auf unsere Zeit fortgebracht worden, und ver- muthlich auch noch wohl länger dauren wird, rühret sonder Zweifel her von den drey auslän- dischen Rechten, die man in Teutschland reci- piret, nemlich von dem Römischen, dem Longo- bardischen Lehn-Recht und dem Päbstischen Rechte. Es kömmt mir eben diese Einthei- lung nicht gar zu accurat vor. Denn ob gleich die Kirchen- und andere geistliche Sachen, wie auch die Lehns-Güter zwey Objecta sind, dabey die Land-Rechte eines und das andere zu ver- ordnen haben, so kan doch nicht eben absehen, wie diese Species eigne Sorten des Rechts, so den andern entgegen gesetzt, abgeben solten, da das bürgerliche und Provincial Recht nur auf diese Obiecta appliciret wird. Denn sonst könte man auch zu Speciebus des Rechts ma- chen das Kriegs-Recht, Forst-Recht, u. s. w. Jnzwischen wäre zu wünschen, daß wir bey der Rechts-Gelehrsamkeit keine wichtigere Fehler hätten, als diesen, so könte man denselben gar wohl erdulden.
§. 24. Das vornehmste, das ein Landes- Herr bey seinen Gesetzen zu beobachten hat, ist, daß er nicht allein dieselbigen publicire, sondern auch ernstlich darüber halte, denn sonst leidet seine Autorität gewaltig, wenn die Unterthanen zwar sehen, daß er unterschiedene gute und heil-
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auf unſere Zeit fortgebracht worden, und ver- muthlich auch noch wohl laͤnger dauren wird, ruͤhret ſonder Zweifel her von den drey auslaͤn- diſchen Rechten, die man in Teutſchland reci- piret, nemlich von dem Roͤmiſchen, dem Longo- bardiſchen Lehn-Recht und dem Paͤbſtiſchen Rechte. Es koͤmmt mir eben dieſe Einthei- lung nicht gar zu accurat vor. Denn ob gleich die Kirchen- und andere geiſtliche Sachen, wie auch die Lehns-Guͤter zwey Objecta ſind, dabey die Land-Rechte eines und das andere zu ver- ordnen haben, ſo kan doch nicht eben abſehen, wie dieſe Species eigne Sorten des Rechts, ſo den andern entgegen geſetzt, abgeben ſolten, da das buͤrgerliche und Provincial Recht nur auf dieſe Obiecta appliciret wird. Denn ſonſt koͤnte man auch zu Speciebus des Rechts ma- chen das Kriegs-Recht, Forſt-Recht, u. ſ. w. Jnzwiſchen waͤre zu wuͤnſchen, daß wir bey der Rechts-Gelehrſamkeit keine wichtigere Fehler haͤtten, als dieſen, ſo koͤnte man denſelben gar wohl erdulden.
§. 24. Das vornehmſte, das ein Landes- Herr bey ſeinen Geſetzen zu beobachten hat, iſt, daß er nicht allein dieſelbigen publicire, ſondern auch ernſtlich daruͤber halte, denn ſonſt leidet ſeine Autoritaͤt gewaltig, wenn die Unterthanen zwar ſehen, daß er unterſchiedene gute und heil-
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[597/0617]
auf unſere Zeit fortgebracht worden, und ver-
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ruͤhret ſonder Zweifel her von den drey auslaͤn-
diſchen Rechten, die man in Teutſchland reci-
piret, nemlich von dem Roͤmiſchen, dem Longo-
bardiſchen Lehn-Recht und dem Paͤbſtiſchen
Rechte. Es koͤmmt mir eben dieſe Einthei-
lung nicht gar zu accurat vor. Denn ob gleich
die Kirchen- und andere geiſtliche Sachen, wie
auch die Lehns-Guͤter zwey Objecta ſind, dabey
die Land-Rechte eines und das andere zu ver-
ordnen haben, ſo kan doch nicht eben abſehen,
wie dieſe Species eigne Sorten des Rechts, ſo
den andern entgegen geſetzt, abgeben ſolten, da
das buͤrgerliche und Provincial Recht nur auf
dieſe Obiecta appliciret wird. Denn ſonſt
koͤnte man auch zu Speciebus des Rechts ma-
chen das Kriegs-Recht, Forſt-Recht, u. ſ. w.
Jnzwiſchen waͤre zu wuͤnſchen, daß wir bey der
Rechts-Gelehrſamkeit keine wichtigere Fehler
haͤtten, als dieſen, ſo koͤnte man denſelben gar
wohl erdulden.
§. 24. Das vornehmſte, das ein Landes-
Herr bey ſeinen Geſetzen zu beobachten hat, iſt,
daß er nicht allein dieſelbigen publicire, ſondern
auch ernſtlich daruͤber halte, denn ſonſt leidet
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/617>, abgerufen am 22.11.2024.
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