Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



Obrigkeit kein Mensch absprechen können. Es
ist erschrecklich, wenn man hier und da höret,
daß liederliche Pursche das Vermögen, so sie
von ihren Eltern ererbet und bißweilen in sehr
vielen tausenden bestehet, in gar kurtzer Zeit
muthwilliger Weise verschwenden, und wie viel
Männer ihre Weiber um ihr Eingebrachtes,
wenn die Weiber allzutreuhertzig sind, und sie
sich in den Ehe-Stifftungen nicht wohl prospi-
ci
ren und manche Väter ihre Kinder um ihre
Güter bringen. Jch verstehe aber hierunter
nicht diejenigen, die zwar pretieuse Desseins
vornehmen, jedoch einen guten Entzweck darbey
haben und durch allerhand Fatalitäten verhin-
dert worden, daß sie ihre intention nicht errei-
chen können, und also in die äusserste Armuth
verfallen, sondern die das ihrige muthwilliger
Weise mit unnützen tractiren, Kleider-Pracht,
magnifiquen Meublen, Spielen, unnöthigen
Reisen, vielen Bedienten, u. s. w. durchbringen.
Es wäre gar eine gute Sache, wenn die Lan-
des-Herrn denen Obrigkeiten anbeföhlen, daß,
wenn die Besitzer der unbeweglichen Grundstü-
cken zu derselben Verhypothecirung Consen-
se
verlangten, sie erstlich erweisen solten, worzu
sie das Geld wohl nöthig hätten, und wie sie es
anlegen wolten. Solchen, von denen man
wüste, daß sie es unnütze verthun würden,

müsten



Obrigkeit kein Menſch abſprechen koͤnnen. Es
iſt erſchrecklich, wenn man hier und da hoͤret,
daß liederliche Purſche das Vermoͤgen, ſo ſie
von ihren Eltern ererbet und bißweilen in ſehr
vielen tauſenden beſtehet, in gar kurtzer Zeit
muthwilliger Weiſe verſchwenden, und wie viel
Maͤnner ihre Weiber um ihr Eingebrachtes,
wenn die Weiber allzutreuhertzig ſind, und ſie
ſich in den Ehe-Stifftungen nicht wohl proſpi-
ci
ren und manche Vaͤter ihre Kinder um ihre
Guͤter bringen. Jch verſtehe aber hierunter
nicht diejenigen, die zwar pretieuſe Deſſeins
vornehmen, jedoch einen guten Entzweck darbey
haben und durch allerhand Fatalitaͤten verhin-
dert worden, daß ſie ihre intention nicht errei-
chen koͤnnen, und alſo in die aͤuſſerſte Armuth
verfallen, ſondern die das ihrige muthwilliger
Weiſe mit unnuͤtzen tractiren, Kleider-Pracht,
magnifiquen Meublen, Spielen, unnoͤthigen
Reiſen, vielen Bedienten, u. ſ. w. durchbringen.
Es waͤre gar eine gute Sache, wenn die Lan-
des-Herrn denen Obrigkeiten anbefoͤhlen, daß,
wenn die Beſitzer der unbeweglichen Grundſtuͤ-
cken zu derſelben Verhypothecirung Conſen-
ſe
verlangten, ſie erſtlich erweiſen ſolten, worzu
ſie das Geld wohl noͤthig haͤtten, und wie ſie es
anlegen wolten. Solchen, von denen man
wuͤſte, daß ſie es unnuͤtze verthun wuͤrden,

muͤſten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0530" n="510"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Obrigkeit kein Men&#x017F;ch ab&#x017F;prechen ko&#x0364;nnen. Es<lb/>
i&#x017F;t er&#x017F;chrecklich, wenn man hier und da ho&#x0364;ret,<lb/>
daß liederliche Pur&#x017F;che das Vermo&#x0364;gen, &#x017F;o &#x017F;ie<lb/>
von ihren Eltern ererbet und bißweilen in &#x017F;ehr<lb/>
vielen tau&#x017F;enden be&#x017F;tehet, in gar kurtzer Zeit<lb/>
muthwilliger Wei&#x017F;e ver&#x017F;chwenden, und wie viel<lb/>
Ma&#x0364;nner ihre Weiber um ihr Eingebrachtes,<lb/>
wenn die Weiber allzutreuhertzig &#x017F;ind, und &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich in den Ehe-Stifftungen nicht wohl <hi rendition="#aq">pro&#x017F;pi-<lb/>
ci</hi>ren und manche Va&#x0364;ter ihre Kinder um ihre<lb/>
Gu&#x0364;ter bringen. Jch ver&#x017F;tehe aber hierunter<lb/>
nicht diejenigen, die zwar <hi rendition="#aq">pretieu</hi>&#x017F;e <hi rendition="#aq">De&#x017F;&#x017F;eins</hi><lb/>
vornehmen, jedoch einen guten Entzweck darbey<lb/>
haben und durch allerhand <hi rendition="#aq">Fatali</hi>ta&#x0364;ten verhin-<lb/>
dert worden, daß &#x017F;ie ihre <hi rendition="#aq">intention</hi> nicht errei-<lb/>
chen ko&#x0364;nnen, und al&#x017F;o in die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Armuth<lb/>
verfallen, &#x017F;ondern die das ihrige muthwilliger<lb/>
Wei&#x017F;e mit unnu&#x0364;tzen <hi rendition="#aq">tracti</hi>ren, Kleider-Pracht,<lb/><hi rendition="#aq">magnifiqu</hi>en <hi rendition="#aq">Meubl</hi>en, Spielen, unno&#x0364;thigen<lb/>
Rei&#x017F;en, vielen Bedienten, u. &#x017F;. w. durchbringen.<lb/>
Es wa&#x0364;re gar eine gute Sache, wenn die Lan-<lb/>
des-Herrn denen Obrigkeiten anbefo&#x0364;hlen, daß,<lb/>
wenn die Be&#x017F;itzer der unbeweglichen Grund&#x017F;tu&#x0364;-<lb/>
cken zu der&#x017F;elben Ver<hi rendition="#aq">hypotheci</hi>rung <hi rendition="#aq">Con&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;e</hi> verlangten, &#x017F;ie er&#x017F;tlich erwei&#x017F;en &#x017F;olten, worzu<lb/>
&#x017F;ie das Geld wohl no&#x0364;thig ha&#x0364;tten, und wie &#x017F;ie es<lb/>
anlegen wolten. Solchen, von denen man<lb/>
wu&#x0364;&#x017F;te, daß &#x017F;ie es unnu&#x0364;tze verthun wu&#x0364;rden,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mu&#x0364;&#x017F;ten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[510/0530] Obrigkeit kein Menſch abſprechen koͤnnen. Es iſt erſchrecklich, wenn man hier und da hoͤret, daß liederliche Purſche das Vermoͤgen, ſo ſie von ihren Eltern ererbet und bißweilen in ſehr vielen tauſenden beſtehet, in gar kurtzer Zeit muthwilliger Weiſe verſchwenden, und wie viel Maͤnner ihre Weiber um ihr Eingebrachtes, wenn die Weiber allzutreuhertzig ſind, und ſie ſich in den Ehe-Stifftungen nicht wohl proſpi- ciren und manche Vaͤter ihre Kinder um ihre Guͤter bringen. Jch verſtehe aber hierunter nicht diejenigen, die zwar pretieuſe Deſſeins vornehmen, jedoch einen guten Entzweck darbey haben und durch allerhand Fatalitaͤten verhin- dert worden, daß ſie ihre intention nicht errei- chen koͤnnen, und alſo in die aͤuſſerſte Armuth verfallen, ſondern die das ihrige muthwilliger Weiſe mit unnuͤtzen tractiren, Kleider-Pracht, magnifiquen Meublen, Spielen, unnoͤthigen Reiſen, vielen Bedienten, u. ſ. w. durchbringen. Es waͤre gar eine gute Sache, wenn die Lan- des-Herrn denen Obrigkeiten anbefoͤhlen, daß, wenn die Beſitzer der unbeweglichen Grundſtuͤ- cken zu derſelben Verhypothecirung Conſen- ſe verlangten, ſie erſtlich erweiſen ſolten, worzu ſie das Geld wohl noͤthig haͤtten, und wie ſie es anlegen wolten. Solchen, von denen man wuͤſte, daß ſie es unnuͤtze verthun wuͤrden, muͤſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/530
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/530>, abgerufen am 25.11.2024.