und Weise dahin zu sehen, daß unter seinen Be- dienten keine factiones sich entspinnen, sondern sie sich vielmehr allesamt angelegen seyn lassen, durch gemeinschafftliche Cooperation ihres Herrn Wohlfarth und interesse zu befördern. Wo Partheyen sind, sucht immer eine über die andere zu praedominiren, und keine will sich nicht lassen unterdrücken, was die eine gut macht, verdirbt die andere öffters herwieder, auch durch die andere, dritte und vierdte Hand, mit allerley scheinbahren Vorstellungen, wor- unter denn insgemein das Herrschafftliche in- teresse am meisten leiden muß, und ein Regent öffters dadurch ausser den Stand gesetzt wird, zur rechten Einsicht zu gelangen.
§. 23. Es wäre zu wünschen, daß die gros- sen Herren, in Ansehung ihrer Bedienten und Besetzung der Aemter die Maxime des Römi- schen Käysers Caroli V. in Acht nehmen möch- ten. Es hielte dieser Ruhmwürdige Käyser allezeit zwey Register, als eines über diejenigen, so noch nicht in seinen Diensten waren, von de- nen er aber doch versichert gewesen, daß gute Dienste von ihnen zu hoffen. Das andere hin- gegen über die, die ihm bereits treu und ehrlich gedienet. Es gab hierdurch dieser grosse Käy- ser eine Masque seiner ungemeinen Erfahrung in der Regier-Kunst, indem er darinnen nicht
bloß
E e e 5
und Weiſe dahin zu ſehen, daß unter ſeinen Be- dienten keine factiones ſich entſpinnen, ſondern ſie ſich vielmehr alleſamt angelegen ſeyn laſſen, durch gemeinſchafftliche Cooperation ihres Herrn Wohlfarth und intereſſe zu befoͤrdern. Wo Partheyen ſind, ſucht immer eine uͤber die andere zu prædominiren, und keine will ſich nicht laſſen unterdruͤcken, was die eine gut macht, verdirbt die andere oͤffters herwieder, auch durch die andere, dritte und vierdte Hand, mit allerley ſcheinbahren Vorſtellungen, wor- unter denn insgemein das Herrſchafftliche in- tereſſe am meiſten leiden muß, und ein Regent oͤffters dadurch auſſer den Stand geſetzt wird, zur rechten Einſicht zu gelangen.
§. 23. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß die groſ- ſen Herren, in Anſehung ihrer Bedienten und Beſetzung der Aemter die Maxime des Roͤmi- ſchen Kaͤyſers Caroli V. in Acht nehmen moͤch- ten. Es hielte dieſer Ruhmwuͤrdige Kaͤyſer allezeit zwey Regiſter, als eines uͤber diejenigen, ſo noch nicht in ſeinen Dienſten waren, von de- nen er aber doch verſichert geweſen, daß gute Dienſte von ihnen zu hoffen. Das andere hin- gegen uͤber die, die ihm bereits treu und ehrlich gedienet. Es gab hierdurch dieſer groſſe Kaͤy- ſer eine Maſque ſeiner ungemeinen Erfahrung in der Regier-Kunſt, indem er darinnen nicht
bloß
E e e 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0829"n="809"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> und Weiſe dahin zu ſehen, daß unter ſeinen Be-<lb/>
dienten keine <hirendition="#aq">factiones</hi>ſich entſpinnen, ſondern<lb/>ſie ſich vielmehr alleſamt angelegen ſeyn laſſen,<lb/>
durch gemeinſchafftliche <hirendition="#aq">Cooperation</hi> ihres<lb/>
Herrn Wohlfarth und <hirendition="#aq">intereſſe</hi> zu befoͤrdern.<lb/>
Wo Partheyen ſind, ſucht immer eine uͤber die<lb/>
andere zu <hirendition="#aq">prædomini</hi>ren, und keine will ſich<lb/>
nicht laſſen unterdruͤcken, was die eine gut<lb/>
macht, verdirbt die andere oͤffters herwieder,<lb/>
auch durch die andere, dritte und vierdte Hand,<lb/>
mit allerley ſcheinbahren Vorſtellungen, wor-<lb/>
unter denn insgemein das Herrſchafftliche <hirendition="#aq">in-<lb/>
tereſſe</hi> am meiſten leiden muß, und ein Regent<lb/>
oͤffters dadurch auſſer den Stand geſetzt wird,<lb/>
zur rechten Einſicht zu gelangen.</p><lb/><p>§. 23. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß die groſ-<lb/>ſen Herren, in Anſehung ihrer Bedienten und<lb/>
Beſetzung der Aemter die <hirendition="#aq">Maxime</hi> des Roͤmi-<lb/>ſchen Kaͤyſers <hirendition="#aq">Caroli V.</hi> in Acht nehmen moͤch-<lb/>
ten. Es hielte dieſer Ruhmwuͤrdige Kaͤyſer<lb/>
allezeit zwey Regiſter, als eines uͤber diejenigen,<lb/>ſo noch nicht in ſeinen Dienſten waren, von de-<lb/>
nen er aber doch verſichert geweſen, daß gute<lb/>
Dienſte von ihnen zu hoffen. Das andere hin-<lb/>
gegen uͤber die, die ihm bereits treu und ehrlich<lb/>
gedienet. Es gab hierdurch dieſer groſſe Kaͤy-<lb/>ſer eine <hirendition="#aq">Maſque</hi>ſeiner ungemeinen Erfahrung<lb/>
in der Regier-Kunſt, indem er darinnen nicht<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E e e 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">bloß</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[809/0829]
und Weiſe dahin zu ſehen, daß unter ſeinen Be-
dienten keine factiones ſich entſpinnen, ſondern
ſie ſich vielmehr alleſamt angelegen ſeyn laſſen,
durch gemeinſchafftliche Cooperation ihres
Herrn Wohlfarth und intereſſe zu befoͤrdern.
Wo Partheyen ſind, ſucht immer eine uͤber die
andere zu prædominiren, und keine will ſich
nicht laſſen unterdruͤcken, was die eine gut
macht, verdirbt die andere oͤffters herwieder,
auch durch die andere, dritte und vierdte Hand,
mit allerley ſcheinbahren Vorſtellungen, wor-
unter denn insgemein das Herrſchafftliche in-
tereſſe am meiſten leiden muß, und ein Regent
oͤffters dadurch auſſer den Stand geſetzt wird,
zur rechten Einſicht zu gelangen.
§. 23. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß die groſ-
ſen Herren, in Anſehung ihrer Bedienten und
Beſetzung der Aemter die Maxime des Roͤmi-
ſchen Kaͤyſers Caroli V. in Acht nehmen moͤch-
ten. Es hielte dieſer Ruhmwuͤrdige Kaͤyſer
allezeit zwey Regiſter, als eines uͤber diejenigen,
ſo noch nicht in ſeinen Dienſten waren, von de-
nen er aber doch verſichert geweſen, daß gute
Dienſte von ihnen zu hoffen. Das andere hin-
gegen uͤber die, die ihm bereits treu und ehrlich
gedienet. Es gab hierdurch dieſer groſſe Kaͤy-
ſer eine Maſque ſeiner ungemeinen Erfahrung
in der Regier-Kunſt, indem er darinnen nicht
bloß
E e e 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 809. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/829>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.