Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842.N001 [footnote-continued reference] N001
war wahrscheinlich der nördlichere Ort der Sommeraufenthalt, und N002 der andere der Winteraufenthalt des Hoflagers der Chane, durch wel- N003 che Annahme die sich sonst widersprechenden Angaben der älteren N004 Schriftsteller über die Lage von Sarai in Uebereinstimmung gebracht N005 sein würden. Die meisten Ruinen bestehen jetzt in der Regel in N006 nichts anderem, als in Mauerresten aus Backsteinen, und in grösse- N007 ren und kleineren Ziegelhaufen, die oft mit Grabhügeln, sogenannten N008 Kurganen, umgeben sind. In Zarewka ist die Hauptruine ein flach N009 erhabener, auf einer viereckigen Erhöhung errichteter, aus sechs an N010 einander stossenden sehr flachen Gewölben bestehender und über den N011 Gewölben mit Erde überschütteter Grabhügel von 150 Faden Um- N012 fang, der äusserlich mit dem Fundament einer dicken Mauer von N013 Sandsteinen, wie sie nur am jenseitigen Ufer brechen, umgeben ist; N014 in Selitrennoi Gorodok findet man die Reste eines länglich vierecki- N015 gen Gebäudes, bei welchen die Mauern an den Aussenseiten mit gla- N016 sirten Thonzierathen von verschiedenen Farben besetzt sind, und an N017 einer Seite noch Spuren von einer gothischen Stuckatur wahrnehmen N018 lassen. So unbedeutend diese Trümmer an und für sich sind, so N019 sind sie doch auf einem grossen Raum verbreitet, woraus man auf N020 den Umfang der Hoflager schliessen kann. Aber auch diese wenigen N021 Trümmer verschwinden immer mehr, indem sich die jetzigen Bewoh- N022 ner dieser Gegenden der Ziegelsteine aus diesen Trümmern zu ihren N023 Bauten bedienen, wobei wegen der Festigkeit der Gemäuer immer mehr N024 zerstört als gewonnen wird, und die grossen Schutthaufen entstehen, N025 die die alten Gemäuer umgehen. Noch in der neueren Zeit hat man, N026 wie Erdmann berichtet, zu dem Bau einer neuen Kirche in Za- N027 rewka die Steine von der Hauptruine genommen, so dass auch Erd- N028 mann 1815 nichts mehr von den sechs flachen Gewölben erwähnt, N029 die Pallas 1793 beschreibt, und von den Ruinen von Selitrennoi N030 Gorodok gingen sonst ganze Schiffsladungen solcher Ziegel nach N031 Astrachan. Nach Pallas sind alle die vorhandenen Ruinen nicht N032 Wohngebäude, sondern sämmtlich theils muhamedanische Bethäuser, N033 theils mit Kapellen überbaute oder ummauerte Gräber gewesen, denn N034 eine nomadische Nation, wie die goldne Horde, würde sich gewiss N035 eben so wenig in Häusern zu wohnen bequemt haben, als die kal- N036 mückischen Chane und Fürsten dazu zu vermögen gewesen sind, un- N037 geachtet man ihretwegen die Festung Jenotajewsk angelegt hatte und N038 Wohnsitze daselbst für sie eingerichtet waren. In den Gräbern hat N039 man früher einen grossen Reichthum an Geschmeide, goldenen und N040 silbernen Pferdezierathen und Gefässen, mit Silber beschlagene N041 Särge u. s. w. gefunden, von welchen Kostbarkeiten nur ein gerin- N001 [footnote-continued reference] N001
war wahrscheinlich der nördlichere Ort der Sommeraufenthalt, und N002 der andere der Winteraufenthalt des Hoflagers der Chane, durch wel- N003 che Annahme die sich sonst widersprechenden Angaben der älteren N004 Schriftsteller über die Lage von Sarai in Uebereinstimmung gebracht N005 sein würden. Die meisten Ruinen bestehen jetzt in der Regel in N006 nichts anderem, als in Mauerresten aus Backsteinen, und in grösse- N007 ren und kleineren Ziegelhaufen, die oft mit Grabhügeln, sogenannten N008 Kurganen, umgeben sind. In Zarewka ist die Hauptruine ein flach N009 erhabener, auf einer viereckigen Erhöhung errichteter, aus sechs an N010 einander stossenden sehr flachen Gewölben bestehender und über den N011 Gewölben mit Erde überschütteter Grabhügel von 150 Faden Um- N012 fang, der äusserlich mit dem Fundament einer dicken Mauer von N013 Sandsteinen, wie sie nur am jenseitigen Ufer brechen, umgeben ist; N014 in Selitrennoi Gorodok findet man die Reste eines länglich vierecki- N015 gen Gebäudes, bei welchen die Mauern an den Aussenseiten mit gla- N016 sirten Thonzierathen von verschiedenen Farben besetzt sind, und an N017 einer Seite noch Spuren von einer gothischen Stuckatur wahrnehmen N018 lassen. So unbedeutend diese Trümmer an und für sich sind, so N019 sind sie doch auf einem grossen Raum verbreitet, woraus man auf N020 den Umfang der Hoflager schliessen kann. Aber auch diese wenigen N021 Trümmer verschwinden immer mehr, indem sich die jetzigen Bewoh- N022 ner dieser Gegenden der Ziegelsteine aus diesen Trümmern zu ihren N023 Bauten bedienen, wobei wegen der Festigkeit der Gemäuer immer mehr N024 zerstört als gewonnen wird, und die grossen Schutthaufen entstehen, N025 die die alten Gemäuer umgehen. Noch in der neueren Zeit hat man, N026 wie Erdmann berichtet, zu dem Bau einer neuen Kirche in Za- N027 rewka die Steine von der Hauptruine genommen, so dass auch Erd- N028 mann 1815 nichts mehr von den sechs flachen Gewölben erwähnt, N029 die Pallas 1793 beschreibt, und von den Ruinen von Selitrennoi N030 Gorodok gingen sonst ganze Schiffsladungen solcher Ziegel nach N031 Astrachan. Nach Pallas sind alle die vorhandenen Ruinen nicht N032 Wohngebäude, sondern sämmtlich theils muhamedanische Bethäuser, N033 theils mit Kapellen überbaute oder ummauerte Gräber gewesen, denn N034 eine nomadische Nation, wie die goldne Horde, würde sich gewiss N035 eben so wenig in Häusern zu wohnen bequemt haben, als die kal- N036 mückischen Chane und Fürsten dazu zu vermögen gewesen sind, un- N037 geachtet man ihretwegen die Festung Jenotajewsk angelegt hatte und N038 Wohnsitze daselbst für sie eingerichtet waren. In den Gräbern hat N039 man früher einen grossen Reichthum an Geschmeide, goldenen und N040 silbernen Pferdezierathen und Gefässen, mit Silber beschlagene N041 Särge u. s. w. gefunden, von welchen Kostbarkeiten nur ein gerin- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0303" xml:id="img_0301" n="285"/> <p><lb n="N001"/> vortreffliche zoologische und botanische Sammlungen, <lb n="N002"/> aus denen wir die Fauna und die Flora der Steppe</p> <note place="foot" n="[footnote-continued reference]"><lb n="N001"/> war wahrscheinlich der nördlichere Ort der Sommeraufenthalt, und <lb n="N002"/> der andere der Winteraufenthalt des Hoflagers der Chane, durch wel- <lb n="N003"/> che Annahme die sich sonst widersprechenden Angaben der älteren <lb n="N004"/> Schriftsteller über die Lage von Sarai in Uebereinstimmung gebracht <lb n="N005"/> sein würden. Die meisten Ruinen bestehen jetzt in der Regel in <lb n="N006"/> nichts anderem, als in Mauerresten aus Backsteinen, und in grösse- <lb n="N007"/> ren und kleineren Ziegelhaufen, die oft mit Grabhügeln, sogenannten <lb n="N008"/> Kurganen, umgeben sind. In Zarewka ist die Hauptruine ein flach <lb n="N009"/> erhabener, auf einer viereckigen Erhöhung errichteter, aus sechs an <lb n="N010"/> einander stossenden sehr flachen Gewölben bestehender und über den <lb n="N011"/> Gewölben mit Erde überschütteter Grabhügel von 150 Faden Um- <lb n="N012"/> fang, der äusserlich mit dem Fundament einer dicken Mauer von <lb n="N013"/> Sandsteinen, wie sie nur am jenseitigen Ufer brechen, umgeben ist; <lb n="N014"/> in Selitrennoi Gorodok findet man die Reste eines länglich vierecki- <lb n="N015"/> gen Gebäudes, bei welchen die Mauern an den Aussenseiten mit gla- <lb n="N016"/> sirten Thonzierathen von verschiedenen Farben besetzt sind, und an <lb n="N017"/> einer Seite noch Spuren von einer gothischen Stuckatur wahrnehmen <lb n="N018"/> lassen. So unbedeutend diese Trümmer an und für sich sind, so <lb n="N019"/> sind sie doch auf einem grossen Raum verbreitet, woraus man auf <lb n="N020"/> den Umfang der Hoflager schliessen kann. Aber auch diese wenigen <lb n="N021"/> Trümmer verschwinden immer mehr, indem sich die jetzigen Bewoh- <lb n="N022"/> ner dieser Gegenden der Ziegelsteine aus diesen Trümmern zu ihren <lb n="N023"/> Bauten bedienen, wobei wegen der Festigkeit der Gemäuer immer mehr <lb n="N024"/> zerstört als gewonnen wird, und die grossen Schutthaufen entstehen, <lb n="N025"/> die die alten Gemäuer umgehen. Noch in der neueren Zeit hat man, <lb n="N026"/> wie Erdmann berichtet, zu dem Bau einer neuen Kirche in Za- <lb n="N027"/> rewka die Steine von der Hauptruine genommen, so dass auch Erd- <lb n="N028"/> mann 1815 nichts mehr von den sechs flachen Gewölben erwähnt, <lb n="N029"/> die Pallas 1793 beschreibt, und von den Ruinen von Selitrennoi <lb n="N030"/> Gorodok gingen sonst ganze Schiffsladungen solcher Ziegel nach <lb n="N031"/> Astrachan. 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vortreffliche zoologische und botanische Sammlungen, N002
aus denen wir die Fauna und die Flora der Steppe
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war wahrscheinlich der nördlichere Ort der Sommeraufenthalt, und N002
der andere der Winteraufenthalt des Hoflagers der Chane, durch wel- N003
che Annahme die sich sonst widersprechenden Angaben der älteren N004
Schriftsteller über die Lage von Sarai in Uebereinstimmung gebracht N005
sein würden. Die meisten Ruinen bestehen jetzt in der Regel in N006
nichts anderem, als in Mauerresten aus Backsteinen, und in grösse- N007
ren und kleineren Ziegelhaufen, die oft mit Grabhügeln, sogenannten N008
Kurganen, umgeben sind. In Zarewka ist die Hauptruine ein flach N009
erhabener, auf einer viereckigen Erhöhung errichteter, aus sechs an N010
einander stossenden sehr flachen Gewölben bestehender und über den N011
Gewölben mit Erde überschütteter Grabhügel von 150 Faden Um- N012
fang, der äusserlich mit dem Fundament einer dicken Mauer von N013
Sandsteinen, wie sie nur am jenseitigen Ufer brechen, umgeben ist; N014
in Selitrennoi Gorodok findet man die Reste eines länglich vierecki- N015
gen Gebäudes, bei welchen die Mauern an den Aussenseiten mit gla- N016
sirten Thonzierathen von verschiedenen Farben besetzt sind, und an N017
einer Seite noch Spuren von einer gothischen Stuckatur wahrnehmen N018
lassen. So unbedeutend diese Trümmer an und für sich sind, so N019
sind sie doch auf einem grossen Raum verbreitet, woraus man auf N020
den Umfang der Hoflager schliessen kann. Aber auch diese wenigen N021
Trümmer verschwinden immer mehr, indem sich die jetzigen Bewoh- N022
ner dieser Gegenden der Ziegelsteine aus diesen Trümmern zu ihren N023
Bauten bedienen, wobei wegen der Festigkeit der Gemäuer immer mehr N024
zerstört als gewonnen wird, und die grossen Schutthaufen entstehen, N025
die die alten Gemäuer umgehen. Noch in der neueren Zeit hat man, N026
wie Erdmann berichtet, zu dem Bau einer neuen Kirche in Za- N027
rewka die Steine von der Hauptruine genommen, so dass auch Erd- N028
mann 1815 nichts mehr von den sechs flachen Gewölben erwähnt, N029
die Pallas 1793 beschreibt, und von den Ruinen von Selitrennoi N030
Gorodok gingen sonst ganze Schiffsladungen solcher Ziegel nach N031
Astrachan. Nach Pallas sind alle die vorhandenen Ruinen nicht N032
Wohngebäude, sondern sämmtlich theils muhamedanische Bethäuser, N033
theils mit Kapellen überbaute oder ummauerte Gräber gewesen, denn N034
eine nomadische Nation, wie die goldne Horde, würde sich gewiss N035
eben so wenig in Häusern zu wohnen bequemt haben, als die kal- N036
mückischen Chane und Fürsten dazu zu vermögen gewesen sind, un- N037
geachtet man ihretwegen die Festung Jenotajewsk angelegt hatte und N038
Wohnsitze daselbst für sie eingerichtet waren. In den Gräbern hat N039
man früher einen grossen Reichthum an Geschmeide, goldenen und N040
silbernen Pferdezierathen und Gefässen, mit Silber beschlagene N041
Särge u. s. w. gefunden, von welchen Kostbarkeiten nur ein gerin-
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