grosse Verwandschafft die ungleichen Bünd- nisse, die unter den Fürsten geschlossen werden, deren Krafft aus dem Pacto herfliesset, da einer dem andern gewisse Dienste, der andere aber Schutz verspricht. Deren Formen sind unter- schiedlich, die aber die höchste Gewalt im ge- ringsten nicht schwächen noch verhindern, son- dern nur dem andern aus dem Bündnisse eine gewisse praeeminenz zuwege bringen. Die- ser Contract, der bey einen inegalen Bündnis- se geschlossen wird, wenn er des andern Ehre und Würde concerniret, vermindert die Lan- desherrliche Hoheit nicht, wenn aber diese Al- lianz des andern Potestät afficirt, so ist er, in so weit ihn der andere in Macht und Gewalt über- legen, auch geringer als jener. Die erstern Pacta begreiffen in sich eine Verbindlichkeit, dem andern Ehre zu erweisen, nicht aber Pari- tion zu leisten, und diese Veneration rühret nicht her aus dem Gesetz eines höhern, sondern aus dem gemeinen Pacto, eben als wie Privat- Personen ihre Freyheit, ohnbeschadet ihrer Dienste, andern vermiethen und lociren kön- nen. Daher, wenn auch gleich die Eydes- Pflicht mit diesem Pacto verknüpfft wird, so schließt doch auch dieses keine Unterthänigkeit in sich, denn ein anders ist das Schutz-Recht, ein anders das Unterthanen-Recht.
§. 6.
groſſe Verwandſchafft die ungleichen Buͤnd- niſſe, die unter den Fuͤrſten geſchloſſen werden, deren Krafft aus dem Pacto herflieſſet, da einer dem andern gewiſſe Dienſte, der andere aber Schutz verſpricht. Deren Formen ſind unter- ſchiedlich, die aber die hoͤchſte Gewalt im ge- ringſten nicht ſchwaͤchen noch verhindern, ſon- dern nur dem andern aus dem Buͤndniſſe eine gewiſſe præeminenz zuwege bringen. Die- ſer Contract, der bey einen inegalen Buͤndniſ- ſe geſchloſſen wird, wenn er des andern Ehre und Wuͤrde concerniret, vermindert die Lan- desherrliche Hoheit nicht, wenn aber dieſe Al- lianz des andern Poteſtaͤt afficirt, ſo iſt er, in ſo weit ihn der andere in Macht und Gewalt uͤber- legen, auch geringer als jener. Die erſtern Pacta begreiffen in ſich eine Verbindlichkeit, dem andern Ehre zu erweiſen, nicht aber Pari- tion zu leiſten, und dieſe Veneration ruͤhret nicht her aus dem Geſetz eines hoͤhern, ſondern aus dem gemeinen Pacto, eben als wie Privat- Perſonen ihre Freyheit, ohnbeſchadet ihrer Dienſte, andern vermiethen und lociren koͤn- nen. Daher, wenn auch gleich die Eydes- Pflicht mit dieſem Pacto verknuͤpfft wird, ſo ſchließt doch auch dieſes keine Unterthaͤnigkeit in ſich, denn ein anders iſt das Schutz-Recht, ein anders das Unterthanen-Recht.
§. 6.
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groſſe Verwandſchafft die ungleichen Buͤnd-
niſſe, die unter den Fuͤrſten geſchloſſen werden,
deren Krafft aus dem Pacto herflieſſet, da einer
dem andern gewiſſe Dienſte, der andere aber
Schutz verſpricht. Deren Formen ſind unter-
ſchiedlich, die aber die hoͤchſte Gewalt im ge-
ringſten nicht ſchwaͤchen noch verhindern, ſon-
dern nur dem andern aus dem Buͤndniſſe eine
gewiſſe præeminenz zuwege bringen. Die-
ſer Contract, der bey einen inegalen Buͤndniſ-
ſe geſchloſſen wird, wenn er des andern Ehre
und Wuͤrde concerniret, vermindert die Lan-
desherrliche Hoheit nicht, wenn aber dieſe Al-
lianz des andern Poteſtaͤt afficirt, ſo iſt er, in ſo
weit ihn der andere in Macht und Gewalt uͤber-
legen, auch geringer als jener. Die erſtern
Pacta begreiffen in ſich eine Verbindlichkeit,
dem andern Ehre zu erweiſen, nicht aber Pari-
tion zu leiſten, und dieſe Veneration ruͤhret
nicht her aus dem Geſetz eines hoͤhern, ſondern
aus dem gemeinen Pacto, eben als wie Privat-
Perſonen ihre Freyheit, ohnbeſchadet ihrer
Dienſte, andern vermiethen und lociren koͤn-
nen. Daher, wenn auch gleich die Eydes-
Pflicht mit dieſem Pacto verknuͤpfft wird, ſo
ſchließt doch auch dieſes keine Unterthaͤnigkeit
in ſich, denn ein anders iſt das Schutz-Recht,
ein anders das Unterthanen-Recht.
§. 6.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/90>, abgerufen am 21.11.2024.
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