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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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müssen alles dasjenige, was im gantzen Lande
hin und wieder in allen Ständen zu verbessern
wäre, dem Landes-Fürsten einberichten, Poli-
cey-Ordnungen ausarbeiten, allerhand nützliche
Projecte verfertigen, wie eins und das andere
im Lande hin und wieder zu verbessern und zu
cultiviren wäre, und auch denjenigen, die an ih-
ren Vorschlägen etwas, entweder mit Grund
oder Ungrund, aus Haß und Neid auszusetzen
wüsten, geschickt zu antworten, und sich und ih-
re Vorschläge tapffer zu vertheidigen. Al-
lein dieses monitum wird wohl in die Classe der
piorum desideriorum gehören.

§. 5. Es kan sich niemand einen odiösern
Dienst einbilden, als einen solchen Commissa-
rium,
der überall gleich durch gehen, die Sache
bey dem rechten Zipffel anfassen, und niemand
heucheln soll. Participirt er gar von denen
Straffen, so taugt es vollends nichts. Jst die
Absicht mehr auf die Straffen denn auf die
Verbesserung gerichtet, so ist der Zweck schon
verfehlt. Strafft er zu wenig, so wird er bald
als ein unnützer Bedienter angesehen werden.
Ein fremder kan nicht gar viel gutes schaffen,
weil ihm die Umstände nicht wohl bekannt sind,
und auch offtermahls vor dem Nexu der Freun-
de und Bluts-Verwandten, die an dem Orte
zusammen hängen, nicht aufkommen kan. Ein

einhei-



muͤſſen alles dasjenige, was im gantzen Lande
hin und wieder in allen Staͤnden zu verbeſſern
waͤre, dem Landes-Fuͤrſten einberichten, Poli-
cey-Ordnungen ausarbeiten, allerhand nuͤtzliche
Projecte verfertigen, wie eins und das andere
im Lande hin und wieder zu verbeſſern und zu
cultiviren waͤre, und auch denjenigen, die an ih-
ren Vorſchlaͤgen etwas, entweder mit Grund
oder Ungrund, aus Haß und Neid auszuſetzen
wuͤſten, geſchickt zu antworten, und ſich und ih-
re Vorſchlaͤge tapffer zu vertheidigen. Al-
lein dieſes monitum wird wohl in die Claſſe der
piorum deſideriorum gehoͤren.

§. 5. Es kan ſich niemand einen odioͤſern
Dienſt einbilden, als einen ſolchen Commiſſa-
rium,
der uͤberall gleich durch gehen, die Sache
bey dem rechten Zipffel anfaſſen, und niemand
heucheln ſoll. Participirt er gar von denen
Straffen, ſo taugt es vollends nichts. Jſt die
Abſicht mehr auf die Straffen denn auf die
Verbeſſerung gerichtet, ſo iſt der Zweck ſchon
verfehlt. Strafft er zu wenig, ſo wird er bald
als ein unnuͤtzer Bedienter angeſehen werden.
Ein fremder kan nicht gar viel gutes ſchaffen,
weil ihm die Umſtaͤnde nicht wohl bekannt ſind,
und auch offtermahls vor dem Nexu der Freun-
de und Bluts-Verwandten, die an dem Orte
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[612/0632] muͤſſen alles dasjenige, was im gantzen Lande hin und wieder in allen Staͤnden zu verbeſſern waͤre, dem Landes-Fuͤrſten einberichten, Poli- cey-Ordnungen ausarbeiten, allerhand nuͤtzliche Projecte verfertigen, wie eins und das andere im Lande hin und wieder zu verbeſſern und zu cultiviren waͤre, und auch denjenigen, die an ih- ren Vorſchlaͤgen etwas, entweder mit Grund oder Ungrund, aus Haß und Neid auszuſetzen wuͤſten, geſchickt zu antworten, und ſich und ih- re Vorſchlaͤge tapffer zu vertheidigen. Al- lein dieſes monitum wird wohl in die Claſſe der piorum deſideriorum gehoͤren. §. 5. Es kan ſich niemand einen odioͤſern Dienſt einbilden, als einen ſolchen Commiſſa- rium, der uͤberall gleich durch gehen, die Sache bey dem rechten Zipffel anfaſſen, und niemand heucheln ſoll. Participirt er gar von denen Straffen, ſo taugt es vollends nichts. Jſt die Abſicht mehr auf die Straffen denn auf die Verbeſſerung gerichtet, ſo iſt der Zweck ſchon verfehlt. Strafft er zu wenig, ſo wird er bald als ein unnuͤtzer Bedienter angeſehen werden. Ein fremder kan nicht gar viel gutes ſchaffen, weil ihm die Umſtaͤnde nicht wohl bekannt ſind, und auch offtermahls vor dem Nexu der Freun- de und Bluts-Verwandten, die an dem Orte zuſammen haͤngen, nicht aufkommen kan. Ein einhei-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/632>, abgerufen am 22.11.2024.