Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



der weissen Maulbeer Bäume, ob sie zwar nicht
so angenehm, wie die schwartzen, und einen süs-
sen etwas eckeln Geschmack haben, werden doch
von dem gemeinem Volcke mit Lust genossen, ja
die Vögel gehen ihnen begierigst nach, und kan
auch das zahme Feder-Vieh damit gemästet
werden, wie denn auch die Hunde und andre
Thiere sich damit begierigst sättigen. So in
einem Garten etliche dieser Maulbeer-Bäume
stehen, fallen die Sperlinge auf ihre Früchte
und verschonen der Kirschen und andern Obstes.
4.) Das dürre oder sonst überflüßige Holtz so
den Bäumen jährlich abgenommen wird, kan
an Orten, wo derselben viel, und hingegen, des
Brenn-Holtzes wenig ist, zur Feuerung zu Hül-
fe kommen. 5.) Aus dem Bast, welches sie gar
fein und in Menge tragen, können nicht nur gro-
be Seiler, sondern durch gewisse Zubereitung
ein feines Garn gewonnen, und daraus eine
starcke Leinwand gewebt werden, wie hier zu
de Serres aus eigener Erfahrung ausführliche
Anleitung gegeben. Endlich ist das Holtz,
wenn der Baum etwan ausgegangen, zu aller-
hand Wagner oder Tischler Arbeit dienlich.

§. 15. Es werden den weissen Maulbeer-
Bäumen noch mehr Tugenden nach gerühmet,
als daß er an Schönheit und Zierde seines
Stammes und Zweige keinem andern etwas

bevor



der weiſſen Maulbeer Baͤume, ob ſie zwar nicht
ſo angenehm, wie die ſchwartzen, und einen ſuͤſ-
ſen etwas eckeln Geſchmack haben, werden doch
von dem gemeinem Volcke mit Luſt genoſſen, ja
die Voͤgel gehen ihnen begierigſt nach, und kan
auch das zahme Feder-Vieh damit gemaͤſtet
werden, wie denn auch die Hunde und andre
Thiere ſich damit begierigſt ſaͤttigen. So in
einem Garten etliche dieſer Maulbeer-Baͤume
ſtehen, fallen die Sperlinge auf ihre Fruͤchte
und verſchonen der Kirſchen und andern Obſtes.
4.) Das duͤrre oder ſonſt uͤberfluͤßige Holtz ſo
den Baͤumen jaͤhrlich abgenommen wird, kan
an Orten, wo derſelben viel, und hingegen, des
Brenn-Holtzes wenig iſt, zur Feuerung zu Huͤl-
fe kommen. 5.) Aus dem Baſt, welches ſie gar
fein und in Menge tragen, koͤnnen nicht nur gro-
be Seiler, ſondern durch gewiſſe Zubereitung
ein feines Garn gewonnen, und daraus eine
ſtarcke Leinwand gewebt werden, wie hier zu
de Serres aus eigener Erfahrung ausfuͤhrliche
Anleitung gegeben. Endlich iſt das Holtz,
wenn der Baum etwan ausgegangen, zu aller-
hand Wagner oder Tiſchler Arbeit dienlich.

§. 15. Es werden den weiſſen Maulbeer-
Baͤumen noch mehr Tugenden nach geruͤhmet,
als daß er an Schoͤnheit und Zierde ſeines
Stammes und Zweige keinem andern etwas

bevor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0915" n="895"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> der wei&#x017F;&#x017F;en Maulbeer Ba&#x0364;ume, ob &#x017F;ie zwar nicht<lb/>
&#x017F;o angenehm, wie die &#x017F;chwartzen, und einen &#x017F;u&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en etwas eckeln Ge&#x017F;chmack haben, werden doch<lb/>
von dem gemeinem Volcke mit Lu&#x017F;t geno&#x017F;&#x017F;en, ja<lb/>
die Vo&#x0364;gel gehen ihnen begierig&#x017F;t nach, und kan<lb/>
auch das zahme Feder-Vieh damit gema&#x0364;&#x017F;tet<lb/>
werden, wie denn auch die Hunde und andre<lb/>
Thiere &#x017F;ich damit begierig&#x017F;t &#x017F;a&#x0364;ttigen. So in<lb/>
einem Garten etliche die&#x017F;er Maulbeer-Ba&#x0364;ume<lb/>
&#x017F;tehen, fallen die Sperlinge auf ihre Fru&#x0364;chte<lb/>
und ver&#x017F;chonen der Kir&#x017F;chen und andern Ob&#x017F;tes.<lb/>
4.) Das du&#x0364;rre oder &#x017F;on&#x017F;t u&#x0364;berflu&#x0364;ßige Holtz &#x017F;o<lb/>
den Ba&#x0364;umen ja&#x0364;hrlich abgenommen wird, kan<lb/>
an Orten, wo der&#x017F;elben viel, und hingegen, des<lb/>
Brenn-Holtzes wenig i&#x017F;t, zur Feuerung zu Hu&#x0364;l-<lb/>
fe kommen. 5.) Aus dem Ba&#x017F;t, welches &#x017F;ie gar<lb/>
fein und in Menge tragen, ko&#x0364;nnen nicht nur gro-<lb/>
be Seiler, &#x017F;ondern durch gewi&#x017F;&#x017F;e Zubereitung<lb/>
ein feines Garn gewonnen, und daraus eine<lb/>
&#x017F;tarcke Leinwand gewebt werden, wie hier zu<lb/><hi rendition="#aq">de Serres</hi> aus eigener Erfahrung ausfu&#x0364;hrliche<lb/>
Anleitung gegeben. Endlich i&#x017F;t das Holtz,<lb/>
wenn der Baum etwan ausgegangen, zu aller-<lb/>
hand Wagner oder Ti&#x017F;chler Arbeit dienlich.</p><lb/>
        <p>§. 15. Es werden den wei&#x017F;&#x017F;en Maulbeer-<lb/>
Ba&#x0364;umen noch mehr Tugenden nach geru&#x0364;hmet,<lb/>
als daß er an Scho&#x0364;nheit und Zierde &#x017F;eines<lb/>
Stammes und Zweige keinem andern etwas<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bevor</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[895/0915] der weiſſen Maulbeer Baͤume, ob ſie zwar nicht ſo angenehm, wie die ſchwartzen, und einen ſuͤſ- ſen etwas eckeln Geſchmack haben, werden doch von dem gemeinem Volcke mit Luſt genoſſen, ja die Voͤgel gehen ihnen begierigſt nach, und kan auch das zahme Feder-Vieh damit gemaͤſtet werden, wie denn auch die Hunde und andre Thiere ſich damit begierigſt ſaͤttigen. So in einem Garten etliche dieſer Maulbeer-Baͤume ſtehen, fallen die Sperlinge auf ihre Fruͤchte und verſchonen der Kirſchen und andern Obſtes. 4.) Das duͤrre oder ſonſt uͤberfluͤßige Holtz ſo den Baͤumen jaͤhrlich abgenommen wird, kan an Orten, wo derſelben viel, und hingegen, des Brenn-Holtzes wenig iſt, zur Feuerung zu Huͤl- fe kommen. 5.) Aus dem Baſt, welches ſie gar fein und in Menge tragen, koͤnnen nicht nur gro- be Seiler, ſondern durch gewiſſe Zubereitung ein feines Garn gewonnen, und daraus eine ſtarcke Leinwand gewebt werden, wie hier zu de Serres aus eigener Erfahrung ausfuͤhrliche Anleitung gegeben. Endlich iſt das Holtz, wenn der Baum etwan ausgegangen, zu aller- hand Wagner oder Tiſchler Arbeit dienlich. §. 15. Es werden den weiſſen Maulbeer- Baͤumen noch mehr Tugenden nach geruͤhmet, als daß er an Schoͤnheit und Zierde ſeines Stammes und Zweige keinem andern etwas bevor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/915
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 895. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/915>, abgerufen am 22.11.2024.