schafft werden möchte, und sonderlich solten sie so eingerichtet werden, daß sie in den meisten Stücken mit einander harmonirten, und nicht so discrepant wären, als welches bey allerhand Heyrathen, Erbschaffts-Vormundschaffts- und andern Sachen nichts als Unordnung verursa- chet, wenn die Unterthanen der Statuten nicht kundig sind. Ein gleiches ist auch von den Ge- wohnheiten zu sagen, welche an allen Orten an- getroffen und den Gesetzen aequipariret werden, dennoch aber öffters sehr unvernünfftig und un- billig sind. Es solte mir ein leichtes seyn, eine Liste deren zu specificiren, wenn es mein Vor- haben zulassen wolte.
§. 27. Jnsonderheit muß dem Landes- Fürsten daran gelegen seyn, daß den gewöhnli- chen Observantien, wie sie in denen Rechts- Collegiis bräuchlich sind, ihr Ansehen entzogen werde. Denn es ist nicht auszusprechen, was ihm in seiner Potestate legislatoria durch der- gleichen Observanzien abgehet. Es werden hierdurch neue Gesetze gegeben, die publicirten Gesetze wider der Gesetz-Geber Absicht und in- tention erkläret, ja auch wohl nach eigener Willkühr abgeschafft, und unter diejenigen, so nicht usuel sind, referirt. Solte man nun wohl sich einbilden, daß dieses alles mit Landes- Fürstlicher Genehmhaltung und Consens ge-
schähe,
ſchafft werden moͤchte, und ſonderlich ſolten ſie ſo eingerichtet werden, daß ſie in den meiſten Stuͤcken mit einander harmonirten, und nicht ſo diſcrepant waͤren, als welches bey allerhand Heyrathen, Erbſchaffts-Vormundſchaffts- und andern Sachen nichts als Unordnung verurſa- chet, wenn die Unterthanen der Statuten nicht kundig ſind. Ein gleiches iſt auch von den Ge- wohnheiten zu ſagen, welche an allen Orten an- getroffen und den Geſetzen æquipariret werden, dennoch aber oͤffters ſehr unvernuͤnfftig und un- billig ſind. Es ſolte mir ein leichtes ſeyn, eine Liſte deren zu ſpecificiren, wenn es mein Vor- haben zulaſſen wolte.
§. 27. Jnſonderheit muß dem Landes- Fuͤrſten daran gelegen ſeyn, daß den gewoͤhnli- chen Obſervantien, wie ſie in denen Rechts- Collegiis braͤuchlich ſind, ihr Anſehen entzogen werde. Denn es iſt nicht auszuſprechen, was ihm in ſeiner Poteſtate legislatoria durch der- gleichen Obſervanzien abgehet. Es werden hierdurch neue Geſetze gegeben, die publicirten Geſetze wider der Geſetz-Geber Abſicht und in- tention erklaͤret, ja auch wohl nach eigener Willkuͤhr abgeſchafft, und unter diejenigen, ſo nicht uſuel ſind, referirt. Solte man nun wohl ſich einbilden, daß dieſes alles mit Landes- Fuͤrſtlicher Genehmhaltung und Conſens ge-
ſchaͤhe,
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ſchafft werden moͤchte, und ſonderlich ſolten ſie
ſo eingerichtet werden, daß ſie in den meiſten
Stuͤcken mit einander harmonirten, und nicht
ſo diſcrepant waͤren, als welches bey allerhand
Heyrathen, Erbſchaffts-Vormundſchaffts- und
andern Sachen nichts als Unordnung verurſa-
chet, wenn die Unterthanen der Statuten nicht
kundig ſind. Ein gleiches iſt auch von den Ge-
wohnheiten zu ſagen, welche an allen Orten an-
getroffen und den Geſetzen æquipariret werden,
dennoch aber oͤffters ſehr unvernuͤnfftig und un-
billig ſind. Es ſolte mir ein leichtes ſeyn, eine
Liſte deren zu ſpecificiren, wenn es mein Vor-
haben zulaſſen wolte.
§. 27. Jnſonderheit muß dem Landes-
Fuͤrſten daran gelegen ſeyn, daß den gewoͤhnli-
chen Obſervantien, wie ſie in denen Rechts-
Collegiis braͤuchlich ſind, ihr Anſehen entzogen
werde. Denn es iſt nicht auszuſprechen, was
ihm in ſeiner Poteſtate legislatoria durch der-
gleichen Obſervanzien abgehet. Es werden
hierdurch neue Geſetze gegeben, die publicirten
Geſetze wider der Geſetz-Geber Abſicht und in-
tention erklaͤret, ja auch wohl nach eigener
Willkuͤhr abgeſchafft, und unter diejenigen, ſo
nicht uſuel ſind, referirt. Solte man nun
wohl ſich einbilden, daß dieſes alles mit Landes-
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ſchaͤhe,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/620>, abgerufen am 22.11.2024.
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