wolte der nicht Autorität haben, der Gewalt über Leben und Tod hat. Allein dieses wür- cket wohl eine Furcht, aber nicht den Gehor- sam, welcher doch eine Frucht der Autorität seyn soll. Die Erfahrung lehret, daß manche Herren, ob sie gleich sonst strenge sind, dennoch viel Befehle in den Wind geben, und zumahl in Sachen, so die gemeine Wohlfarth angehen, nicht reussiren können, bevorab wenn die Be- dienten keine rechtschaffene intention haben, auf die guten Ordnungen recht steiff zu halten, son- dern denen Verbrechern durchzuhelffen suchen, deren einige auch wohl sich einbilden, sie übten hierinnen Barmhertzigkeit, und müsse man so strenge nicht verfahren. Wenn denn der Herr entweder nicht Verstand gnug hat, die Ausflüchte und Bemäntelungen zu ponderi- ren, oder aber sich die Zeit und Mühe nicht nimmt, es mit rechtschaffenen Bedienten zu überlegen, so wird nichts aus seinen auch aller- besten Verordnungen, und geräth damit in Spott und Geringachtung bey den Untertha- nen.
§. 11. Diesem Unheil nun vorzukommen und die gehörige Autorität zu mainteniren, ist nöthig (1.) daß dem Herrn entweder selbst so viel Verstand beywohne, daß er den Schein von der Wahrheit unterscheide und dasjenige,
was
wolte der nicht Autoritaͤt haben, der Gewalt uͤber Leben und Tod hat. Allein dieſes wuͤr- cket wohl eine Furcht, aber nicht den Gehor- ſam, welcher doch eine Frucht der Autoritaͤt ſeyn ſoll. Die Erfahrung lehret, daß manche Herren, ob ſie gleich ſonſt ſtrenge ſind, dennoch viel Befehle in den Wind geben, und zumahl in Sachen, ſo die gemeine Wohlfarth angehen, nicht reuſſiren koͤnnen, bevorab wenn die Be- dienten keine rechtſchaffene intention habẽ, auf die guten Ordnungen recht ſteiff zu halten, ſon- dern denen Verbrechern durchzuhelffen ſuchen, deren einige auch wohl ſich einbilden, ſie uͤbten hierinnen Barmhertzigkeit, und muͤſſe man ſo ſtrenge nicht verfahren. Wenn denn der Herr entweder nicht Verſtand gnug hat, die Ausfluͤchte und Bemaͤntelungen zu ponderi- ren, oder aber ſich die Zeit und Muͤhe nicht nimmt, es mit rechtſchaffenen Bedienten zu uͤberlegen, ſo wird nichts aus ſeinen auch aller- beſten Verordnungen, und geraͤth damit in Spott und Geringachtung bey den Untertha- nen.
§. 11. Dieſem Unheil nun vorzukommen und die gehoͤrige Autoritaͤt zu mainteniren, iſt noͤthig (1.) daß dem Herrn entweder ſelbſt ſo viel Verſtand beywohne, daß er den Schein von der Wahrheit unterſcheide und dasjenige,
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wolte der nicht Autoritaͤt haben, der Gewalt
uͤber Leben und Tod hat. Allein dieſes wuͤr-
cket wohl eine Furcht, aber nicht den Gehor-
ſam, welcher doch eine Frucht der Autoritaͤt
ſeyn ſoll. Die Erfahrung lehret, daß manche
Herren, ob ſie gleich ſonſt ſtrenge ſind, dennoch
viel Befehle in den Wind geben, und zumahl in
Sachen, ſo die gemeine Wohlfarth angehen,
nicht reuſſiren koͤnnen, bevorab wenn die Be-
dienten keine rechtſchaffene intention habẽ, auf
die guten Ordnungen recht ſteiff zu halten, ſon-
dern denen Verbrechern durchzuhelffen ſuchen,
deren einige auch wohl ſich einbilden, ſie uͤbten
hierinnen Barmhertzigkeit, und muͤſſe man ſo
ſtrenge nicht verfahren. Wenn denn der
Herr entweder nicht Verſtand gnug hat, die
Ausfluͤchte und Bemaͤntelungen zu ponderi-
ren, oder aber ſich die Zeit und Muͤhe nicht
nimmt, es mit rechtſchaffenen Bedienten zu
uͤberlegen, ſo wird nichts aus ſeinen auch aller-
beſten Verordnungen, und geraͤth damit in
Spott und Geringachtung bey den Untertha-
nen.
§. 11. Dieſem Unheil nun vorzukommen
und die gehoͤrige Autoritaͤt zu mainteniren, iſt
noͤthig (1.) daß dem Herrn entweder ſelbſt ſo
viel Verſtand beywohne, daß er den Schein
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/64>, abgerufen am 24.11.2024.
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