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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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oder auch der allzugrossen Freyheit des Vol-
ckes her. Jn dem erstern Fall können sie, zu-
mahl wenn sie einige von der Militz an sich ha-
ben, den Staat sehr in Unruhe setzen, insonder-
heit wenn die Macht und das Ansehen erstlich
unter dem Schein der Gottesfurcht und Tu-
gend verborgen ist, hernachmahls in starcke
Flammen ausbricht, die der gantzen Republic
den Ruin drohen kan. Jn dem letztern Fall,
wenn das Volck allzugrosse Freyheit hat, ent-
stehen factiones in der Republic, welcher son-
derlich die popularischen Republiquen unter-
worffen seyn, zumahl wenn die Unbesonnenheit
einiger Prediger darzu kömmt, die das Volck
zu allerhand unfertigen Händeln zu verleiten
öffters capables sind.

§. 4. Ob gleich das Recht die Republic zu
reformiren dem Landes-Herrn eigenthümlich
ist, so pflegt es doch nach dem unterschiedenen
Staat der Republic denjenigen aufgetragen zu
werden, welchen die Sorgfalt und Administra-
tion
der gantzen Provintz anvertrauet ist. Es
ist die Reforme so vorzunehmen, daß der Staat
und die Verfassung des gemeinen Wesens, in
so weit sie gut sind, unverletzt dadurch erhalten
werden, und nicht grössere Ubel etwan hieraus
entstehen. Denn sonst würde der Landes-Herr
nicht unbillig einige Ubel und incommoditäten

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oder auch der allzugroſſen Freyheit des Vol-
ckes her. Jn dem erſtern Fall koͤnnen ſie, zu-
mahl wenn ſie einige von der Militz an ſich ha-
ben, den Staat ſehr in Unruhe ſetzen, inſonder-
heit wenn die Macht und das Anſehen erſtlich
unter dem Schein der Gottesfurcht und Tu-
gend verborgen iſt, hernachmahls in ſtarcke
Flammen ausbricht, die der gantzen Republic
den Ruin drohen kan. Jn dem letztern Fall,
wenn das Volck allzugroſſe Freyheit hat, ent-
ſtehen factiones in der Republic, welcher ſon-
derlich die populariſchen Republiquen unter-
worffen ſeyn, zumahl wenn die Unbeſonnenheit
einiger Prediger darzu koͤmmt, die das Volck
zu allerhand unfertigen Haͤndeln zu verleiten
oͤffters capables ſind.

§. 4. Ob gleich das Recht die Republic zu
reformiren dem Landes-Herrn eigenthuͤmlich
iſt, ſo pflegt es doch nach dem unterſchiedenen
Staat der Republic denjenigen aufgetragen zu
werden, welchen die Sorgfalt und Adminiſtra-
tion
der gantzen Provintz anvertrauet iſt. Es
iſt die Reforme ſo vorzunehmen, daß der Staat
und die Verfaſſung des gemeinen Weſens, in
ſo weit ſie gut ſind, unverletzt dadurch erhalten
werden, und nicht groͤſſere Ubel etwan hieraus
entſtehen. Denn ſonſt wuͤrde der Landes-Herr
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[549/0569] oder auch der allzugroſſen Freyheit des Vol- ckes her. Jn dem erſtern Fall koͤnnen ſie, zu- mahl wenn ſie einige von der Militz an ſich ha- ben, den Staat ſehr in Unruhe ſetzen, inſonder- heit wenn die Macht und das Anſehen erſtlich unter dem Schein der Gottesfurcht und Tu- gend verborgen iſt, hernachmahls in ſtarcke Flammen ausbricht, die der gantzen Republic den Ruin drohen kan. Jn dem letztern Fall, wenn das Volck allzugroſſe Freyheit hat, ent- ſtehen factiones in der Republic, welcher ſon- derlich die populariſchen Republiquen unter- worffen ſeyn, zumahl wenn die Unbeſonnenheit einiger Prediger darzu koͤmmt, die das Volck zu allerhand unfertigen Haͤndeln zu verleiten oͤffters capables ſind. §. 4. Ob gleich das Recht die Republic zu reformiren dem Landes-Herrn eigenthuͤmlich iſt, ſo pflegt es doch nach dem unterſchiedenen Staat der Republic denjenigen aufgetragen zu werden, welchen die Sorgfalt und Adminiſtra- tion der gantzen Provintz anvertrauet iſt. Es iſt die Reforme ſo vorzunehmen, daß der Staat und die Verfaſſung des gemeinen Weſens, in ſo weit ſie gut ſind, unverletzt dadurch erhalten werden, und nicht groͤſſere Ubel etwan hieraus entſtehen. Denn ſonſt wuͤrde der Landes-Herr nicht unbillig einige Ubel und incommoditaͤten ertra- M m 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/569>, abgerufen am 22.11.2024.