§. 24. Ob zwar bey dem Anbau des Lan- des ein Landes-Fürst seine Gedancken vornehm- lich dahin zu richten hat, daß der Feld- und A- cker-Bau, als an welchen am allermeisten gele- gen, sonderlich cultiviret werde, so muß er doch auch dahin bedacht seyn, daß in den Holtz-Län- dern von den Einwohnern das Holtz nicht ohne raison extirpiret, und zu Feldern und Wiesen gemacht werde. Es redet der Herr von Car- lowitz in seiner Silvicultura Oeconomica p. 75. hiervon sehr wohl, wenn er sagt: Es ist fast ein Universal-Affect, und gemeine Seuche, daß iedermann lieber Feld und Wiesen, als Holtz besitzen will, und also dahin incliniret, wie dieses zu vertilgen, und theils gäntzlich auszu- rotten, gleichsam als ob es ein Unkraut, und zu Führung einer Hauswirtschafft gar nicht nö- thig wäre. Man bedencke doch, und überlege es wohl, wenn gleich ietzo viel Holtz ausgerottet, und die Räume und Gehäue zu Feldern, Wie- sen und Gärten gemacht, auch gleich mehr Häu- ser hingesetzt werden, so können doch dergleichen neue Anbauer, so viel Getreide nicht erbauen, daß sie für sich und die ihrigen das völlige Brod haben, und weil sie solches zu kauffen genöthi- get werden, sonsten aber bey Mangel des Hol- tzes durch die Gebürge gewöhnliche Holtz-Ar- beit kein Geld erwerben können, so müssen sol-
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§. 24. Ob zwar bey dem Anbau des Lan- des ein Landes-Fuͤrſt ſeine Gedancken vornehm- lich dahin zu richten hat, daß der Feld- und A- cker-Bau, als an welchen am allermeiſten gele- gen, ſonderlich cultiviret werde, ſo muß er doch auch dahin bedacht ſeyn, daß in den Holtz-Laͤn- dern von den Einwohnern das Holtz nicht ohne raiſon extirpiret, und zu Feldern und Wieſen gemacht werde. Es redet der Herr von Car- lowitz in ſeiner Silvicultura Oeconomica p. 75. hiervon ſehr wohl, wenn er ſagt: Es iſt faſt ein Univerſal-Affect, und gemeine Seuche, daß iedermann lieber Feld und Wieſen, als Holtz beſitzen will, und alſo dahin incliniret, wie dieſes zu vertilgen, und theils gaͤntzlich auszu- rotten, gleichſam als ob es ein Unkraut, und zu Fuͤhrung einer Hauswirtſchafft gar nicht noͤ- thig waͤre. Man bedencke doch, und uͤberlege es wohl, wenn gleich ietzo viel Holtz ausgerottet, und die Raͤume und Gehaͤue zu Feldern, Wie- ſen und Gaͤrten gemacht, auch gleich mehr Haͤu- ſer hingeſetzt werden, ſo koͤnnen doch dergleichen neue Anbauer, ſo viel Getreide nicht erbauen, daß ſie fuͤr ſich und die ihrigen das voͤllige Brod haben, und weil ſie ſolches zu kauffen genoͤthi- get werden, ſonſten aber bey Mangel des Hol- tzes durch die Gebuͤrge gewoͤhnliche Holtz-Ar- beit kein Geld erwerben koͤnnen, ſo muͤſſen ſol-
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§. 24. Ob zwar bey dem Anbau des Lan-
des ein Landes-Fuͤrſt ſeine Gedancken vornehm-
lich dahin zu richten hat, daß der Feld- und A-
cker-Bau, als an welchen am allermeiſten gele-
gen, ſonderlich cultiviret werde, ſo muß er doch
auch dahin bedacht ſeyn, daß in den Holtz-Laͤn-
dern von den Einwohnern das Holtz nicht ohne
raiſon extirpiret, und zu Feldern und Wieſen
gemacht werde. Es redet der Herr von Car-
lowitz in ſeiner Silvicultura Oeconomica p.
75. hiervon ſehr wohl, wenn er ſagt: Es iſt faſt
ein Univerſal-Affect, und gemeine Seuche,
daß iedermann lieber Feld und Wieſen, als
Holtz beſitzen will, und alſo dahin incliniret, wie
dieſes zu vertilgen, und theils gaͤntzlich auszu-
rotten, gleichſam als ob es ein Unkraut, und zu
Fuͤhrung einer Hauswirtſchafft gar nicht noͤ-
thig waͤre. Man bedencke doch, und uͤberlege
es wohl, wenn gleich ietzo viel Holtz ausgerottet,
und die Raͤume und Gehaͤue zu Feldern, Wie-
ſen und Gaͤrten gemacht, auch gleich mehr Haͤu-
ſer hingeſetzt werden, ſo koͤnnen doch dergleichen
neue Anbauer, ſo viel Getreide nicht erbauen,
daß ſie fuͤr ſich und die ihrigen das voͤllige Brod
haben, und weil ſie ſolches zu kauffen genoͤthi-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 906. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/926>, abgerufen am 22.11.2024.
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