Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



hält sie gegen die heutige Welt, so will sich kein
gemeiner Kauff- und Handels-Mann oder
Bürger mehr mit demjenigen begnügen, was
in denen alten Ordnungen keinen Herren
Standes-Personen erlaubet gewesen. Man
betrachte nur an etlichen Orten die Bauern,
was dieselbigen auf die Kleidung wenden, wie
veränderlich auch dieselben seyn, und wie ihnen
nichts zu theuer fallen wolle. Ein Bürger
will vor einem Bauer auch distinguiret seyn,
daher muß er es besser haben, als vor 20. 30.
40. Jahren kein Edelmann sich kleiden können.
Die in Diensten und Chargen stehen, praeten-
di
ren wieder einen Vorzug, die von Adel vor
diesen, die hohen Ministri noch mehr. Also ist
des Luxus kein Ende, die Schulden aber wer-
den aller Orten mehr, die Handels-Leute ziehen
das Geld, behalten es aber auch nicht, sondern
schaffen es aus dem Lande vor die Waaren;
Jm übrigen leben sie herrlich, und verderben
doch öffters mit ihren Debitoribus, denen sie zu
viel credidiret und die Waaren aufgehänget.
So verschwenderisch ist die närrische Mode,
daß öffters der mehreste Theil der Kleidung
übrig ist, an Manns- und Weibs-Personen.
Alle dergleichen neugierige Eitelkeiten und Re-
pari
rungen geben öffters bey Manns- nnd
Weibs-Personen ein gar deutliches Zeugniß

ihrer
J i 4



haͤlt ſie gegen die heutige Welt, ſo will ſich kein
gemeiner Kauff- und Handels-Mann oder
Buͤrger mehr mit demjenigen begnuͤgen, was
in denen alten Ordnungen keinen Herren
Standes-Perſonen erlaubet geweſen. Man
betrachte nur an etlichen Orten die Bauern,
was dieſelbigen auf die Kleidung wenden, wie
veraͤnderlich auch dieſelben ſeyn, und wie ihnen
nichts zu theuer fallen wolle. Ein Buͤrger
will vor einem Bauer auch diſtinguiret ſeyn,
daher muß er es beſſer haben, als vor 20. 30.
40. Jahren kein Edelmann ſich kleiden koͤnnen.
Die in Dienſten und Chargen ſtehen, præten-
di
ren wieder einen Vorzug, die von Adel vor
dieſen, die hohen Miniſtri noch mehr. Alſo iſt
des Luxus kein Ende, die Schulden aber wer-
den aller Orten mehr, die Handels-Leute ziehen
das Geld, behalten es aber auch nicht, ſondern
ſchaffen es aus dem Lande vor die Waaren;
Jm uͤbrigen leben ſie herrlich, und verderben
doch oͤffters mit ihren Debitoribus, denen ſie zu
viel credidiret und die Waaren aufgehaͤnget.
So verſchwenderiſch iſt die naͤrriſche Mode,
daß oͤffters der mehreſte Theil der Kleidung
uͤbrig iſt, an Manns- und Weibs-Perſonen.
Alle dergleichen neugierige Eitelkeiten und Re-
pari
rungen geben oͤffters bey Manns- nnd
Weibs-Perſonen ein gar deutliches Zeugniß

ihrer
J i 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0523" n="503"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> ha&#x0364;lt &#x017F;ie gegen die heutige Welt, &#x017F;o will &#x017F;ich kein<lb/>
gemeiner Kauff- und Handels-Mann oder<lb/>
Bu&#x0364;rger mehr mit demjenigen begnu&#x0364;gen, was<lb/>
in denen alten Ordnungen keinen Herren<lb/>
Standes-Per&#x017F;onen erlaubet gewe&#x017F;en. Man<lb/>
betrachte nur an etlichen Orten die Bauern,<lb/>
was die&#x017F;elbigen auf die Kleidung wenden, wie<lb/>
vera&#x0364;nderlich auch die&#x017F;elben &#x017F;eyn, und wie ihnen<lb/>
nichts zu theuer fallen wolle. Ein Bu&#x0364;rger<lb/>
will vor einem Bauer auch <hi rendition="#aq">di&#x017F;tingui</hi>ret &#x017F;eyn,<lb/>
daher muß er es be&#x017F;&#x017F;er haben, als vor 20. 30.<lb/>
40. Jahren kein Edelmann &#x017F;ich kleiden ko&#x0364;nnen.<lb/>
Die in Dien&#x017F;ten und <hi rendition="#aq">Charg</hi>en &#x017F;tehen, <hi rendition="#aq">præten-<lb/>
di</hi>ren wieder einen Vorzug, die von Adel vor<lb/>
die&#x017F;en, die hohen <hi rendition="#aq">Mini&#x017F;tri</hi> noch mehr. Al&#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
des <hi rendition="#aq">Luxus</hi> kein Ende, die Schulden aber wer-<lb/>
den aller Orten mehr, die Handels-Leute ziehen<lb/>
das Geld, behalten es aber auch nicht, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;chaffen es aus dem Lande vor die Waaren;<lb/>
Jm u&#x0364;brigen leben &#x017F;ie herrlich, und verderben<lb/>
doch o&#x0364;ffters mit ihren <hi rendition="#aq">Debitoribus,</hi> denen &#x017F;ie zu<lb/>
viel <hi rendition="#aq">credidi</hi>ret und die Waaren aufgeha&#x0364;nget.<lb/>
So ver&#x017F;chwenderi&#x017F;ch i&#x017F;t die na&#x0364;rri&#x017F;che Mode,<lb/>
daß o&#x0364;ffters der mehre&#x017F;te Theil der Kleidung<lb/>
u&#x0364;brig i&#x017F;t, an Manns- und Weibs-Per&#x017F;onen.<lb/>
Alle dergleichen neugierige Eitelkeiten und <hi rendition="#aq">Re-<lb/>
pari</hi>rungen geben o&#x0364;ffters bey Manns- nnd<lb/>
Weibs-Per&#x017F;onen ein gar deutliches Zeugniß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J i 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ihrer</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[503/0523] haͤlt ſie gegen die heutige Welt, ſo will ſich kein gemeiner Kauff- und Handels-Mann oder Buͤrger mehr mit demjenigen begnuͤgen, was in denen alten Ordnungen keinen Herren Standes-Perſonen erlaubet geweſen. Man betrachte nur an etlichen Orten die Bauern, was dieſelbigen auf die Kleidung wenden, wie veraͤnderlich auch dieſelben ſeyn, und wie ihnen nichts zu theuer fallen wolle. Ein Buͤrger will vor einem Bauer auch diſtinguiret ſeyn, daher muß er es beſſer haben, als vor 20. 30. 40. Jahren kein Edelmann ſich kleiden koͤnnen. Die in Dienſten und Chargen ſtehen, præten- diren wieder einen Vorzug, die von Adel vor dieſen, die hohen Miniſtri noch mehr. Alſo iſt des Luxus kein Ende, die Schulden aber wer- den aller Orten mehr, die Handels-Leute ziehen das Geld, behalten es aber auch nicht, ſondern ſchaffen es aus dem Lande vor die Waaren; Jm uͤbrigen leben ſie herrlich, und verderben doch oͤffters mit ihren Debitoribus, denen ſie zu viel credidiret und die Waaren aufgehaͤnget. So verſchwenderiſch iſt die naͤrriſche Mode, daß oͤffters der mehreſte Theil der Kleidung uͤbrig iſt, an Manns- und Weibs-Perſonen. Alle dergleichen neugierige Eitelkeiten und Re- parirungen geben oͤffters bey Manns- nnd Weibs-Perſonen ein gar deutliches Zeugniß ihrer J i 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/523
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/523>, abgerufen am 16.07.2024.