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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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§. 5. Wer nicht weiß, wo er sich heute oder
morgen nieder zu lassen und sein Stücklein
Brod zu suchen habe, kan sich auf Universitäten
in der Praxi gar nicht habilitiren, oder muß
doch hernach wieder anders lernen. Junge
Richter und Advocaten müssen zu Anfang noth-
wendig mit der Partheyen und Clienten Scha-
den stolpern, und ehe sie einen habitum practi-
cum acquiri
ret, immer in Furcht stehen, sie
machen es nicht recht. Daher kommt es, daß
sodann die jungen und unerfahrnen Richter
mit ihrer Autorität durchdringen wollen, auch
wohl von ihren Patronis zu conservation ihres
Respects souteniret werden; Darüber wer-
den die jungen Advocaten in Thesi ungewiß,
und lernen widrige Observantien, oder das
Krummfahren, die alten, so sich auf die vorge-
schriebenen Ordnungen und sonsten notorische
Gerichts-Observantien verlassen, und damit
nichts ausrichten können, dencken denn wieder
auf andere Schliche, wie sie bey ihren Clienten
die Reputation und applausum doch behalten,
und dem Rechte dagegen wieder ein Krummes
machen mögen.

§. 6. Die Proceß-Ordnungen pflegen
sich auch dann und wann selbst zu widersprechen
und mit einer Hand zu geben, mit der andern
aber zu nehmen. Da haben denn beyde Thei-

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§. 5. Wer nicht weiß, wo er ſich heute oder
morgen nieder zu laſſen und ſein Stuͤcklein
Brod zu ſuchen habe, kan ſich auf Univerſitaͤten
in der Praxi gar nicht habilitiren, oder muß
doch hernach wieder anders lernen. Junge
Richter und Advocaten muͤſſen zu Anfang noth-
wendig mit der Partheyen und Clienten Scha-
den ſtolpern, und ehe ſie einen habitum practi-
cum acquiri
ret, immer in Furcht ſtehen, ſie
machen es nicht recht. Daher kommt es, daß
ſodann die jungen und unerfahrnen Richter
mit ihrer Autoritaͤt durchdringen wollen, auch
wohl von ihren Patronis zu conſervation ihres
Reſpects ſouteniret werden; Daruͤber wer-
den die jungen Advocaten in Theſi ungewiß,
und lernen widrige Obſervantien, oder das
Krummfahren, die alten, ſo ſich auf die vorge-
ſchriebenen Ordnungen und ſonſten notoriſche
Gerichts-Obſervantien verlaſſen, und damit
nichts ausrichten koͤnnen, dencken denn wieder
auf andere Schliche, wie ſie bey ihren Clienten
die Reputation und applauſum doch behalten,
und dem Rechte dagegen wieder ein Krummes
machen moͤgen.

§. 6. Die Proceß-Ordnungen pflegen
ſich auch dann und wann ſelbſt zu widerſprechen
und mit einer Hand zu geben, mit der andern
aber zu nehmen. Da haben denn beyde Thei-

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[711/0731] §. 5. Wer nicht weiß, wo er ſich heute oder morgen nieder zu laſſen und ſein Stuͤcklein Brod zu ſuchen habe, kan ſich auf Univerſitaͤten in der Praxi gar nicht habilitiren, oder muß doch hernach wieder anders lernen. Junge Richter und Advocaten muͤſſen zu Anfang noth- wendig mit der Partheyen und Clienten Scha- den ſtolpern, und ehe ſie einen habitum practi- cum acquiriret, immer in Furcht ſtehen, ſie machen es nicht recht. Daher kommt es, daß ſodann die jungen und unerfahrnen Richter mit ihrer Autoritaͤt durchdringen wollen, auch wohl von ihren Patronis zu conſervation ihres Reſpects ſouteniret werden; Daruͤber wer- den die jungen Advocaten in Theſi ungewiß, und lernen widrige Obſervantien, oder das Krummfahren, die alten, ſo ſich auf die vorge- ſchriebenen Ordnungen und ſonſten notoriſche Gerichts-Obſervantien verlaſſen, und damit nichts ausrichten koͤnnen, dencken denn wieder auf andere Schliche, wie ſie bey ihren Clienten die Reputation und applauſum doch behalten, und dem Rechte dagegen wieder ein Krummes machen moͤgen. §. 6. Die Proceß-Ordnungen pflegen ſich auch dann und wann ſelbſt zu widerſprechen und mit einer Hand zu geben, mit der andern aber zu nehmen. Da haben denn beyde Thei- le Y y 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/731>, abgerufen am 22.11.2024.