Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



Verordnungen, als welche allezeit vor mensch-
lichen, und mit dieser unser ernstlichen Willens
Meynung streitend zu halten, im mindesten sich
zu kehren, und dadurch von dem Wege der Ge-
rechtigkeit ablencken zu lassen, massen ihnen sol-
che Verordnungen so wenig, als unser etwan
vorgeschütztes Interesse zu keiner Entschuldigung
in diesen oder jenen Leben dienen mag, und ord-
nen wir dergleichen unzulängliche Entschuldig-
ung ungeachtet, solche ungerechte Richter mit
aller Strenge zu bestraffen, wenn sie nehmlich
überzeuget werden können, daß sie mehr auf un-
ser, als denn an sich nichtiges, und mit dem Nu-
tzen der aus rechtschaffener Administrirung der
Justitz entspringet, nicht zuvergleichendes In-
teresse,
als auf die Justitz und die Unschuld ihr
Absehen, GOtt, Pflicht vergessner und Gewis-
sen losser weise gerichtet, ja wir ruffen selbst den
eintzigen Hertzens-Kündiger an, daß er die
Trähnen der Unschuldigen, welche solche un-
schuldige Proceduren auspressen möchten, al-
lein auf deren Urheber Kopff kommen lasse.

§. 19. Es solten billich in den Judiciis bey den
Terminen zur Güte die Partheyen allezeit ohne
Advocaten erscheinen, und diese unterdessen
draussen stehen, und nicht eher vor das judici-
um
gelassen werden, bis der Richter sie ver-
langet, um einen und andern Umstand in factis

den



Verordnungen, als welche allezeit vor menſch-
lichen, und mit dieſer unſer ernſtlichen Willens
Meynung ſtreitend zu halten, im mindeſten ſich
zu kehren, und dadurch von dem Wege der Ge-
rechtigkeit ablencken zu laſſen, maſſen ihnen ſol-
che Verordnungen ſo wenig, als unſer etwan
vorgeſchuͤtztes Intereſſe zu keineꝛ Entſchuldigung
in dieſen oder jenen Leben dienen mag, und ord-
nen wir dergleichen unzulaͤngliche Entſchuldig-
ung ungeachtet, ſolche ungerechte Richter mit
aller Strenge zu beſtraffen, wenn ſie nehmlich
uͤberzeuget werden koͤnnen, daß ſie mehr auf un-
ſer, als denn an ſich nichtiges, und mit dem Nu-
tzen der aus rechtſchaffener Adminiſtrirung der
Juſtitz entſpringet, nicht zuvergleichendes In-
tereſſe,
als auf die Juſtitz und die Unſchuld ihr
Abſehen, GOtt, Pflicht vergeſſner und Gewiſ-
ſen loſſer weiſe gerichtet, ja wir ruffen ſelbſt den
eintzigen Hertzens-Kuͤndiger an, daß er die
Traͤhnen der Unſchuldigen, welche ſolche un-
ſchuldige Proceduren auspreſſen moͤchten, al-
lein auf deren Urheber Kopff kommen laſſe.

§. 19. Es ſolten billich in den Judiciis bey den
Terminen zur Guͤte die Partheyen allezeit ohne
Advocaten erſcheinen, und dieſe unterdeſſen
drauſſen ſtehen, und nicht eher vor das judici-
um
gelaſſen werden, bis der Richter ſie ver-
langet, um einen und andern Umſtand in factis

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0706" n="686"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Verordnungen, als welche allezeit vor men&#x017F;ch-<lb/>
lichen, und mit die&#x017F;er un&#x017F;er ern&#x017F;tlichen Willens<lb/>
Meynung &#x017F;treitend zu halten, im minde&#x017F;ten &#x017F;ich<lb/>
zu kehren, und dadurch von dem Wege der Ge-<lb/>
rechtigkeit ablencken zu la&#x017F;&#x017F;en, ma&#x017F;&#x017F;en ihnen &#x017F;ol-<lb/>
che Verordnungen &#x017F;o wenig, als un&#x017F;er etwan<lb/>
vorge&#x017F;chu&#x0364;tztes <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> zu keine&#xA75B; Ent&#x017F;chuldigung<lb/>
in die&#x017F;en oder jenen Leben dienen mag, und ord-<lb/>
nen wir dergleichen unzula&#x0364;ngliche Ent&#x017F;chuldig-<lb/>
ung ungeachtet, &#x017F;olche ungerechte Richter mit<lb/>
aller Strenge zu be&#x017F;traffen, wenn &#x017F;ie nehmlich<lb/>
u&#x0364;berzeuget werden ko&#x0364;nnen, daß &#x017F;ie mehr auf un-<lb/>
&#x017F;er, als denn an &#x017F;ich nichtiges, und mit dem Nu-<lb/>
tzen der aus recht&#x017F;chaffener <hi rendition="#aq">Admini&#x017F;tri</hi>rung der<lb/>
Ju&#x017F;titz ent&#x017F;pringet, nicht zuvergleichendes <hi rendition="#aq">In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e,</hi> als auf die Ju&#x017F;titz und die Un&#x017F;chuld ihr<lb/>
Ab&#x017F;ehen, GOtt, Pflicht verge&#x017F;&#x017F;ner und Gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en lo&#x017F;&#x017F;er wei&#x017F;e gerichtet, ja wir ruffen &#x017F;elb&#x017F;t den<lb/>
eintzigen Hertzens-Ku&#x0364;ndiger an, daß er die<lb/>
Tra&#x0364;hnen der Un&#x017F;chuldigen, welche &#x017F;olche un-<lb/>
&#x017F;chuldige <hi rendition="#aq">Proceduren</hi> auspre&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;chten, al-<lb/>
lein auf deren Urheber Kopff kommen la&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>§. 19. Es &#x017F;olten billich in den <hi rendition="#aq">Judiciis</hi> bey den<lb/>
Terminen zur Gu&#x0364;te die Partheyen allezeit ohne<lb/><hi rendition="#aq">Advocat</hi>en er&#x017F;cheinen, und die&#x017F;e unterde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
drau&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tehen, und nicht eher vor das <hi rendition="#aq">judici-<lb/>
um</hi> gela&#x017F;&#x017F;en werden, bis der Richter &#x017F;ie ver-<lb/>
langet, um einen und andern Um&#x017F;tand in <hi rendition="#aq">factis</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[686/0706] Verordnungen, als welche allezeit vor menſch- lichen, und mit dieſer unſer ernſtlichen Willens Meynung ſtreitend zu halten, im mindeſten ſich zu kehren, und dadurch von dem Wege der Ge- rechtigkeit ablencken zu laſſen, maſſen ihnen ſol- che Verordnungen ſo wenig, als unſer etwan vorgeſchuͤtztes Intereſſe zu keineꝛ Entſchuldigung in dieſen oder jenen Leben dienen mag, und ord- nen wir dergleichen unzulaͤngliche Entſchuldig- ung ungeachtet, ſolche ungerechte Richter mit aller Strenge zu beſtraffen, wenn ſie nehmlich uͤberzeuget werden koͤnnen, daß ſie mehr auf un- ſer, als denn an ſich nichtiges, und mit dem Nu- tzen der aus rechtſchaffener Adminiſtrirung der Juſtitz entſpringet, nicht zuvergleichendes In- tereſſe, als auf die Juſtitz und die Unſchuld ihr Abſehen, GOtt, Pflicht vergeſſner und Gewiſ- ſen loſſer weiſe gerichtet, ja wir ruffen ſelbſt den eintzigen Hertzens-Kuͤndiger an, daß er die Traͤhnen der Unſchuldigen, welche ſolche un- ſchuldige Proceduren auspreſſen moͤchten, al- lein auf deren Urheber Kopff kommen laſſe. §. 19. Es ſolten billich in den Judiciis bey den Terminen zur Guͤte die Partheyen allezeit ohne Advocaten erſcheinen, und dieſe unterdeſſen drauſſen ſtehen, und nicht eher vor das judici- um gelaſſen werden, bis der Richter ſie ver- langet, um einen und andern Umſtand in factis den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/706
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/706>, abgerufen am 22.11.2024.