Preiß curranten, oder nach dem aviso vorneh- mer Kauffleute schätzen, so wird er eine gewisse Kundschafft haben, ob bey der Handlung ge- wonnen oder verlohren worden, und die unge- fähre Rechnung machen können, wie groß der Gewinn oder Verlust sey.
§. 9. Die Fruchtbarkeit des Landes ver- ursacht eine Wohlfeiligkeit zu leben, welches der Geist aller Commercien ist, und zwar dar- um, dieweil die Wohlfeiligkeit in Essen und Trincken, einen wohlfeilen Lohn der Arbeit, und per Consequens die Manufacturen und Waa- ren wohlfeil macht, daß sie um geringern Preiß können verkaufft, als sie andere geben, und da- hero der Marckt damit allein gehalten, und an- dere verboten werden, dieweilen der Wohlfei- ligkeit alles nachläufft. Da nun an der Frucht- barkeit des Landes so viel gelegen, so muß ein Fürst die curam rei rusticae wohl in Acht neh- men, damit das Land wohl angebauet werde, und die Einwohner ihre Speise und Tranck nicht allein davon nehmen, sondern auch etwas verkauffen können. Er muß besorgt seyn, daß kein eintzig Plätzgen, es sey auch so klein als es nur immer wolle, uncultiviret bleibe, da müs- sen sumpffigte und morastige Plätze ausgetrock- net durch Abstechung des Wassers und Ver- fertigung der Gräben zu fruchtbaren Ländern
gemacht,
Preiß curranten, oder nach dem aviſo vorneh- mer Kauffleute ſchaͤtzen, ſo wird er eine gewiſſe Kundſchafft haben, ob bey der Handlung ge- wonnen oder verlohren worden, und die unge- faͤhre Rechnung machen koͤnnen, wie groß der Gewinn oder Verluſt ſey.
§. 9. Die Fruchtbarkeit des Landes ver- urſacht eine Wohlfeiligkeit zu leben, welches der Geiſt aller Commercien iſt, und zwar dar- um, dieweil die Wohlfeiligkeit in Eſſen und Trincken, einen wohlfeilen Lohn der Arbeit, und per Conſequens die Manufacturen und Waa- ren wohlfeil macht, daß ſie um geringern Preiß koͤnnen verkaufft, als ſie andere geben, und da- hero der Marckt damit allein gehalten, und an- dere verboten werden, dieweilen der Wohlfei- ligkeit alles nachlaͤufft. Da nun an der Frucht- barkeit des Landes ſo viel gelegen, ſo muß ein Fuͤrſt die curam rei ruſticæ wohl in Acht neh- men, damit das Land wohl angebauet werde, und die Einwohner ihre Speiſe und Tranck nicht allein davon nehmen, ſondern auch etwas verkauffen koͤnnen. Er muß beſorgt ſeyn, daß kein eintzig Plaͤtzgen, es ſey auch ſo klein als es nur immer wolle, uncultiviret bleibe, da muͤſ- ſen ſumpffigte und moraſtige Plaͤtze ausgetrock- net durch Abſtechung des Waſſers und Ver- fertigung der Graͤben zu fruchtbaren Laͤndern
gemacht,
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Preiß curranten, oder nach dem aviſo vorneh-
mer Kauffleute ſchaͤtzen, ſo wird er eine gewiſſe
Kundſchafft haben, ob bey der Handlung ge-
wonnen oder verlohren worden, und die unge-
faͤhre Rechnung machen koͤnnen, wie groß der
Gewinn oder Verluſt ſey.
§. 9. Die Fruchtbarkeit des Landes ver-
urſacht eine Wohlfeiligkeit zu leben, welches
der Geiſt aller Commercien iſt, und zwar dar-
um, dieweil die Wohlfeiligkeit in Eſſen und
Trincken, einen wohlfeilen Lohn der Arbeit, und
per Conſequens die Manufacturen und Waa-
ren wohlfeil macht, daß ſie um geringern Preiß
koͤnnen verkaufft, als ſie andere geben, und da-
hero der Marckt damit allein gehalten, und an-
dere verboten werden, dieweilen der Wohlfei-
ligkeit alles nachlaͤufft. Da nun an der Frucht-
barkeit des Landes ſo viel gelegen, ſo muß ein
Fuͤrſt die curam rei ruſticæ wohl in Acht neh-
men, damit das Land wohl angebauet werde,
und die Einwohner ihre Speiſe und Tranck
nicht allein davon nehmen, ſondern auch etwas
verkauffen koͤnnen. Er muß beſorgt ſeyn, daß
kein eintzig Plaͤtzgen, es ſey auch ſo klein als es
nur immer wolle, uncultiviret bleibe, da muͤſ-
ſen ſumpffigte und moraſtige Plaͤtze ausgetrock-
net durch Abſtechung des Waſſers und Ver-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 847. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/867>, abgerufen am 22.11.2024.
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