N001 Steppe liegt. Hier ruhten wir den übrigen Theil der N002 Nacht aus, und wollten am Morgen früh unsere Reise N003 weiter fortsetzen, als uns der Isprawnick meldete, dass N004 in den folgenden Dörfern auf der Strasse nach Tomsk N005 die sibirische Pest wüthe. Wir hatten davon in To- N006 bolsk nichts gehört, und erkundigten uns nun näher N007 nach der Beschaffenheit dieser Krankheit bei dem N008 Arzte, der uns freilich nur sehr ungenügende Aus- N009 kunft geben konnte. Wir hörten, was uns später noch N010 der Staatsrath Dr. Gebler in Barnaul bestätigte und N011 umständlicher beschrieb, dass die Krankheit ursprüng- N012 lich eine Viehseuche sei, aber auch Menschen befalle, N013 und besonders in den Steppen, nie im Gebirge vor- N014 komme. Sie fängt mit einer verhärteten Geschwulst N015 an, die sich bei den Menschen, besonders an den von N016 den Kleidern unbedeckten Theilen des Körpers, im N017 Gesicht, Nacken und an den Armen bilde, und die N018 man, wie so häufig bei dergleichen Krankheiten, dem N019 Stiche von Insekten zuschreibe, die man sonst aber N020 nicht näher bezeichnen konnte. Die Geschwulst bilde N021 sich zu einem schwarzen brandigen Geschwür aus, N022 und zöge in kurzer Zeit Fieber und den Tod nach N023 sich. Durch Schnitte, die man in die Beule mache, N024 und durch Umschläge von einem Aufgusse von Tabak N025 und Salmiak könne man im Anfang eine Zertheilung N026 der Verhärtung hervorbringen und die Krankheit hei- N027 len, hätte sie aber erst innere Theile ergriffen, so N028 wäre sie in der Regel unheilbar.
N001 Wir überlegten was hiernach zu machen sei; um- N002 kehren und einen andern Weg nach Barnaul einschla- N003 gen konnten wir nicht, da es keinen andern gab, oder N004 derselbe mit einem zu grossen Verlust an Zeit ver- N005 bunden gewesen wäre. Wir beschlossen also auf un- N006 serem Wege weiterzureisen, da uns aber die Krank- N007 heit als ansteckend geschildert wurde, jede Berührung N008 mit den Bauern, bei denen die Krankheit wüthe, so N009 viel wie möglich zu vermeiden. Der Jäger des Herrn
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N001 Steppe liegt. Hier ruhten wir den übrigen Theil der N002 Nacht aus, und wollten am Morgen früh unsere Reise N003 weiter fortsetzen, als uns der Isprawnick meldete, dass N004 in den folgenden Dörfern auf der Strasse nach Tomsk N005 die sibirische Pest wüthe. Wir hatten davon in To- N006 bolsk nichts gehört, und erkundigten uns nun näher N007 nach der Beschaffenheit dieser Krankheit bei dem N008 Arzte, der uns freilich nur sehr ungenügende Aus- N009 kunft geben konnte. Wir hörten, was uns später noch N010 der Staatsrath Dr. Gebler in Barnaul bestätigte und N011 umständlicher beschrieb, dass die Krankheit ursprüng- N012 lich eine Viehseuche sei, aber auch Menschen befalle, N013 und besonders in den Steppen, nie im Gebirge vor- N014 komme. Sie fängt mit einer verhärteten Geschwulst N015 an, die sich bei den Menschen, besonders an den von N016 den Kleidern unbedeckten Theilen des Körpers, im N017 Gesicht, Nacken und an den Armen bilde, und die N018 man, wie so häufig bei dergleichen Krankheiten, dem N019 Stiche von Insekten zuschreibe, die man sonst aber N020 nicht näher bezeichnen konnte. Die Geschwulst bilde N021 sich zu einem schwarzen brandigen Geschwür aus, N022 und zöge in kurzer Zeit Fieber und den Tod nach N023 sich. Durch Schnitte, die man in die Beule mache, N024 und durch Umschläge von einem Aufgusse von Tabak N025 und Salmiak könne man im Anfang eine Zertheilung N026 der Verhärtung hervorbringen und die Krankheit hei- N027 len, hätte sie aber erst innere Theile ergriffen, so N028 wäre sie in der Regel unheilbar.
N001 Wir überlegten was hiernach zu machen sei; um- N002 kehren und einen andern Weg nach Barnaul einschla- N003 gen konnten wir nicht, da es keinen andern gab, oder N004 derselbe mit einem zu grossen Verlust an Zeit ver- N005 bunden gewesen wäre. Wir beschlossen also auf un- N006 serem Wege weiterzureisen, da uns aber die Krank- N007 heit als ansteckend geschildert wurde, jede Berührung N008 mit den Bauern, bei denen die Krankheit wüthe, so N009 viel wie möglich zu vermeiden. Der Jäger des Herrn
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Steppe liegt. Hier ruhten wir den übrigen Theil der N002
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weiter fortsetzen, als uns der Isprawnick meldete, dass N004
in den folgenden Dörfern auf der Strasse nach Tomsk N005
die sibirische Pest wüthe. Wir hatten davon in To- N006
bolsk nichts gehört, und erkundigten uns nun näher N007
nach der Beschaffenheit dieser Krankheit bei dem N008
Arzte, der uns freilich nur sehr ungenügende Aus- N009
kunft geben konnte. Wir hörten, was uns später noch N010
der Staatsrath Dr. Gebler in Barnaul bestätigte und N011
umständlicher beschrieb, dass die Krankheit ursprüng- N012
lich eine Viehseuche sei, aber auch Menschen befalle, N013
und besonders in den Steppen, nie im Gebirge vor- N014
komme. Sie fängt mit einer verhärteten Geschwulst N015
an, die sich bei den Menschen, besonders an den von N016
den Kleidern unbedeckten Theilen des Körpers, im N017
Gesicht, Nacken und an den Armen bilde, und die N018
man, wie so häufig bei dergleichen Krankheiten, dem N019
Stiche von Insekten zuschreibe, die man sonst aber N020
nicht näher bezeichnen konnte. Die Geschwulst bilde N021
sich zu einem schwarzen brandigen Geschwür aus, N022
und zöge in kurzer Zeit Fieber und den Tod nach N023
sich. Durch Schnitte, die man in die Beule mache, N024
und durch Umschläge von einem Aufgusse von Tabak N025
und Salmiak könne man im Anfang eine Zertheilung N026
der Verhärtung hervorbringen und die Krankheit hei- N027
len, hätte sie aber erst innere Theile ergriffen, so N028
wäre sie in der Regel unheilbar.
N001
Wir überlegten was hiernach zu machen sei; um- N002
kehren und einen andern Weg nach Barnaul einschla- N003
gen konnten wir nicht, da es keinen andern gab, oder N004
derselbe mit einem zu grossen Verlust an Zeit ver- N005
bunden gewesen wäre. Wir beschlossen also auf un- N006
serem Wege weiterzureisen, da uns aber die Krank- N007
heit als ansteckend geschildert wurde, jede Berührung N008
mit den Bauern, bei denen die Krankheit wüthe, so N009
viel wie möglich zu vermeiden. Der Jäger des Herrn
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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/533>, abgerufen am 22.11.2024.
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