eigentlichen Fabrikanten, besonders Färber, N006
Gerber und Seifensieder. Die astrachanische Krapp- N007
färberei ist berühmt; ich besah dieselbe nicht bei ei- N008
nem Tataren, sondern bei einem Armenier, Sacha- N009
roff mit Namen, zu welchem mich Herr Stranak N010
hinführte. Der Armenier zeigte mir mit vieler Freund- N011
lichkeit das ganze Verfahren, und beschrieb mir das- N012
selbe so wie es von Pallas beschrieben ist 2), daher ich N013
es hier nicht wiederhole. Er klagte sehr über schlechte N014
Zeiten, indem er jetzt nur 200 bis 250 Pud baumwol- N015
lenes Garn färbe, sonst aber 2000 Pud gefärbt habe. N016
Den Krapp bezieht er dazu aus Derbend, und das

[footnote reference]
[footnote reference] N001
1) Nach der Petersburger Staatszeitung vom April 1835 befin- N002
den sich in Astrachan ungefähr 5,800 männliche Tataren. N003
2) Reise in Süd-Russland Th. I S. 203.
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zes Haar in Flechten unter dem Tuche herab hängt, N002
während es bei den letzteren auf dem Kopfe zusammen N003
geflochten ist. Ehen so eigenthümlich wie ihre Tracht N004
sind auch ihre Tänze, die stets nur von einem Paare N005
aufgeführt werden, und in nichts anderem bestehen, N006
als dass sich Herr und Dame mit halb erhobenen Händen N007
abwechselnd trippelnd nähern und wieder von einander N008
entfernen. So einfach dieser Tanz ist, so wurde er N009
doch von den Armenierinnen, von denen mehrere bei N010
ihren feurigen schwarzen Augen ein sehr feines Ge- N011
sicht hatten, mit vieler Grazie ausgeführt, so dass man N012
ihn recht gern sah. Ausser diesen Tänzen wurden N013
nun die gewöhnlichen Polonaisen, Ecossaisen, Wal- N014
zer und Contretänze wie in Berlin aufgeführt. Viele N015
der vornehmen Armenier trugen indessen nicht ihre N016
Nationaltracht, sondern hatten europäische Kleider an- N017
gelegt.

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Was endlich die Tataren betrifft, so sind sie die N002
Abkömmlinge der ehemaligen Bewohner der Stadt und N003
des Landes und auch jetzt noch zahlreich 1). Sie sind N004
den Tataren von Kasan ähnlich, und auch in Astrachan N005
wie dort, die eigentlichen Fabrikanten, besonders Färber, N006
Gerber und Seifensieder. Die astrachanische Krapp- N007
färberei ist berühmt; ich besah dieselbe nicht bei ei- N008
nem Tataren, sondern bei einem Armenier, Sacha- N009
roff mit Namen, zu welchem mich Herr Stranak N010
hinführte. Der Armenier zeigte mir mit vieler Freund- N011
lichkeit das ganze Verfahren, und beschrieb mir das- N012
selbe so wie es von Pallas beschrieben ist 2), daher ich N013
es hier nicht wiederhole. Er klagte sehr über schlechte N014
Zeiten, indem er jetzt nur 200 bis 250 Pud baumwol- N015
lenes Garn färbe, sonst aber 2000 Pud gefärbt habe. N016
Den Krapp bezieht er dazu aus Derbend, und das

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1) Nach der Petersburger Staatszeitung vom April 1835 befin- N002
den sich in Astrachan ungefähr 5,800 männliche Tataren. N003
2) Reise in Süd-Russland Th. I S. 203.
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[305/0323] N001 zes Haar in Flechten unter dem Tuche herab hängt, N002 während es bei den letzteren auf dem Kopfe zusammen N003 geflochten ist. Ehen so eigenthümlich wie ihre Tracht N004 sind auch ihre Tänze, die stets nur von einem Paare N005 aufgeführt werden, und in nichts anderem bestehen, N006 als dass sich Herr und Dame mit halb erhobenen Händen N007 abwechselnd trippelnd nähern und wieder von einander N008 entfernen. So einfach dieser Tanz ist, so wurde er N009 doch von den Armenierinnen, von denen mehrere bei N010 ihren feurigen schwarzen Augen ein sehr feines Ge- N011 sicht hatten, mit vieler Grazie ausgeführt, so dass man N012 ihn recht gern sah. Ausser diesen Tänzen wurden N013 nun die gewöhnlichen Polonaisen, Ecossaisen, Wal- N014 zer und Contretänze wie in Berlin aufgeführt. Viele N015 der vornehmen Armenier trugen indessen nicht ihre N016 Nationaltracht, sondern hatten europäische Kleider an- N017 gelegt. N001 Was endlich die Tataren betrifft, so sind sie die N002 Abkömmlinge der ehemaligen Bewohner der Stadt und N003 des Landes und auch jetzt noch zahlreich 1). Sie sind N004 den Tataren von Kasan ähnlich, und auch in Astrachan N005 wie dort, die eigentlichen Fabrikanten, besonders Färber, N006 Gerber und Seifensieder. Die astrachanische Krapp- N007 färberei ist berühmt; ich besah dieselbe nicht bei ei- N008 nem Tataren, sondern bei einem Armenier, Sacha- N009 roff mit Namen, zu welchem mich Herr Stranak N010 hinführte. Der Armenier zeigte mir mit vieler Freund- N011 lichkeit das ganze Verfahren, und beschrieb mir das- N012 selbe so wie es von Pallas beschrieben ist 2), daher ich N013 es hier nicht wiederhole. Er klagte sehr über schlechte N014 Zeiten, indem er jetzt nur 200 bis 250 Pud baumwol- N015 lenes Garn färbe, sonst aber 2000 Pud gefärbt habe. N016 Den Krapp bezieht er dazu aus Derbend, und das [footnote reference] [footnote reference] N001 1) Nach der Petersburger Staatszeitung vom April 1835 befin- N002 den sich in Astrachan ungefähr 5,800 männliche Tataren. N003 2) Reise in Süd-Russland Th. I S. 203. N001 20II.

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/323>, abgerufen am 24.11.2024.