fürchten, sondern mit jenem Hertzoge zu Wür- tenberg, Eberhardo, in einem wilden wüsten Walde in dem Schoosse eines iedweden von seinen Unterthanen Mittags-Ruhe halten kön- nen. Und ob sie gleich anfänglich auch mit sei- ner Regierung oder vielmehr seiner Person nicht gar wohl zufrieden gewesen wären, und lieber einen andern Regenten verlanget hätten, so wird dennoch ein solcher durch Wohlthaten die Gemüther der Unterthanen gewinnen kön- nen, wie die Historien der alten und neuen Zei- ten dergleichen Fälle ausweisen. Hingegen die das Principium haben, die Unterthanen mögen den Regenten immer hassen, dafern sie ihn nur darbey auch fürchten, die ihr Volck mit Peitschen und Scorpionen züchtigen, die Fun- damental-Gesetze übern Hauffen werffen, ihre Unterthanen zu Bettlern machen, gegen sie ty- rannisiren, und mehr Landes-Hencker denn Landes-Väter abgeben, über die Gewissen der Unterthanen gewaltthätiger Weise herrschen, und andere böse Thaten verüben, haben Rai- son, daß sie sich ihrer Conduite wegen mehr vor einheimischer denn auswärtiger Gewalt fürchten.
Das
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fuͤrchten, ſondern mit jenem Hertzoge zu Wuͤr- tenberg, Eberhardo, in einem wilden wuͤſten Walde in dem Schooſſe eines iedweden von ſeinen Unterthanen Mittags-Ruhe halten koͤn- nen. Und ob ſie gleich anfaͤnglich auch mit ſei- ner Regierung oder vielmehr ſeiner Perſon nicht gar wohl zufrieden geweſen waͤren, und lieber einen andern Regenten verlanget haͤtten, ſo wird dennoch ein ſolcher durch Wohlthaten die Gemuͤther der Unterthanen gewinnen koͤn- nen, wie die Hiſtorien der alten und neuen Zei- ten dergleichen Faͤlle ausweiſen. Hingegen die das Principium haben, die Unterthanen moͤgen den Regenten immer haſſen, dafern ſie ihn nur darbey auch fuͤrchten, die ihr Volck mit Peitſchen und Scorpionen zuͤchtigen, die Fun- damental-Geſetze uͤbern Hauffen werffen, ihre Unterthanen zu Bettlern machen, gegen ſie ty- ranniſiren, und mehr Landes-Hencker denn Landes-Vaͤter abgeben, uͤber die Gewiſſen der Unterthanen gewaltthaͤtiger Weiſe herrſchen, und andere boͤſe Thaten veruͤben, haben Rai- ſon, daß ſie ſich ihrer Conduite wegen mehr vor einheimiſcher denn auswaͤrtiger Gewalt fuͤrchten.
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fuͤrchten, ſondern mit jenem Hertzoge zu Wuͤr-
tenberg, Eberhardo, in einem wilden wuͤſten
Walde in dem Schooſſe eines iedweden von
ſeinen Unterthanen Mittags-Ruhe halten koͤn-
nen. Und ob ſie gleich anfaͤnglich auch mit ſei-
ner Regierung oder vielmehr ſeiner Perſon
nicht gar wohl zufrieden geweſen waͤren, und
lieber einen andern Regenten verlanget haͤtten,
ſo wird dennoch ein ſolcher durch Wohlthaten
die Gemuͤther der Unterthanen gewinnen koͤn-
nen, wie die Hiſtorien der alten und neuen Zei-
ten dergleichen Faͤlle ausweiſen. Hingegen
die das Principium haben, die Unterthanen
moͤgen den Regenten immer haſſen, dafern ſie
ihn nur darbey auch fuͤrchten, die ihr Volck mit
Peitſchen und Scorpionen zuͤchtigen, die Fun-
damental-Geſetze uͤbern Hauffen werffen, ihre
Unterthanen zu Bettlern machen, gegen ſie ty-
ranniſiren, und mehr Landes-Hencker denn
Landes-Vaͤter abgeben, uͤber die Gewiſſen der
Unterthanen gewaltthaͤtiger Weiſe herrſchen,
und andere boͤſe Thaten veruͤben, haben Rai-
ſon, daß ſie ſich ihrer Conduite wegen mehr
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/585>, abgerufen am 22.11.2024.
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