solchen Ordnungen, die die Praecedenz und den Rang bey allerhand Leuten von unterschiedenen Stande, Geschlecht und Profession durch Lan- des-Fürstliche Autorität determinirten. Wenn die Leute hierinnen eine gewisse Anwei- sung hätten, der sie nachfolgen müsten, so würde mancher Disput, Haß, Neid, ja auch wohl gar offenbahre Feindseeligkeit und Processe vermie- den werden. Jn Ermangelung dergleichen Ordnungen ist lauter Ungewißheit, in den Rö- mischen Rechten und andern Privat-Gesetzen findet man von dergleichen Sachen wenig oder nichts; Also kommt es hierbey auf die Ge- wohnheiten und Observanzen der Oerter und Meynungen der Leute an, die gar sehr discre- pant von einander sind. Werden dergleichen Fragen in die juristischen Schöppen-Stühle und Facultäten verschicket, so fehlet es doch auch daselbst an fundamentis, hierinnen zu deci- diren.
§. 5. Es sind zwar dem natürlichen Recht nach gewisse rationes decidendi, warum dieser caracterisirten Person vor einer andern die Praecedenz zu gönnen, iedennoch dependiret der Unterscheid des Ranges und des Vorzuges mehrentheils von der inclination der Landes- Fürsten. Jst der Fürst sonderlich vor die Mi- liz portiret, so werden die Militz-Bedien-
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ſolchen Ordnungen, die die Præcedenz und den Rang bey allerhand Leuten von unterſchiedenen Stande, Geſchlecht und Profeſſion durch Lan- des-Fuͤrſtliche Autoritaͤt determinirten. Wenn die Leute hierinnen eine gewiſſe Anwei- ſung haͤtten, der ſie nachfolgen muͤſten, ſo wuͤrde mancher Diſput, Haß, Neid, ja auch wohl gar offenbahre Feindſeeligkeit und Proceſſe vermie- den werden. Jn Ermangelung dergleichen Ordnungen iſt lauter Ungewißheit, in den Roͤ- miſchen Rechten und andern Privat-Geſetzen findet man von dergleichen Sachen wenig oder nichts; Alſo kommt es hierbey auf die Ge- wohnheiten und Obſervanzen der Oerter und Meynungen der Leute an, die gar ſehr diſcre- pant von einander ſind. Werden dergleichen Fragen in die juriſtiſchen Schoͤppen-Stuͤhle und Facultaͤten verſchicket, ſo fehlet es doch auch daſelbſt an fundamentis, hierinnen zu deci- diren.
§. 5. Es ſind zwar dem natuͤrlichen Recht nach gewiſſe rationes decidendi, warum dieſer caracteriſirten Perſon vor einer andern die Præcedenz zu goͤnnen, iedennoch dependiret der Unterſcheid des Ranges und des Vorzuges mehrentheils von der inclination der Landes- Fuͤrſten. Jſt der Fuͤrſt ſonderlich vor die Mi- liz portiret, ſo werden die Militz-Bedien-
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ſolchen Ordnungen, die die Præcedenz und den
Rang bey allerhand Leuten von unterſchiedenen
Stande, Geſchlecht und Profeſſion durch Lan-
des-Fuͤrſtliche Autoritaͤt determinirten.
Wenn die Leute hierinnen eine gewiſſe Anwei-
ſung haͤtten, der ſie nachfolgen muͤſten, ſo wuͤrde
mancher Diſput, Haß, Neid, ja auch wohl gar
offenbahre Feindſeeligkeit und Proceſſe vermie-
den werden. Jn Ermangelung dergleichen
Ordnungen iſt lauter Ungewißheit, in den Roͤ-
miſchen Rechten und andern Privat-Geſetzen
findet man von dergleichen Sachen wenig oder
nichts; Alſo kommt es hierbey auf die Ge-
wohnheiten und Obſervanzen der Oerter und
Meynungen der Leute an, die gar ſehr diſcre-
pant von einander ſind. Werden dergleichen
Fragen in die juriſtiſchen Schoͤppen-Stuͤhle
und Facultaͤten verſchicket, ſo fehlet es doch auch
daſelbſt an fundamentis, hierinnen zu deci-
diren.
§. 5. Es ſind zwar dem natuͤrlichen Recht
nach gewiſſe rationes decidendi, warum dieſer
caracteriſirten Perſon vor einer andern die
Præcedenz zu goͤnnen, iedennoch dependiret
der Unterſcheid des Ranges und des Vorzuges
mehrentheils von der inclination der Landes-
Fuͤrſten. Jſt der Fuͤrſt ſonderlich vor die Mi-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/799>, abgerufen am 22.11.2024.
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