zu einem dergleichen Commerce Hoffnung machen. Es pflegen sich zwar solche Eltern mit dem gewöhnlichen Dicterio zu trösten, daß sich die Liebe wohl noch finden werde. Allein ich glaube, daß die meisten zu ihrer grossen Be- trübniß werden erfahren haben, daß sich eher ei- ne unzuläßige Liebe gegen andere Personen, denn gegen ihren Ehegatten, werde gefunden haben. Da nun aus dergleichen gezwunge- nen Heyrathen allerhand denen Familien be- trübliche und desavantageuse Suiten zu entste- hen pflegen, so solten die Landes-Fürsten denen Eltern bey einer scharffen Straffe verbiethen, daß sie die Kinder zu denenjenigen Heyrathen, zu welchen sie nicht selbst Lust hätten, nicht zwin- gen solten, und den Priestern anbefehlen, die beyden Partheyen, bevor sie solche verlobten, ohne Beyseyn der Eltern vor sich kommen zu las- sen, und solche auf ihr Gewissen zu befragen, ob sie diese Heyrathen freywillig schlössen, oder von ihren Eltern darzu gezwungen würden, und wo sie spürten, daß die Kinder nicht freywillig dran giengen, so solten sie dergleichen Personen gar nicht trauen, sondern alsdenn dem Consi- storio und der weltlichen Obrigkeit anzeigen, daß die Eltern zu gehöriger Straffe gezogen würden, und so solte auch in den Landes-Gese- tzen deutlicher und specifiquer ausgedruckt
seyn,
zu einem dergleichen Commerce Hoffnung machen. Es pflegen ſich zwar ſolche Eltern mit dem gewoͤhnlichen Dicterio zu troͤſten, daß ſich die Liebe wohl noch finden werde. Allein ich glaube, daß die meiſten zu ihrer groſſen Be- truͤbniß werden erfahren haben, daß ſich eher ei- ne unzulaͤßige Liebe gegen andere Perſonen, denn gegen ihren Ehegatten, werde gefunden haben. Da nun aus dergleichen gezwunge- nen Heyrathen allerhand denen Familien be- truͤbliche und desavantageuſe Suiten zu entſte- hen pflegen, ſo ſolten die Landes-Fuͤrſten denen Eltern bey einer ſcharffen Straffe verbiethen, daß ſie die Kinder zu denenjenigen Heyrathen, zu welchen ſie nicht ſelbſt Luſt haͤtten, nicht zwin- gen ſolten, und den Prieſtern anbefehlen, die beyden Partheyen, bevor ſie ſolche verlobten, ohne Beyſeyn der Eltern vor ſich kommen zu laſ- ſen, und ſolche auf ihr Gewiſſen zu befragen, ob ſie dieſe Heyrathen freywillig ſchloͤſſen, oder von ihren Eltern darzu gezwungen wuͤrden, und wo ſie ſpuͤrten, daß die Kinder nicht freywillig dran giengen, ſo ſolten ſie dergleichen Perſonen gar nicht trauen, ſondern alsdenn dem Conſi- ſtorio und der weltlichen Obrigkeit anzeigen, daß die Eltern zu gehoͤriger Straffe gezogen wuͤrden, und ſo ſolte auch in den Landes-Geſe- tzen deutlicher und ſpecifiquer ausgedruckt
ſeyn,
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zu einem dergleichen Commerce Hoffnung
machen. Es pflegen ſich zwar ſolche Eltern
mit dem gewoͤhnlichen Dicterio zu troͤſten, daß
ſich die Liebe wohl noch finden werde. Allein
ich glaube, daß die meiſten zu ihrer groſſen Be-
truͤbniß werden erfahren haben, daß ſich eher ei-
ne unzulaͤßige Liebe gegen andere Perſonen,
denn gegen ihren Ehegatten, werde gefunden
haben. Da nun aus dergleichen gezwunge-
nen Heyrathen allerhand denen Familien be-
truͤbliche und desavantageuſe Suiten zu entſte-
hen pflegen, ſo ſolten die Landes-Fuͤrſten denen
Eltern bey einer ſcharffen Straffe verbiethen,
daß ſie die Kinder zu denenjenigen Heyrathen,
zu welchen ſie nicht ſelbſt Luſt haͤtten, nicht zwin-
gen ſolten, und den Prieſtern anbefehlen, die
beyden Partheyen, bevor ſie ſolche verlobten,
ohne Beyſeyn der Eltern vor ſich kommen zu laſ-
ſen, und ſolche auf ihr Gewiſſen zu befragen, ob
ſie dieſe Heyrathen freywillig ſchloͤſſen, oder
von ihren Eltern darzu gezwungen wuͤrden, und
wo ſie ſpuͤrten, daß die Kinder nicht freywillig
dran giengen, ſo ſolten ſie dergleichen Perſonen
gar nicht trauen, ſondern alsdenn dem Conſi-
ſtorio und der weltlichen Obrigkeit anzeigen,
daß die Eltern zu gehoͤriger Straffe gezogen
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/510>, abgerufen am 22.11.2024.
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