die Wohlfahrt des Landes befördern sollen, nach desselben Staat gehöriger Massen einge- richtet seyn. Es sind dabey die Neigungen der Einwohner, Umstände der Zeiten, Gele- genheit der benachbarten Potentaten, die Con- nexion der Unterthanen, sowohl in Ansehung gegen ihren Landes-Herrn, als auch die sie selbst untereinander haben, die Raisons, die dar- zu Anlaß gegeben, und andere Umstände mehr, in gehörige Consideration zu ziehen. Allein in unserm Teutschland rühret eben die allergrö- ste Beschwerlichkeit und Berwirrung von den ausländischen Rechten her, weil sie sich auf un- sere teutsche Regiments-Beschaffenheit in so vielen Fällen gantz und gar nicht schicken. Jn- sonderheit haben die Römischen Rechte, da sie von den Doctoribus, ohne auf die unterschiede- ne Verfassung zu sehen, in Teutschland appli- ciret worden, unzehliche Confusion angerich- tet, zumahl vorzeiten in publicis, da man, wie noch wohl heut zu Tage einige thun, die Rechte der hohen Reichts-Stände auf den Codicem Justinianeum ungereimter Weise gegründet. Wie viele Dinge, welche bloß auf die in Teutsch- land usurpirte Gewalt des Pabstes abzielen, durch das Jus Canonicum eingeführet worden, lieget am Tage, und wird einiges davon von den Protestanten selbst, welche doch des Pabsts
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die Wohlfahrt des Landes befoͤrdern ſollen, nach deſſelben Staat gehoͤriger Maſſen einge- richtet ſeyn. Es ſind dabey die Neigungen der Einwohner, Umſtaͤnde der Zeiten, Gele- genheit der benachbarten Potentaten, die Con- nexion der Unterthanen, ſowohl in Anſehung gegen ihren Landes-Herrn, als auch die ſie ſelbſt untereinander haben, die Raiſons, die dar- zu Anlaß gegeben, und andere Umſtaͤnde mehr, in gehoͤrige Conſideration zu ziehen. Allein in unſerm Teutſchland ruͤhret eben die allergroͤ- ſte Beſchwerlichkeit und Berwirrung von den auslaͤndiſchen Rechten her, weil ſie ſich auf un- ſere teutſche Regiments-Beſchaffenheit in ſo vielen Faͤllen gantz und gar nicht ſchicken. Jn- ſonderheit haben die Roͤmiſchen Rechte, da ſie von den Doctoribus, ohne auf die unterſchiede- ne Verfaſſung zu ſehen, in Teutſchland appli- ciret worden, unzehliche Confuſion angerich- tet, zumahl vorzeiten in publicis, da man, wie noch wohl heut zu Tage einige thun, die Rechte der hohen Reichts-Staͤnde auf den Codicem Juſtinianeum ungereimter Weiſe gegruͤndet. Wie viele Dinge, welche bloß auf die in Teutſch- land uſurpirte Gewalt des Pabſtes abzielen, durch das Jus Canonicum eingefuͤhret worden, lieget am Tage, und wird einiges davon von den Proteſtanten ſelbſt, welche doch des Pabſts
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die Wohlfahrt des Landes befoͤrdern ſollen,
nach deſſelben Staat gehoͤriger Maſſen einge-
richtet ſeyn. Es ſind dabey die Neigungen
der Einwohner, Umſtaͤnde der Zeiten, Gele-
genheit der benachbarten Potentaten, die Con-
nexion der Unterthanen, ſowohl in Anſehung
gegen ihren Landes-Herrn, als auch die ſie
ſelbſt untereinander haben, die Raiſons, die dar-
zu Anlaß gegeben, und andere Umſtaͤnde mehr,
in gehoͤrige Conſideration zu ziehen. Allein
in unſerm Teutſchland ruͤhret eben die allergroͤ-
ſte Beſchwerlichkeit und Berwirrung von den
auslaͤndiſchen Rechten her, weil ſie ſich auf un-
ſere teutſche Regiments-Beſchaffenheit in ſo
vielen Faͤllen gantz und gar nicht ſchicken. Jn-
ſonderheit haben die Roͤmiſchen Rechte, da ſie
von den Doctoribus, ohne auf die unterſchiede-
ne Verfaſſung zu ſehen, in Teutſchland appli-
ciret worden, unzehliche Confuſion angerich-
tet, zumahl vorzeiten in publicis, da man, wie
noch wohl heut zu Tage einige thun, die Rechte
der hohen Reichts-Staͤnde auf den Codicem
Juſtinianeum ungereimter Weiſe gegruͤndet.
Wie viele Dinge, welche bloß auf die in Teutſch-
land uſurpirte Gewalt des Pabſtes abzielen,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/588>, abgerufen am 22.11.2024.
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