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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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streitenden Partheyen in Reden und Schriff-
ten, wenn sie nicht bey einerley Ausflüchten und
Repliquen bleiben, sondern immer von einem
auf das andere verfallen. Was die Haupt-
Sache selbst angeht, so werden viel Klagen ohne
Grund geführet, und wenn schon die Klage an
und vor sich selbst Statt haben könte, so weiß
doch der Kläger die exceptiones des Beklag-
ten, welche seiner Klage im Wege stehen und
die selbe über den Hauffen stossen, offt gar wohl,
nichts destoweniger klagt er, negiret auch des
Beklagten seine Exceptiones, damit er nur den-
selben einen Beweiß auffbürde, und, wenn der
Beklagte damit nicht fortkommen könte, seine
Klage hinausführe, wenn er gleich weiß, daß er
nicht recht hat, er probiret es auch wohl darauf,
ob der Beklagte sich an seinen exceptionen oder
deren Beweiß versäumen wolle, oder ob er durch
gütliche Handlungen etwas abtrotzen könte, so
ihm nicht gebühret. Hierbey hat er nun kei-
ne Straffe zu gewarten. Die Beklagten a-
ber halten es nicht anders, als daß sie alles läu-
gnen, ob sie es gleich zehnmahl besser wissen.
Denn die Rechts-Regul ist fast in aller Mun-
de: actor nihil probante reus absolvitur, et-
iamsi nihil probaverit.
Kommt es denn
zum Beweiß, es werde derselbe durch Eydes-
Delation, Zeugen, Documenta, oder Augen-

schein
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ſtreitenden Partheyen in Reden und Schriff-
ten, wenn ſie nicht bey einerley Ausfluͤchten und
Repliquen bleiben, ſondern immer von einem
auf das andere verfallen. Was die Haupt-
Sache ſelbſt angeht, ſo werden viel Klagen ohne
Grund gefuͤhret, und wenn ſchon die Klage an
und vor ſich ſelbſt Statt haben koͤnte, ſo weiß
doch der Klaͤger die exceptiones des Beklag-
ten, welche ſeiner Klage im Wege ſtehen und
die ſelbe uͤber den Hauffen ſtoſſen, offt gar wohl,
nichts deſtoweniger klagt er, negiret auch des
Beklagten ſeine Exceptiones, damit er nur den-
ſelben einen Beweiß auffbuͤrde, und, wenn der
Beklagte damit nicht fortkommen koͤnte, ſeine
Klage hinausfuͤhre, wenn er gleich weiß, daß er
nicht recht hat, er probiret es auch wohl darauf,
ob der Beklagte ſich an ſeinen exceptionen oder
deren Beweiß verſaͤumen wolle, oder ob er durch
guͤtliche Handlungen etwas abtrotzen koͤnte, ſo
ihm nicht gebuͤhret. Hierbey hat er nun kei-
ne Straffe zu gewarten. Die Beklagten a-
ber halten es nicht anders, als daß ſie alles laͤu-
gnen, ob ſie es gleich zehnmahl beſſer wiſſen.
Denn die Rechts-Regul iſt faſt in aller Mun-
de: actor nihil probante reus abſolvitur, et-
iamſi nihil probaverit.
Kommt es denn
zum Beweiß, es werde derſelbe durch Eydes-
Delation, Zeugen, Documenta, oder Augen-

ſchein
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[481/0501] ſtreitenden Partheyen in Reden und Schriff- ten, wenn ſie nicht bey einerley Ausfluͤchten und Repliquen bleiben, ſondern immer von einem auf das andere verfallen. Was die Haupt- Sache ſelbſt angeht, ſo werden viel Klagen ohne Grund gefuͤhret, und wenn ſchon die Klage an und vor ſich ſelbſt Statt haben koͤnte, ſo weiß doch der Klaͤger die exceptiones des Beklag- ten, welche ſeiner Klage im Wege ſtehen und die ſelbe uͤber den Hauffen ſtoſſen, offt gar wohl, nichts deſtoweniger klagt er, negiret auch des Beklagten ſeine Exceptiones, damit er nur den- ſelben einen Beweiß auffbuͤrde, und, wenn der Beklagte damit nicht fortkommen koͤnte, ſeine Klage hinausfuͤhre, wenn er gleich weiß, daß er nicht recht hat, er probiret es auch wohl darauf, ob der Beklagte ſich an ſeinen exceptionen oder deren Beweiß verſaͤumen wolle, oder ob er durch guͤtliche Handlungen etwas abtrotzen koͤnte, ſo ihm nicht gebuͤhret. Hierbey hat er nun kei- ne Straffe zu gewarten. Die Beklagten a- ber halten es nicht anders, als daß ſie alles laͤu- gnen, ob ſie es gleich zehnmahl beſſer wiſſen. Denn die Rechts-Regul iſt faſt in aller Mun- de: actor nihil probante reus abſolvitur, et- iamſi nihil probaverit. Kommt es denn zum Beweiß, es werde derſelbe durch Eydes- Delation, Zeugen, Documenta, oder Augen- ſchein H h

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/501>, abgerufen am 25.11.2024.