brauch der Straffen in einen Misbrauch, wel- ches bey unterschiedenen Fällen und Umständen zu geschehen pflegt.
§. 6. Der Mißbrauch der menschlichen Straffen scheinet sich auf viererley Art sonder- lich zu exeriren. Entweder es wird (1.) ei- ne Straffe zuerkannt, wo doch kein Recht noch Befugniß zu straffen ist, oder (2.) ein gewiß Ubel adhibirt, dadurch der rechtmäßige Endzweck der Straffen nicht erreichet, oder (3.) allzu- scharffe Straffe auferlegt, oder auch (4.) bey manchen Umständen, Fällen und Personen et- was nicht bestrafft, das doch billig bestrafft werden solte, welches ich in folgenden weiter ausführen will.
§. 7. Was nun den ersten Mißbrauch der Straffen anlangt, so spüret man denselben, wenn eine Straffe auferleget wird, wo gar kein Straff-Recht vorhanden, weil entweder kein Verbrechen begangen worden, oder doch das- selbige seiner Natur und Beschaffenheit nach nicht straffwürdig ist. Es lehret die Erfahrung, daß diejenigen, die von einer falschen zu der wahren Religion bekehret worden, von ihren vorigen Religions-Verwandten, wenn sie ih- nen unter die Hände gerathen, gar übel tracti- ret, ja auch einer ehrlichen Sepultur nicht ein- mahl gewürdiget werden. Daß aber dieses
eine
brauch der Straffen in einen Misbrauch, wel- ches bey unterſchiedenen Faͤllen und Umſtaͤnden zu geſchehen pflegt.
§. 6. Der Mißbrauch der menſchlichen Straffen ſcheinet ſich auf viererley Art ſonder- lich zu exeriren. Entweder es wird (1.) ei- ne Straffe zuerkannt, wo doch kein Recht noch Befugniß zu ſtraffen iſt, oder (2.) ein gewiß Ubel adhibirt, dadurch der rechtmaͤßige Endzweck der Straffen nicht erreichet, oder (3.) allzu- ſcharffe Straffe auferlegt, oder auch (4.) bey manchen Umſtaͤnden, Faͤllen und Perſonen et- was nicht beſtrafft, das doch billig beſtrafft werden ſolte, welches ich in folgenden weiter ausfuͤhren will.
§. 7. Was nun den erſten Mißbrauch der Straffen anlangt, ſo ſpuͤret man denſelben, wenn eine Straffe auferleget wird, wo gar kein Straff-Recht vorhanden, weil entweder kein Verbrechen begangen worden, oder doch daſ- ſelbige ſeiner Natur und Beſchaffenheit nach nicht ſtraffwuͤrdig iſt. Es lehret die Erfahrung, daß diejenigen, die von einer falſchen zu der wahren Religion bekehret worden, von ihren vorigen Religions-Verwandten, wenn ſie ih- nen unter die Haͤnde gerathen, gar uͤbel tracti- ret, ja auch einer ehrlichen Sepultur nicht ein- mahl gewuͤrdiget werden. Daß aber dieſes
eine
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brauch der Straffen in einen Misbrauch, wel-
ches bey unterſchiedenen Faͤllen und Umſtaͤnden
zu geſchehen pflegt.
§. 6. Der Mißbrauch der menſchlichen
Straffen ſcheinet ſich auf viererley Art ſonder-
lich zu exeriren. Entweder es wird (1.) ei-
ne Straffe zuerkannt, wo doch kein Recht noch
Befugniß zu ſtraffen iſt, oder (2.) ein gewiß Ubel
adhibirt, dadurch der rechtmaͤßige Endzweck
der Straffen nicht erreichet, oder (3.) allzu-
ſcharffe Straffe auferlegt, oder auch (4.) bey
manchen Umſtaͤnden, Faͤllen und Perſonen et-
was nicht beſtrafft, das doch billig beſtrafft
werden ſolte, welches ich in folgenden weiter
ausfuͤhren will.
§. 7. Was nun den erſten Mißbrauch der
Straffen anlangt, ſo ſpuͤret man denſelben,
wenn eine Straffe auferleget wird, wo gar kein
Straff-Recht vorhanden, weil entweder kein
Verbrechen begangen worden, oder doch daſ-
ſelbige ſeiner Natur und Beſchaffenheit nach
nicht ſtraffwuͤrdig iſt. Es lehret die Erfahrung,
daß diejenigen, die von einer falſchen zu der
wahren Religion bekehret worden, von ihren
vorigen Religions-Verwandten, wenn ſie ih-
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ret, ja auch einer ehrlichen Sepultur nicht ein-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/538>, abgerufen am 22.11.2024.
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