Menschen bey Brod erhalte. Wie man denn sagt, daß nachdem die Stadt Londen die Sei- den-Fabricen angefangen, vom Seidenwinden allein über 14000. Seelen ihr Brod gewinnen.
§. 11. Wie diese res rusticae zu incamini- ren, wird nach einer gewissen hiernach einge- richteten Art das manufactur-inventarium und Mauth-Register genugsame Anleitung ge- ben, wenn wir allda finden, was wir kauffen müssen, und was wir nicht haben, bey welchen allen die Art des Landes das possibile vom im- possibili entscheiden muß, das ist, man muß judiciren, was thulich oder nicht thulich sey, nam non omnis fert omnia tellus, es wächst nicht alles in einem Lande, wiewohl mehren- theils die Faulheit und Ungeschicklichkeit der Leute, und nicht das Land den Mangel verur- sacht. Denn bißweilen in dem einen Lande diese Sache eine genauere Cultivirung erfor- dert, denn in dem andern. So ist auch sowohl bey diesem als bey allen andern Uberfluß, wel- chen wir verlangen, diese Maxime zu observi- ren, daß selbiger in solchen gesucht werde, welche unsere Nachbarn vonnöthen haben, und wir mit bessern und grössern Gewinn versilbern kön- nen, denn sonst ist uns der Uberfluß nicht allein nichts nütze, sondern auch öffters schädlich, die- weil aus demselben ein abusus dessen entstehen
muß.
Menſchen bey Brod erhalte. Wie man denn ſagt, daß nachdem die Stadt Londen die Sei- den-Fabricen angefangen, vom Seidenwinden allein uͤber 14000. Seelen ihr Brod gewinnen.
§. 11. Wie dieſe res ruſticæ zu incamini- ren, wird nach einer gewiſſen hiernach einge- richteten Art das manufactur-inventarium und Mauth-Regiſter genugſame Anleitung ge- ben, wenn wir allda finden, was wir kauffen muͤſſen, und was wir nicht haben, bey welchen allen die Art des Landes das poſſibile vom im- poſſibili entſcheiden muß, das iſt, man muß judiciren, was thulich oder nicht thulich ſey, nam non omnis fert omnia tellus, es waͤchſt nicht alles in einem Lande, wiewohl mehren- theils die Faulheit und Ungeſchicklichkeit der Leute, und nicht das Land den Mangel verur- ſacht. Denn bißweilen in dem einen Lande dieſe Sache eine genauere Cultivirung erfor- dert, denn in dem andern. So iſt auch ſowohl bey dieſem als bey allen andern Uberfluß, wel- chen wir verlangen, dieſe Maxime zu obſervi- ren, daß ſelbiger in ſolchen geſucht werde, welche unſere Nachbarn vonnoͤthen haben, und wir mit beſſern und groͤſſern Gewinn verſilbern koͤn- nen, denn ſonſt iſt uns der Uberfluß nicht allein nichts nuͤtze, ſondern auch oͤffters ſchaͤdlich, die- weil aus demſelben ein abuſus deſſen entſtehen
muß.
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Menſchen bey Brod erhalte. Wie man denn
ſagt, daß nachdem die Stadt Londen die Sei-
den-Fabricen angefangen, vom Seidenwinden
allein uͤber 14000. Seelen ihr Brod gewinnen.
§. 11. Wie dieſe res ruſticæ zu incamini-
ren, wird nach einer gewiſſen hiernach einge-
richteten Art das manufactur-inventarium
und Mauth-Regiſter genugſame Anleitung ge-
ben, wenn wir allda finden, was wir kauffen
muͤſſen, und was wir nicht haben, bey welchen
allen die Art des Landes das poſſibile vom im-
poſſibili entſcheiden muß, das iſt, man muß
judiciren, was thulich oder nicht thulich ſey,
nam non omnis fert omnia tellus, es waͤchſt
nicht alles in einem Lande, wiewohl mehren-
theils die Faulheit und Ungeſchicklichkeit der
Leute, und nicht das Land den Mangel verur-
ſacht. Denn bißweilen in dem einen Lande
dieſe Sache eine genauere Cultivirung erfor-
dert, denn in dem andern. So iſt auch ſowohl
bey dieſem als bey allen andern Uberfluß, wel-
chen wir verlangen, dieſe Maxime zu obſervi-
ren, daß ſelbiger in ſolchen geſucht werde, welche
unſere Nachbarn vonnoͤthen haben, und wir
mit beſſern und groͤſſern Gewinn verſilbern koͤn-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 850. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/870>, abgerufen am 22.11.2024.
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