er sich behutsamer auf, und weiß den ihm schul- digen Respect besser in Obacht zu nehmen.
§. 20. Es ist in Wahrheit bey der Re- gier Kunst nicht ein geringes, die Kenntniß gu- ter Leute und Diener, und die differenten Nei- gungen und Eigenschafften eines iedweden ge- nau zu erforschen und zu unterscheiden, ieden hiernach zu brauchen, und ihn erst in kleinen Verrichtungen zu probiren, um zu sehen, ob man sich auch seiner mit Nutzen bey wichtigen Affairen bedienen könte. Denn viele, ja die meisten, müssen ihr Naturell zwingen, weil sie wider ihr genie gebraucht werden, daher sie es auch darbey nicht gar zu hoch bringen können. Da hingegen, wo man sie nach ihrer Neigung applicirte, vortrefliche Leute aus ihnen gemacht werden könnten.
§. 21. Es ist gar eine kluge und weise Maxi- me einiger Regenten, welche ihre Diener vom kleinesten bis zum grösten wohl zu kennen, ih- ren Defaut dominant aber ihnen mögstlichst zu vertreiben wissen, oder wenigstens niemand frey davon zu judiciren verstatten, damit man sich ihrer Schwäche nicht zum Schaden bedienen möge. Denn jenes giebt gute Dienste, dieses aber erhält den Respect, und praeserviret vie- len inconvenientien.
§. 22. Ein kluger Regente hat auf alle Art
und
er ſich behutſamer auf, und weiß den ihm ſchul- digen Reſpect beſſer in Obacht zu nehmen.
§. 20. Es iſt in Wahrheit bey der Re- gier Kunſt nicht ein geringes, die Kenntniß gu- ter Leute und Diener, und die differenten Nei- gungen und Eigenſchafften eines iedweden ge- nau zu erforſchen und zu unterſcheiden, ieden hiernach zu brauchen, und ihn erſt in kleinen Verrichtungen zu probiren, um zu ſehen, ob man ſich auch ſeiner mit Nutzen bey wichtigen Affairen bedienen koͤnte. Denn viele, ja die meiſten, muͤſſen ihr Naturell zwingen, weil ſie wider ihr genie gebraucht werden, daher ſie es auch darbey nicht gar zu hoch bringen koͤnnen. Da hingegen, wo man ſie nach ihrer Neigung applicirte, vortrefliche Leute aus ihnen gemacht werden koͤnnten.
§. 21. Es iſt gar eine kluge und weiſe Maxi- me einiger Regenten, welche ihre Diener vom kleineſten bis zum groͤſten wohl zu kennen, ih- ren Defaut dominant aber ihnen moͤgſtlichſt zu vertreiben wiſſen, oder wenigſtens niemand frey davon zu judiciren verſtatten, damit man ſich ihrer Schwaͤche nicht zum Schaden bedienen moͤge. Denn jenes giebt gute Dienſte, dieſes aber erhaͤlt den Reſpect, und præſerviret vie- len inconvenientien.
§. 22. Ein kluger Regente hat auf alle Art
und
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er ſich behutſamer auf, und weiß den ihm ſchul-
digen Reſpect beſſer in Obacht zu nehmen.
§. 20. Es iſt in Wahrheit bey der Re-
gier Kunſt nicht ein geringes, die Kenntniß gu-
ter Leute und Diener, und die differenten Nei-
gungen und Eigenſchafften eines iedweden ge-
nau zu erforſchen und zu unterſcheiden, ieden
hiernach zu brauchen, und ihn erſt in kleinen
Verrichtungen zu probiren, um zu ſehen, ob
man ſich auch ſeiner mit Nutzen bey wichtigen
Affairen bedienen koͤnte. Denn viele, ja die
meiſten, muͤſſen ihr Naturell zwingen, weil ſie
wider ihr genie gebraucht werden, daher ſie es
auch darbey nicht gar zu hoch bringen koͤnnen.
Da hingegen, wo man ſie nach ihrer Neigung
applicirte, vortrefliche Leute aus ihnen gemacht
werden koͤnnten.
§. 21. Es iſt gar eine kluge und weiſe Maxi-
me einiger Regenten, welche ihre Diener vom
kleineſten bis zum groͤſten wohl zu kennen, ih-
ren Defaut dominant aber ihnen moͤgſtlichſt zu
vertreiben wiſſen, oder wenigſtens niemand frey
davon zu judiciren verſtatten, damit man ſich
ihrer Schwaͤche nicht zum Schaden bedienen
moͤge. Denn jenes giebt gute Dienſte, dieſes
aber erhaͤlt den Reſpect, und præſerviret vie-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 808. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/828>, abgerufen am 22.11.2024.
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