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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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lung befördern will, muß er (1) ein freyes
Commercium zulassen, das ist, er muß alle mo-
nopolia cassi
ren, und die Privilegia also re-
stringi
ren, daß sie einem freyen Commercio
nicht hinderlich sind. Nach dem freyen Com-
mercio folgen (2.) leichte und geringe Mau-
then, damit allerley Waaren mit geringem
Gewinn desto offt wieder versilbert werden kön-
nen. Marsilien, Amsterdam und Livorno ha-
ben nur durch ihre geringe Mauthen den Han-
del erhalten, welchen Venedig, Antwerpen,
Lion und Genua durch die Steigung der Mau-
then verlohren. Denn gleichwie kleine Zölle
die Handlung befördern, so vertilgen hingegen
auch grosse die Handlung an einem Orte. Die-
weil auch (3.) die Commercien auf Treu und
Glauben gegründet seyn, und wo solches fehlet,
alsobald ein falliment aus dem andern kömmt,
und also die Commercien ruiniret werden, da
keiner dem andern nicht trauen darff, noch kan,
drum müssen die Obrigkeiten besorgt seyn, daß
die Streitigkeiten zwischen Kauff-Leuten ohne
viele gerichtliche Weitläufftigkeiten per para-
tam executionem
entschieden werden. Das
vierdte Mittel, wodurch die Negotien befördert
werden, ist das geringe Interesse der Capita-
lien. So ist das Fundament des floriren-
den Handels in Holland, daß das Geld auf

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lung befoͤrdern will, muß er (1) ein freyes
Commercium zulaſſen, das iſt, er muß alle mo-
nopolia caſſi
ren, und die Privilegia alſo re-
ſtringi
ren, daß ſie einem freyen Commercio
nicht hinderlich ſind. Nach dem freyen Com-
mercio folgen (2.) leichte und geringe Mau-
then, damit allerley Waaren mit geringem
Gewinn deſto offt wieder verſilbert werden koͤn-
nen. Marſilien, Amſterdam und Livorno ha-
ben nur durch ihre geringe Mauthen den Han-
del erhalten, welchen Venedig, Antwerpen,
Lion und Genua durch die Steigung der Mau-
then verlohren. Denn gleichwie kleine Zoͤlle
die Handlung befoͤrdern, ſo vertilgen hingegen
auch groſſe die Handlung an einem Orte. Die-
weil auch (3.) die Commercien auf Treu und
Glauben gegruͤndet ſeyn, und wo ſolches fehlet,
alſobald ein falliment aus dem andern koͤmmt,
und alſo die Commercien ruiniret werden, da
keiner dem andern nicht trauen darff, noch kan,
drum muͤſſen die Obrigkeiten beſorgt ſeyn, daß
die Streitigkeiten zwiſchen Kauff-Leuten ohne
viele gerichtliche Weitlaͤufftigkeiten per para-
tam executionem
entſchieden werden. Das
vierdte Mittel, wodurch die Negotien befoͤrdert
werden, iſt das geringe Intereſſe der Capita-
lien. So iſt das Fundament des floriren-
den Handels in Holland, daß das Geld auf

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[855/0875] lung befoͤrdern will, muß er (1) ein freyes Commercium zulaſſen, das iſt, er muß alle mo- nopolia caſſiren, und die Privilegia alſo re- ſtringiren, daß ſie einem freyen Commercio nicht hinderlich ſind. Nach dem freyen Com- mercio folgen (2.) leichte und geringe Mau- then, damit allerley Waaren mit geringem Gewinn deſto offt wieder verſilbert werden koͤn- nen. Marſilien, Amſterdam und Livorno ha- ben nur durch ihre geringe Mauthen den Han- del erhalten, welchen Venedig, Antwerpen, Lion und Genua durch die Steigung der Mau- then verlohren. Denn gleichwie kleine Zoͤlle die Handlung befoͤrdern, ſo vertilgen hingegen auch groſſe die Handlung an einem Orte. Die- weil auch (3.) die Commercien auf Treu und Glauben gegruͤndet ſeyn, und wo ſolches fehlet, alſobald ein falliment aus dem andern koͤmmt, und alſo die Commercien ruiniret werden, da keiner dem andern nicht trauen darff, noch kan, drum muͤſſen die Obrigkeiten beſorgt ſeyn, daß die Streitigkeiten zwiſchen Kauff-Leuten ohne viele gerichtliche Weitlaͤufftigkeiten per para- tam executionem entſchieden werden. Das vierdte Mittel, wodurch die Negotien befoͤrdert werden, iſt das geringe Intereſſe der Capita- lien. So iſt das Fundament des floriren- den Handels in Holland, daß das Geld auf Zinſe H h h 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/875>, abgerufen am 22.11.2024.